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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Eine österreichische Stimme über das Niederwald-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0379

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18. Iahrgang

Leiträge

sind an j)rof. Dr. <L. von
Lützow (Mien, There-
sianunigasse 25) oder an
die Verlagshandlung in
keipzig, Gartenstr. 8,
zu richten.

11- Gktober

Nr. ^5 (Schluß).
Inserate

a 25 ^f. sür die drei

1883.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.



Dicscr Nummcr licnt VaS Jnhaltsverzeichnis dcr Kunstchronik bci. Mit Ver nlichstcn am 18. Oktobcr
cricheincnden Numiner btginnl ver 19. Jahrgang.

Line österreichische Äirmne über das Niederwald-
Denknial.

s Seit Vem 28. September erglänzt cmf den Höhen
des Niederwalds das kunstreich gestaltete Riesendenkmal,
welches der greise Führer der deutschen Armeen im
Beisein fast nller hervorragenden Teilnehmer an dem
großen Kriege von 1870—71 nnter dem Jnbelrufe
ungezählter Tausende glücklich enthnllte: eine monu-
mentale Verkörperung des im Frieden geeinigten, als
eine Macht vhnegleichen dastehenden Deutschlands. Von
allen Seiten tönen uns begeisterte Stimmen über den
Verlaus der Festlichkeit und Beschreibungen von Meister
Schillings großartiger Schöpfung entgegen. Auch
einige kritische Bemerknngen werden lant. Vorwiegend
ist der Ausdruck berechtigten Stolzes, hellen Jubels.

Unter den zahlreichen Äußerungen der Tages-
blatter ist vielleicht keine geeigneter, das lebhafteste
Jnteresse zu erregen, als cin Anfsatz des ausgezeichnetcn
österreichischen Historikers, Prof. Ottokar Lorenz in
Wien, sowohl wegen der Persönlichkeit und Stellung
des Verfassers als auch namentlich um des Tones willen,
in dem der Artikel gehalten ist. Wir können uns nicht
versagen, cinige Abschnitte auA dem in der N. Fr. Presse
vom 27. Sept. erschienenen Feuilleton hier wiederzu-
geben. Sie lauten:

„Fährt man von Mainz stromabwärts, so ge-
wahrt man bald hinter Östrich, sowie das Fahrzeug
au den buschigen Rhein-Jnseln der Haller Aue und
Wiukler Aue vorübergekommen, über dem weithin er-
kennbaren Schlosse von Johannisberg auf waldigem

Hintergrunde massiges Bauwerk, aus dessen Mitte sich
etwas wie ein Turni zu erheben scheint. Plötzlich,
wenn die Sonne die Nebel des Herbstes durchbricht,
entsteht ein gewaltiges Funkeln und Glühen auf der
Höhe des Waldes; man erblickt deutlicher und deutlicher
die ovale Gestalt eines menschlichen Hauptes, man
sieht den hocherhobenen Arm und eine Hand, in welcher
die Krone Karls des Großen im Morgenlichte schimmert;
auf dem Kopfe der kolossalen Fignr leuchtet das weit
in die Luft hin wallende Haar, wie das glänzende
Strahlenbündel eines seurigen Kometen. Wer so aus
der Ferne die gewaltige Germania betrachtet, der mag
sich, wenn er ein Kunstkritiker ist, sogleich eine Theorie
darüber zurecht machen, waruni die Griechen den
Sonnenglanz ihrer Göttersiguren der schönsten Patina
vorgezogen und ihre großen Monumente mit Farben
vergoldet haben. Ob man an unsere Germania den
rötlich schimmernden Schatz gewendet hat oder ob sie
nur in ihrem Jugendglanze dieses prächtige Bild der
Laudschaft bietcn soll, ist mir unbekannt; genug an
dem, daß sie jetzt nls glühendes Weib auf dunktem
Waldgrunde aus den grllnen Weingärten des Rlldes-
heimer Berges emporsteigt. Möge ihr diese goldene
Pracht recht lange erhalten bleiben!

„Wir eilen Uber die wohlgepflegten Treppen des
Weinberges oder auf der noch holperigen Fahrstraße
hinauf zu dem göttlichen Bilde, um welches im weitem
Umkreise sich Mauern und Terrassen erhebcn wie ein
großes Haus, in welchem das Symbol deutscher Ein-
heit stattlich und sicher wohnen soll.

„Wenn es nicht der Zufall gewesen wäre, der
 
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