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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Rosenberg, Adolf: Die Kunst auf der Berliner Hygieneausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0279

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Nr. 35.

1(8. Iahrgang-

Beiträge

sind cin ^?rof. Dr. L. non
Lützow (Mien, Tliere-

3 l. Mai

Inserate

c, 25 pf. füc die drel

M5.

Veiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.

Erscheint non Mktober bis guli jede Moche am Donnerstag, von Iuli bis Septeuiber alle Tage, für die Abonnenten der ,,Aeitschrift für
bildende Aunst" gratis; für sich allein bezogen kostet der Iahrgang 9 Mark sowosil im Buchsiandel als auch bei den deutschen

und österreichischen ssostanstalten.

gnsialt: Die Aunst auf der Berliner ^ygieneausstellung. — Die vierzesinte Ausstellung von Geniälden alter Meister in London. (Schluß.) —
F. S. Meyer, Mrnamentale Lormenlehre. — I. ächiffmann s; ). Htlein f-. — Gin Altarbild von Lucas Tranach dem Alteren. —

Die llunst auf der Berliuer k)ygieneausstelluug.

Wir haben von Woche zu Woche mit einem Be-
richte über den Anteit der bildenden und dekorativen
Künste an der allgemeinen deutschen Ausstcllung auf
dem Gebiete dcr Hygiene und des Rcttungswesens ge-
zvgert, weil wir uns der Hoffnung hingaben, das
Werk drei Wochen nach Eröffnung der Ausstellung
wenigstens in seinen Grundzügen vollendet zu sehen.
Diese Hoffnung hat sich aber als eitel erwiesen. Wir
sind ja schließlich durch alle Ausstellungen des letzten
Jahrzehuts an ein gewisses Maß der Unfertigkeit bei
der Eröffnung gewöhnt worden. Die Berliner Hygiene-
nusstellung hat uns aber doch noch einige Überraschun-
gen nach dieser Richtung gebracht. Obwohl die Bau-
leitung ein ganzes Jahr zu ihrer Verfügung gehabt
hat, ist es ihr doch nicht gelungen, das Hauptgebäude
fertigzustellen, und es werden vermutlich uoch acht Tage
uach Vcröffentlichung dieses Berichts vergehen, bis die
Kuppel ihre völlige Bedeckung erhalten und in dem
darunter besindlichen Bestibül die drei Velarien von Pros.
Preller inDresden ihrenPlatz gefunden habenwerden,
auf denen der Künstler die „ideale Seite der Ausstellung"
spmbolisirt hat, einnial die Wohlthätigkeit durch die
heil. Elisabeth, welche in einen Thale Thllringens den
Armen ihre Gaben spendet, das andere mal die Barm-
hcrzigkeit durch die Legende vvm barmherzigen Sama-
riter, mit einer orientalischcn Landschast als Hinter-
grund, und zum dritten die Dankbarkeit der Genesenen,
welchc im Tempel des Äsknlap zu Epidauros ihre

Opfer darbringen. Äetzt erhebt sich wenigstens schon
in dem Raunie unter der Kuppel die Kolvssalbüste
der Protektorin der Ausstellung, der Kaiserin Augusta,
auf einem hohen Postamente, an dessen Fuße eine halb-
bekleidete wcibliche Gestalt mit den Wappen Sachsen-
WeimarK und des deutschen Reiches sitzt, tvährend
Kindergenien das Fußgestell mit Rosengewinden nnd
Draperien umkränzen. Das Werk, eine Schöpfung
des Bildhauers Breuer, ist von prächtiger, dekorativer
Wirkung, bewegt sich aber in jener von Reinhold
Begas inaugurirten Stilrichtung, die man nach deu
alten Begriffen kaum anders als barock nennen kann.
Es ist ja nicht zu leugneu, daß diese Richtung in ihrer
modernen Erscheinungssorm auf einem gründlichen und
liebevollen Naturstudium fußt; aber wie lange wird
dieses einen festen Damm gegen Willkllr, Regellvsig-
keit, Ausartung, Manierismus und Roheit bilden?
Fest steht aber die eine, auch durch das Taselsilber
der preußischen Städte, das wir an andercr Stelle
besprechen, erhärtete Thatsache, daß unsere Künstler sich
mit großer Freiheit, Kühnheit und Leichtigkeit in diescn
Stilfvrmen bewegen und daß dieselben unsercm auf
das Großartige, Kvlossale und Maßlose gerichteten
Zeitgeschmacke mehr behagen, als die keusche Strenge
und Einfachheit der Antike. Unsere moderne Knnst
hat die Bahn von der hellenischen Antike durch Früh-
und Hvchrenaissauce bis zum Barockstil mit außer-
ordentlicher Schnelligkeit durchlaufen. Wenn man
heute im Stile der deutschen Renaissance baut, sind
den Künstlern die barocksten Bcuster des 17. Jahr-
huuderts noch nicht barock genug.
 
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