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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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109 Kunstlitteratur. — Kunsthistorisches. — Konkurrenzen. — Preisverteilungen. — Sammlungen und Ausstellungen. 110

wohlthuenden Eindruck macht. Auf die schmucklosen
Strebepfeiler des Chors wurden Kreuzblumen aufge-
setzt uud gegenwärtig ist mau daran, die baufällige
Vorhalle an der Südseite der Kirche abzubrechen, um
sie ebenfalls zu erneuern. Auch im alten Schloß hat
man die schvnen Säulengänge von der häßlichen Tiinche
befreit und d»s Wappeu am Haupteingange restaurirt,
wodurch sich ergab, daß der Meister dieses Werkes der
bekannte Simon Schlör aus Hall war, welcher die
trefflichen Statuen der württembergischen Grafen in der
Stiftskirche fertigte.

Wenn wir der Restauration des alten Schlosses
gedenken, müssen wir auch der seit einer Reihe von
Jahren in Angriff genommenen Restauration des neuen
Schlosses erwähnen, welche sich in neuester Zeit haupt-
sächlich dem figürlichen Schmnck über dem Hauptgesims
zuwendet. Hier sind eine Reihe höchst geschickt ge-
machter und ungemein malerisch wirkender Figuren
aufgestellt, welche im vorigen Jahrhundert von ita-
lienischen Bildhauern ausgesührt wnrden und die im
Laufe der Zeit vielfach beschädigt und oft bis zur Un-
kenntlichkeit verstümmelt waren. Bildhauer H. Back
hat seine Aufgabe glücklich gelöst, die Figuren wieder
in ihrer alten Schönheit herzustellen. Außer Liesen
Gebäuden haben auch die Hospital-mnd St. Leonhards-
kirche, das Ständehaus, das alte Kanzleigebäude, der
Prinzenbau u. s. w. vielfache Verschönerungen und Er-
neuerungen erfahren, anf welche wir hier nicht näher
eingehen können.

Was schließlich den Privatbau anbelangt, so scheint
sich die seit der finanziellen Krisis etwas zurllckgegangene
Bauthätigkeit wieder zu heben. Jn der Peripherie
der Stadt ersteht manch neuer schöner Bau, wornnter
das an der Kriegsbergstraße liegende Palais Sauters
besonders hervvrznheben ist. Der Bau ist ein Pracht-
stück im Stile der besten dcutschcn Rcnaissance. Aber
auch die Restauration älterer Gebäude in der Stadt
macht Fortschritte; man hat sich allmählich von der
klassischen Richtung ganz losgesagt, was namentlich
den Giebelhäusern sehr zu gute kommt, die jetzt nicht
mehr in das Gewand der Antike eingezwängt, sondern
ihrem Charaktcr entsprechend nach deutscher Art ver-
ziert werden. L.

Aunstlitteratur.

Naffacl, Die Stanzen des Vatikan. Text von W. Lübke.

35 Tafeln Lichtdruck. 4". Dresden, A. Gutbier. 1883.

4V. Die Kunsthandlung von A. Gutbier in Dresden,
welche 1879 die in diesen Blättern gewürdigte Raffael-Aus-
stellung veranstaltete und dann das bekannts Raffael-Werk
mit Text von Prof. Lübke publizirte, giebt jetzt die einzelnen
Abschnitte desselben in selbständigen, für sich abgeschloffenen
-oänden heraus. Jm vcrslossenen Jahre erschienen die Ma-
donnen und heil. Familien, jetzt erschien ein neuer Band,
welcher die Stanzsn Raffaels iin Vatikan enthält. Den
Lichtdrucken liegen die bekannten Stiche von Volpato in aus-

gezeichneten Abdrücken vor aller Schrift als Vorlagen zu
Grunde. Die Reproduktionen (von Rommel in Stuttgart)
sind als vorzüglich gelungen anzuerkennen und gsben die
Stiche, trotz der bedeutenden Verkleinerung, klar und harmo-
nisch wieder, so daff sie dem Freunde der Kunst Raffaels wie
dem Kunstforscher die Originalstiche, die bekanntlich teusr sind,
zu ersetzen mögen. Auch dieser Band ist mit einem aussühr-
lichen Text von Lübke begleitet, der in geschmackvollster Form
alle nötigen Aufschlüsse über die einzelnen Kompositionen giebt.

