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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Engelmann, R.: Die Inschriften der Wandgemälde von Oberzell auf der Reichenau, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5805#0014

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Nekrologe. — Kunsthistorisches

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Schäden des Pentameters hebt, und die ich für sehr
wahrscheinlich halte; er schlägt vor:

tm snds insnts: volo, 8urZs, xuslla, rnoäo,

An sndg für suds braucht man kaum Anstvß zu nehmen,
und der felsenfeste Glaube des Jairus scheint mir
durch die Worte: subs rnsuts, volo, gut und in der
Art des Dichters ausgedrückt zu sein (vergl. Ouins
äsus äorinit, rnassstuts snbst).

Fast unversehrt ist die Jnschrift zu der Erweckuug
dcs Lazarus erhalten; es heißt dort:

I>urg.rs, psi'Zs torus, gnurto sunr sols sspnlts
rnrnps rnorus inortis, Iioo änt irnuAo xat...

Daß die Ergänzung, welche Prof. Kraus vorschlägt,
xaristis nicht richtig sein kann, lehrt eine ciufnche Be-
trachtung des Metrums. De Rossi schlägt xatsns Vvr,
als ob auf das Bild hingewiesen würde „das läßt
offen das Bild sehen". Jch glaube nicht, daß das
richtig ist; der Übergang von den Worten Christi an
Lazarus (lEars, psrZs forns, rninxs inorus rnortis)
zu der Bemerkung des Malers („das liißt das Bild
hier sehen") scheint mir zu schroff und unvermittelt;
dazu kommt, daß dies der einzige Vers wäre, wo die
Pentameterhälsten sich nicht reimten, ich kann deshalb
nicht umhin, an meiner früheren Vermutung (die
Ubrigens auch schon Herrn Feederlc gekommen ist) fest-
zuhalten und zu lesen: üoo äut imuZo putris, das
verleiht dir, o Lazarus, das Abbild des Vaters, d. h.
Christus. Daß der Sinn einigermaßen gezwungen
und nicht leicht verständlich ist, gebe ich zu.

Es bleibt die Jnschrift unter deni Bilde der
Heilung des Blinden, leider sehr fragmentirt; die Er-
gänzung des Herrn Prof. Kraus: bio sins luos natus

sxuto Innisn uo<iiiirit (also -^ - - ^)

vermag weder der Metrik noch den Buchstaben gerecht
zu werden; man sieht nämlich hinter dem sxnto noch
den rechten Bogen eines 0 mit einem Punkte dahintcr.
Eine einigermaßen wahrscheinliche Lösung zu fiuden,
wv der ganze Pentameter und ein großer Teil des
Hexameters fehlt, halte ich für unmvglich; uur als
einen Einfall biete ich folgendes:

Lio sins luos ortus sputoc^us lutogus liuitus
^4ä Lilod'u xropsrat, lumstig. olurs. Isvat,
wo das olsru in prädilätiven Sinne gebraucht sein
würde. Das lutuiu scheint mir nach Joh. 9, 16 un-
entbehrlich, ebenso der Teich Siloö, das proxsrst ist
im Einklange mit dem Bilde, auf dem der Geheilte
nach rechts forteilend dargestellt ist.

Leider ist es Herrn G. B. de Rossi nicht gelungen,
unter den vielsachen metrischen Beischriften, die sür
Gemälde biblischen, besonders neutestamentlichen Ju-
halts im Mittelalter bestanden und deren viele bei
christlichen Dichtern und sonst erhalten sind, Spuren
von den in Oberzell auf der Reichenau angenommenen

Versen zu finden; daß sie aber nicht an Ort und
Stelle entstanden sind, und daß sie einer verhältuis-
mäßig guten Zeit entstammen, wv lateinische Sprache
uud lateinische Metrik in svrgsältiger Weise verwendet
wurden (alsv vielleicht noch der Karoliugerzeit), das,
denke ich, wird aus meincn Ausführungen klar ge-
worden sein.

Berlin. vr. R. Engclmann.

Nekrologe.

