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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Rosenberg, Adolf: Die akademische Kunstausstellung in Berlin
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Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0257

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5N9

Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause.

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Jungen gegen eine Riesenschlange verteidigt, von Albert
Wolff, den Bronzeguß vonKruse's „Marathonsieger"
und von Reuschs „Dampfdämvn" und den Zinkguß
von Kuhse's anmutiger „Sakuntala".

Jn nnscrm Hauptbcrichte werden wir den Lesern
auch eine Ansicht von dem Mittelbau des Polytech-
nikums, dem letzten Werke Hitzigs, vorführen.

A-olf Roscnbcrg.

Die ^ahresausstellung im Wiener Aünstlerhause.

II.

Wien, Ende April 1883.

Jn meinem ersten Berichte habe ich die Reihe
der ausgezeichneten Porträts nicht erschöpsen können,
welche die diesjährige Ausstellung zieren. Die reiche
Vertretung des Fachs, dem vor einiger Zeit ein baldi-
ger Tod prophezeit wurde, als das Lichtbild immer
größere Dimensionen annahm, zeugt für die eifrige
Pflege der Porträtmalerei im Publiknm und in der
vffiziellen Welt, und beweist zugleich, wie viel tüchtige
Kräfte auch auf diesem Gebiete bei nns nur des Rufes
harren. Unter den Bildnissen hervorragender Persön-
lichkeiten, zu denen das Ministerium für Kultus und
Unterricht die Aufträge gab, muß ich noch drei be-
sonders namhaft machen: das des früheren Ministers
Grafen Leo Thun von Prof. Eisennienger, das
des Hofrats v. Hochstetter von Rumpler und das des
Fürsten Adolf Auersperg von Felix, Werke von ebenso
tüchtiger malerischer Qualität wie srappanter Ähnlich-
keit. Vornehmlich das erstgenannte darf zu den besten
Werken des KUnstlers gerechnet werden, an charakteristi-
scher Anffassung und gediegener Formbehandlung; das
zweite leidet nur an einer gewissen Glätte, die den
Kleinmalcr verrät.

Der hochbegabte Franz Rumpler ist außerdem
durch ein Genrebild („Der einzige Schriftgelehrte") und
zwei köstliche Studienköpfe („Neapolitanerin" und
„Dachauerin") vertreten, die durch Behandlung und
Gegenstand in pikantem Gegensatze mit einander stehen.
Das braune, schwarzäugige Kind dcs Südens, im
weißen Kleid mit orangefarbenem TUchelchen, ist on
knos dargestellt und plastisch herausmodellirt wie ein
farbiges Bildwerk. Zart hingehaucht, für eine Bäuerin
etwas überzart, erscheint dagegen das sn xrotil nach
links gerichtete Köpfchcn der Dachanerin, deren licht-
grünes Kleid und Silberhaube mit dem warmen Rot
des Hintergrundes einen ansprechenden Dreiklang bilden.

Aus dcm Genrebilde Rumplcrs ist nicht viel zu
machen; Behandlung wie Motiv (ein Schulbub, der
dem Alten die Neuigkeiten vorlesen muß) erheben sich
nicht llber das Hergebrachtc. Überhaupt ist es merk-

würdig zu sehen, daß die Genremalerei im ganzen und
großen hier zu keiner rechten Blüte mehr gedeihen will.
Selbstverständlich schließt das nicht aus, daß uns da
und dort ein hübsches Bildchen anlockt, sowohl von
den älteren Meistern, wie Friedländer, als auch
von den jüngeren, wie Hugo Charlemont, z. B.
dessen „Wirtshausgarten auf dem Lande" oder das von
Mmzel beeinflußte „Jnterienr einer Hammerschmiede".
Große Erfolge sind mit solchen Sächelchen aber nicht
zu erzielen, und das Fach im allgemeinen liegt dar-
nieder.

Nur ein einziger Genremaler unserer älteren
Generation, Prof. Alois Schönn, hat sich wieder
einmal rühmlichst hervorgethan, aber nicht mit einem
eigentlichen Genrebilde, sondern mit einer seiner ge-
schätzten Darstellungen ethnographisch-landschaftlichen
Charakters aus dem Orient. Und zwar führt er uns
diesmal nicht an die süßen Wässer von Asien oder auf
die Esbekieh, sondern in unser bosnisches Neu-Österreich,
nach Serajevo. Den Schauplatz der sigurenreichen
Komposition bildet das Terrain vor der alten Römer-
brücke, aus dem sich eben das bunte Treiben eines
Markttages entwickelt. Rechts blickt man in die
Straßen der Stadt, links und in der Mitte über den
Fluß hinüber auf Höhenzüge, welche oben kahl, unten
grlln bewachsen und mit Ansiedelungen besetzt sind.
Die bewegte Volksmasse mit ihren verschiedenen Rasse-
charakteren, Türken, Serben, Bosniaken, die Farbigkeit
der Tracht, der Architektur und Landschaft, die malerische
Anordnung und der weite Ausblick, Welchen der Stand-
punkt gewährt: alles dies macht Schönns Bild zu
einer der hervorragendsten Erscheinungen in unserem
neueren Kunstleben.

Nur Passini hat mit seinen drei Aquarellen auf
seinem gewohnten Siegerplan eincn wohl noch größeren
Erfolg davongetragen. Alle drei sühren uns nach
dem geliebten Benedig und bringen dessen Volks- und
Pfaffentypen mit der scharfen und doch einschmeicheln-
den Charakteristik, in der bunten und doch weichen
Farbigkeit zu Schau, welche für diesen unvergleichlichen
Künstler bezeichnend ist. Ein Bild von geradezu
stannenswerter Kraft der Schildernng und des Kolorits
ist die figurenreiche Scene aus der Sakristei der Frari
(„Das Viatikum"). Durch Zauber der Schönheit und
quellendes Leben besticht „Lisetta", ein üppiger Rot-
kopf, der mit dem kupfernen Wassereimer am drallen
Arm siegesgcwiß daherschreitet.

Die Betrachtung der Passini'schen Aquarelle hat
uns in die unteren Säle des Künstlerhauses geführt,
und ich will dort gleich noch einige hervorragende
Leistungen auflesen, die sich bequem hier anreihen. Vor
allem die stets ihre Anziehungskraft bewährenden
Aquarelle unseres Rudolf Alt. Er bringt uns dies-
 
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