Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

DOI Artikel:
Die Eröffnung der Internationalen Kunst-Ausstellung in München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0320

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
V35

636

Die Eröffnung der Jnternationalen Kunstausstellung in München.

An sciner SteNe erhebt sich aus einem Bassin, von
Pftanzen, Sträuchern und Bäumen nmgeben und solche
auf seinen verschiedenen Absätzen tragend, ein riesiger,
barock geformter Fels bis nahe zur Glasdecke des Aus-
stellungsraumes. Seine Spitze krönt ein Obelisk aus
weißem Marmor mit mächtigen Hirschgeweihen. Unter-
halb desselben sieht man ein Erzreliefpvrträt des Königs
und ein paar geflügelte Genien, welche eine ausgezackte
Draperie halten. Nächst dem Obelisk entspringt ein
kräftiger Qucll und stürzt sich in eine Muschel von
kolossalen Dimensionen, fllllt diese bis zum Rand und
fällt aus deren Rinnen im Sonnenlichte glitzernd in
eine darnnter befindliche zweite, um dort dasselbe
Spiel zu wiederholen. An der Westseite Plätschert
ein zweiter Quell unterm Gebüsch hervor über ein
Dutzend Marmorstufen und ein dritter schießt im Bogen
aus einer runden Maueröffnung der Terrasse, zu der
von Süden her eine von kräftigeu Balustern einge-
faßte Freitreppe emporsührt. Oben aber scheint eine
Sphinx mit einem Blumenkorb auf dem Haupte Wache
zu halten. Das Ganze bildet cin wahres Prachtstück
Lekorativer Plastik und steht in schönster Harmonie
mit seiner Umgebung. Diese ist nämlich ein Garten-
rondell im Geschmacke altfranzösischer Baukunst, dessen
sich Le Nütre nicht schämen dürfte. Das Rondell wird
aus Bosketts gebildet, deren zahlreiche Nischen mit
hell sich vom dunklen Grün des Taxus abhebenden
Statuen und Gruppen gefüllt sind. Von hier aus
führen drei mächtige Marmorportale nach Ost, Süd
und West, in die deutsche, französische und gemischte
Abteilung, welch letztere Qsterreich, Ungarn, Spanien,
Belgien, Jtalien, Holland, Schweden, Norwegen und
Nordamerika umschließt. An sie reiht sich eine vom
Maler Heffner in München veranstaltetete Samm-
lung von Werken englischer, deutscher, französischer,
niederländischer, skandinavischer und spanischer Meister.

ZurHerstellung dieses bezaubernd schönen Raumes
haben die Herren Maler uud Konservator des National-
museums Rud. Seitz, Architekt und Professor Lud.
Thiersch und Hofgartendirektor v. Effner ihre
schvpferische Kraft vereinigt.

Wenige Minuten vor I I Uhr trafen vom königl.
Hause die Prinzen Leopold, Arnulph mit Gemahlin,
Ludwig Ferdinand mit Gemahlin, Alphons und Herzog
Ludwig, sowie Prinz Friedrich von Anhalt-Dessau ein.
Nachdem sich die hohen Hertschaften begrüßt hatten,
führte Prinz Leopold die Priuzessin Arnulf, Prinz Arnulf
die Prinzessin Ludwig Ferdinand in das prachtvolle
Vestibül. Mit Lem Schlage 11 Uhr traf der Stell-
vertreter Sr. Majestät des Königs, Prinz Lnitpold, am
Portale Les Glaspalastes ein, begrüßt von dem Fahnen-
marsch der dort aufgestellten Regimentsmusik und feier-
lich empfangen im Vorplatze von den Mitgliedern des

Ausstellungspräsidiums, sowie des Fachkomitü's. Der
erste Präsident, Herr Ferdinand v. Miller juu., geleitete
nun Se. königl. Hoheit in das Vestibül, wo bereits
die Vcrsammelten sich um die Estrade aufgestellt hatteu,
worauf Prinz Luitpold letztere bestieg.

Präsident V.Mitler hielt sodann folgende Ansprache:

„Königliche Hoheiten! Ehrerbietigst begrüßen wir Eure
Königliche Hoheit und all die hohen Gäste in diesem Raume,
der heute sich Jhnen zeigt als ein gastliches Heim der Kunst.
Baperns Fürsten waren immer Gönner der Künstler, Bayerns
Hauptstadt ein guter Boden für die Kunst, und so haben wir
getrost zum friedlichen Wettkampf die Künstler aller Länder
geladen, Jhnen herzlich unsere Gastfreundschaft geboten. —
Wir haben mit dem Werke dieser Ausstellung einer Pflicht
genügt und ein Versprechen eingelöst, das vor fünf Jahren
die Künstler gegeben, als sie den Beschluß fahten, im Jahrs
1883 eine dritte internationale Kunstausstellung in München
abzuhalten. Zunächst auf ihre eigene Kraft nur angewiesen,
ist es dem einmütigen Zusammenwirken der Münchener
Künstler gelungen, all die entgegenstehenden Schwierigkeiten
und Hindernisse zu überwinden. Wir danken den Erfolg der
regen Unterstützung aller hohen Behörden und der Presse,
dem Jnteresse, das die allerhöchste Königliche Familie und
Eure Königl. Hoheit uns geschenkt, vor allem aber der Gnade
Sr. Majestät des Königs, der, ein Beschützer der Kunst, auch
sür dieses Werk das allerhöchste Protektorat zu übernehmen
geruhten. Wir haben die Künstler der ganzen Welt einge-
laden, uns ihre Werke zu senden, und die Fülle des Schönen,
was sie uns geboten, beweist uns ihr Vertrauen, das sie uns
ungeschwächt erhalten haben. Auch der Kleinkunst haben wir
Raum in dieser Ausstellung gewährt, um auch unsererseits bei-
zutragen, das schöne Verhältnis unserer alten, großen Meister,
die einst Kunst und Handwerk so glücklich verbanden, wieder-
herzustellen. Möchten sich auch unsere Hoffnungen ersüllen,
möchte die Ausstellung uns eine reiche Quelle der Belehrung
sein, möchte sie die Liebe zur Kunst steigern und unserm
engeren Vaterlande auss neue ein Beweis ssin, wie groß die
Förderung, dis ihr zu teil wird, dem Nutzen des Landes
dient! Möchte sie ein internationales Fest sein der Freund-
schast auf dem idealen Boden der Kunst, dann wird auch
diese Ausstellung eine würdige Stslle einnehmen in Münchens
Kunstgeschichte; wir Künstler aber werden für unseren Mut, für
unsere Mühen und Opfer reichlich belohnt sein! Und so bitte
ich Eure Königl. Hoheit, diese dritte internationale Kunstaus-
stellung im Namen S. M. des Königs, unseres erhabenen
Protektors, huldvollst zu eröffnen."

Darauf erwiderte der Prinz:

„Mit wahrer Freude hat mich der Allerhöchste Auftrag
Sr. Maj. unseres allergnädigsten Königs und Herrn erfüllt,
die dritte internationale Kunstausstellung in München zu er-
öffnen. Trotz mannigsacher Hindernisse ist es der Energie
und dem edlen Schaffensdrang unserer wackeren Künstler
gelungen, das schöne Unternehmen ins Leben zu rufen. Durch
das sreundliche Entgegenkommen der uns befreundeten aus-
wärtigen Regierungen und Länder hat sich die Ausstellung
glänzend gestaltet. Möge Gottes reicher Segen auch ferner
bis zum Ende auf dem schönen Werke gelegen sein! Jm
Namen Sr. Maj. des Königs erkläre ich die Ausstellung für
erösfnet."
 
Annotationen