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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Hansen-Jubiläum
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0333

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Nekrologe.

Kaum hatte der Gefeierte die Aula verlassen, als
ihn eine Deputation von Wiener Univcrsitätsprofessoren
aufsuchte, um ihm im Namen der philosophischen Fakul-
tät das Ehrendoktordiplom zu überreichen. Gleichzeitig
erschien eine Deputation des Ungarischen Jngenieur-
und Architektenvereins, welche ihm das Diplom als
Ehrenmitglied überbrachte.

Am Nachmittage fand im Kursalon des Stadt-
parks ein vou der Akademie veranstaltetes Festmahl statt,
an welchem ungefähr 180 Personen teilnahmen. Die
beiden nächstcn künstlcrischen Kvllegen Hansens, Ferstel
uüd Schmidt, fehlten in dem glänzenden Kreise: beide
durch Krankheit ferngehaltcn. Friedrich Schmidt hatte
aus Bad Kreuth einen telegraphischen Gruß gesandt;
vvn Ferstel wnrde ein an den Jubilar gerichteter Brief
verlesen, welchen der Kranke seinem ältesten Sohn in
die Feder diktirt hatte: ein rührendes Zeugnis tiefer
Anhänglichkcit und zngleich Fcrstels künstlerisches Ver-
mächtnis an seinen berühmten Kollegen, in welchem
er ihres langjahrigen Zusammenstrebens auf der gleichen
Bahn gedenkt und den idealen Aufgaben der Archi-
tektur beredten Ausdruck verleiht.

Als am darauf fvlgenden Nachmittage, bci einer
auf dem Kahlenberge veranstalteten Nachfeier, ein
Dankesgruß an Ferstel abgesendet wurde, — war dieser
eben in seiner Villa zu Grinzing, umgeben von den
Seinigen, sanft entschlafen!

Wien. 0. v.

Nekrologe.

Johann Klein H Wieder griff die rauhc Hanv
deS Tvdes in die Reihen der vsterreichischen Künstler.
Sie entriß uns eincn guten, wackcren Gcnvsscn und
setzte einem Künstlerstreben voll der tüchtigsten Meister-
schaft ein Ziel.

Johann Klein, ein Wiener Kind, war am
7. März 1823 in Alt-Lerchenfeld geboren und hatte
sein Talent unter Führichs Leitung an der Wiener
Akademie herangebildet, wo er, zu den Besten zählend,
die Fügersche goldene Medaille sich erwarb. Das
Äahr 1848 traf den begeisterten Jüngling unter den
Freiheitskämpfern und im Jahre 1854 widmete er sich
dem Lehrberufe durch den Eintritt in den Lehrkörper
der k. k. Schottenfelder Oberrealschule. Er blicb aber
trotz des anstrengenden Lehrdienstes seiner Kunst getreu
und hat in seiner Richtung Epochemachendes geleistet.
Er hat durch eifriges Studium der alten Glasmalerei
diesen Zweig der Kunsttechnik zn bedeutender Höhe
gebracht nnd durch seine ganz im Geiste der Alten
durchgebildeten Schöpfungen vielen altehrwürdigen
Domen den langentbehrten stilvollen Schmuck gegeben.
Diese seine spezielle Thätigkeit reicht bis ins Jahr 1858
zurück, in welchem er die Kartons zu den Glasfenstern
der Stadtkirche in Kempten entwarst Gleichzeitig be-
mühte sich Klein, die alte Mosaiktechnik wieder zu Ehren
zu bringen; er schmückte die Kapelle des Linzer Doms
mit Mosaik, führte diesen Kunstzweig in den Kirchen

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am Rhein wieder ein und war bei der Wiederher-
stellung der Mosaiken im Oktogon des Aachener
Münsters thätig.

Er entwarf ferner den figürlichen und ornamenta-
len Schmuck zu der erzbischöflichen Residenzkapelle und
zum Residenzpalaste in Czernowitz sowie zur Stadt-
pfarrkirche zu Bvcholt in Westfalen, für welche er auch
die Glasmalereien zu 22 Fenstern zeichnete. Die
Kirchen Maria im Kapitol und Groß St. Martin
in Köln verdanken ihre Ansschmückung und letztere
auch ihre Fenstermalereien seiner Hnnd. Jm Jahre
1866 entwarf Klein auf Kaiser Franz Josefs Befehl
ein Votivfenster für den Dom in Nancy. Jm Äahre
1874 fiel Klein die Aufgabe zu, die alten Wand-
malereien im Dome zu Münster zu ergünzen nnd fünf
Fenster für denselben im Stile des 12. Jahrhunderts
zu entwerfen. Später — 1877 — führte er für
Borken ein großes Seitenportalfenster aus, im Jahre
1878 die Fenster fllr dcn Marienchor in der Kirche
zu Goch, im Jabre 1879 entwars Klein die Fenster
zur Marienkirche in Stuttgart und jene sür den Hoch-
chor des Domes zn Münster. Jn dieser Zeit war
Klein auch damit beschäftigt, die Kirche von Mödling
bei Wien mit Glasgemälden zu schmücken.

Aber die großartigste Thätigkeit entwickelte Klein
im Verlaufe der letzten Jahre. Es ward ihm der
Anftrag zuteil, die noch fehlenden Glasmalereien für
den Kölner Dom zu entwerfen — eine Riesenarbeit,
welche wohl Kleins Schaffenskraft zum Höchsten spornte,
welche aber zu große Anforderungen an seinen schon
geschwächten Körper stellte. Er hat im Laufe zweier
Jahre der Aufgabe fast vollständig entsprochen — nur
ein halbes Fenster konnte er nicht mehr fertig bringen.
Gleichzeitig zeichnete er ein Fenster für Havisbeck bei
Münster, ein Chorfenster für den Dom in Erfurt und
die Fenster für die Kirche St. Lamberti in Mllnster.

Neben dieser Thätigkeit im großen Stile schuf
Klein noch vieles Schöne für andere Zweige kirchlicher
Kunst. Von seiner Hand sind die schönen Chor-
abschlußgitter in der WienerVotivkirche, das heiligeGrab,
mehrere Fahnen und Leuchter daselbst. Von ihm wnrden
ferner in den letzten Jahrcn ein schönes Religuiar sür
die Kreuzpartikel des Stistes Lilienfeld, sowie Teppiche
für St. Stefan und andere Kirchen, Gedenkblätter und
selbst Jllustrationen zu kirchlichen Publikationen ge-
schaffen. Aus einer früheren Zeit rührt das herrliche
Uissalo ronmnnrn her, welches er mit Bildern, Jni-
tialen und Randzeichnungen versah.

Durch übermäßige Anstrengung leidend geworden,
suchte Klein wiederholt mit Erfolg Kräftigung seiner
Gesundheit im Sllden. Er kehrte immer wieder frisch
znr Arbeit zurück und schuf unermüdlich weiter. Scin
heuriger Erholungsausflug war leider der Weg zum
Grabe. Wenige Tage nach seiner Abreise Vvn Wien
traf Kleins Freunde die Tranerkunde von seincm Tvd.
Er hatte den Ort, dessen milde Luft ihm Erleichterung
bringen sollte, kaum erreicht, als er von allen Leiden
erlöst wurde. Er starb am 8. Mai in Venedig, von
seiner Familie und von seinen Freunden getrennt, und
nur mit Mllhe gelang es einem seiner Verehrer und
Gönner — dem Prälaten vr. Marschall — durch
Vermittlung seiner dortigen Freunde, die Leiche zu
agnosciren und für ein würdiges Begräbnis Vorsorge
zn treffcn.
 
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