Auiisthistorisches.

.7. L. Bei den Ausgrabungen auf dem Forum Romanum
in Rom entdeckte man einen Topf mit 890 alten Münzen
anglo-sächsischenUrsprungs aus derZeit des PapstesMarinoll.
(f 946). Diess Münzsn englischen Gepräges sind von seltenem
Wert und tragen meistens das Bildnis der englischen Könige
jener Tage. Eine Münze zeigt auch das Bildnis eines Erz-
bischoss von Canterbury.

Aonkurrenzen.

I. L. Garibaldidenkmal in Rom. Die italienische Regie-
rung hat eine Preisbswerbung ausgeschrieben für den besten
Entwurf zum Garibaldi-Denkmal, welches der Staat dem
General auf dem Janiculus in Rom zu errichten beschloß,
und zwar auf dem dortigen öffentlichen Spaziergange, wo
der General 1849 sein Hauptquartier hatte, als er die
Franzosen bei der Villa del Vascello vor dem Thore San
Pancrazio schlug. Die Künstler haben zehn Monats Zeit zur
Ablisferung ihrer Modelle. Das beste Modell erhält eine
Prämie von 2V9U9 Lire, die fünf zweitbesten jedes 3000 Lire.

I. L. Denkmal für Viktor Emanuel. Am 15. Dezember
läuft der Termin ab für die Ablieferung der Modelle zur
zweiten Preisbewerbung um den Auftrag zu dem großen
Nationaldenkmal für Viktor Emanuel iu Rom. Die erste
Konkurrenz blieb bekanntlich erfolglos, obgleich die Ausstellung
der Modells mit einer enormen Anzahl von Entwürfen be-
schickt wurde. Die Bewerbung ist dieses Mal viel geringer.
Kaum I5U Künstler haben Entwürfe angemeldet. Dieselben
iverdsn in deni neuen Palazzo delle Belle Arti in der Via
Nazionale im Anfang Januar zur Ausstellung gelangen.

preisverteilungen.

Preisvertcilung bci der Berliner Kunstakadcmie. Bei
der für das laufende Jahr im Fache der Malerei stattgehabten
Preisbewerbung der zweiten Michael-Beerschen Stif-
tung ist der Preis, bestehsnd in einem Stipendium von
225U Mk. zu einer einjährigen Studienreise, dem Maler
Hermann Clementz aus Berlin zuerkannt worden. Bei der
im Fache der Architektur stattgehabten Preisbewerbung um
den großen Staatspreis wurde der letztsre, bestehend in
einem Stipendium für eine Studienreise nach Jtalien auf
zwei hintereinandsrfolgende Jahre zum Betrage von je
3UUU Mk. und außerdem in einer Entschädigung vön 6UU Mk.
für die Kosten der Hin- und Rückreise, dem Architekten
Bernhard Sehring zu Berlin zuerkannt. Gleichzeitig ist
dem Mitkonkurrenten, Regierungsbauführer Paul Graef zu
Berlin, eine ehrenvolle Anerkennung für die von demselben
eingereichte Konkurrenzarbsit zu teil geworden.

5ammlungen'und Ausstellungen.

— Ein Bild dcs Nordpolfahrers Payer. Man schreibt
dsr N. Fr. Preffe aus München: „Seit kurzem ist im hiesigen
Kunstvereine das von der Akademie mit der großen Medaille
prämiirte Kolossalbild des österreichischen Nordpolfahrers I. v.
Payer ausgestellt. Die großsn Erwnrtungen, welche man auf
Grund der seltenen Auszeichnung zu hegen berechtigt war, er-
scheinen gerechtfertigt; das Bild beweist ein starkes Talent, bei
welchem mit dem energischen Wollen auch ein eminentes Können
Hand in Hand geht. Das Bild genießt vor allem den einen
Vorzug, daß es empfunden und srlebt ist, denn auch ein mit der ,
reichsten Phantasie begabter Künstler vermöchte die drama-
tischs Lebendigkeit und die Naturwahrheit nicht in dem Maße
zu erreichen, wie dies Payer geglückt ist. Das Schicksal Sir
John Franklins ist bekannt; hatte es doch Jahrzehnte die
 
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