Dcr Ncktor -cr kaiscrl. Aka-cmic vcr Künstc, Kupser-
stechcr F. Z. Ior-an, ist in St. Pstersburg Ansangs Okto-
ber gestorben. Der Verstorbene wurde am 13. August 1800
in Pawlowsk geboren. Dank seiner Taufpatin, der Kaissrin
Maria Feodorowna, wurde er in die Akademie dsr Künste
aufgenommen, wo er 1818 in die Abteilung für Kupferstich
eintrat. Sechs Jahre später war er bereits im Besitze der
kleinen goldenen Medaille, die er fllr den Kupferstich „Mer-
kur den Argus einschläfcrnd" erhielt. Nachdem er 182!)
für den „Sterbenden Abel" die große goldene Medaille er-
halten hntte, ging er behufs wsiterer Ausbildung nach Paris.
Nach der Julirevolution erhielt er die Ordre, nach Loudou
zu gehen, und arbeitete hier an der Ausführung eines bereits
in Paris begonnenen Kupferstiches nach einer „Heiligen
Familie" von Raffael fort. Das letzte Jahr seiner aüs-
ländischen Studienzeit (1835) brachte er in Jtalien zu und
traf hier mit Brülow zusammen. Seinem Einflusse ist es
zu danksn, daß sich der jungs Künstler dazu entschloß, Raffaels
„Verklärung Christi" zu stechen. Die Zeichnung erforderte
bei elfstündiger täglicher Arbeitszeit allein 18 Monate. Dann
begann sr sofort mit dem Stichel zu arbeiten und hatte den
Triumph, daß der Kupferstich in Rom Sensation machte.
Jordan blieb nun in Rom und wurde römischer Bürger.
Erst 1850, nach zwanzigjährigsm Aufenthalt im Auslande,
kehrte er in die Hsimat zuriick, wo er zum Professor der
Akademie ernannt wurde. Jm Jahre 1853 ging Jordan
zum zweitenmale nach Jtalien und siedelte sich in Florenz
an, wo er bis 1855 blieb. Dann wurde er nach Rußland
zurückberufen, erhielt die Stellung eines Professors der
Kupferstscherkunst der Akademie und gleichzeitig den Posten
eines Konservators der Kupferstichabteilung in der kaiserl.
Eremitage. Jm Jahre 1871 wurde er zum Rektor der Aka-
demie erwählt.

Dcr Gcnrcmalcr Proscpor August Ticgcrt ist am
13. Oktober zu Düsseldorf gestorben. Am 5. März 1820 zu
Neuwied geboren, war er von 1835—1846 Schüler der Düssel-
dorfer Akademie unter Schadow und Hildebrandt, ging dann
nach Antwerpen, Paris, Hollaud und München ünd nahm
1851 seinen Wohnsitz in Diisseldorf. Von der Historien-
malerei ausgehend („Luther auf dem Reichstage in Worms",
„Kaiser Max" und „Albrecht Dürer") wandte er sich bald der
Genremalerei zu, in welcher er durch eine gemütvolle Auf-
fassung und durch eine Gabs liebenswürdiger Darstellung
zahlreiche Erfolge hatts. Seine Hauptbilder sind: „Der Will-
komm" (1851), „Die Kinder des Trompeters", „Der Feier-
tag", (1852), „Die arme Familie in einem reichen Hause
gespeist", „Soldaten beim Wllrfetspiel", „Kinder im Atelier",
„Die Klosterpforte", „Essenszeit", „Der Liebesdienst" (1871,
in der Kunsthalle zuHamburg, radirt von W. Unger, Zeitschr.
f. b. K., VII. Jahrg.), „Am Geburtstag", „Jm Forsthaus".

Aunsthistorisches.

Ausgrabung cincr Ccntralkirche auf Vcm Georgen-
berge bei Goslar. Es steht urkundlich fest, daß auf dem
sog. Georgenberge bei Goslar ein Kloster mit einer schönen
Kirche gestanden hat. Einzelne Funde von Bauresten in den
Feldern auf jenem Berge bestätigten die Urkunden, weshalb
man sich vor mehreren Jahrsn entschloß, Nachgrabungen zu
veranstalten. Dieselben haben die bemerkenswerte Thatsache
ergeben, daß die zum Kloster gehörige Kirche eineu Central-
 
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