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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Gurlitt, Cornelius: Zur Baugeschichte Berlins, [1]
DOI Artikel:
Wolf, August: Neue Erwerbungen für die Galerie der Akademie zu Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.5805#0151

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Neue Erwerbungen sür Lie Galerie der Akadeinie zu Venedig.

2Ü8

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Pulsschlag, welchcn dcr Ausschwung der brcmdenburgi-
!chen Macht jenem Kiinstler verlieh, zugeschriebcin
üch nberlasse der unbefangcnen Prüsnng zu entscheiden,
ob bei dem damals anscheinend schvn greisen Manne
ein solcher Aufschwung wahrscheinlich ist, und beschränke
niich darauf, anf dic Umstände aufmerksam zu machen,
daß der franzvsische Bildhauer Hulvt znr bildneri-
schen Ausschmiickung des Zeughauses im Jahre 1700
berufen wurde und daß, als 1701 Evsander Vvn
Gvthe sein Projckt zum Umbau des Charlottenbnrger
Schlosses vollendet hatte, dieses zur „Apprvbativn" an
„Madame", also an die bekannte Prinzessin Elisabeth
Charlvtte, nach Paris geschickt wurde. i.Bergl. 'Ilisn-
tium Lnroxnsuin XV.). Deutlicher läßt sich die
Vorliebe für die französische Kunst am Berliner
Hvfe — welche nur durch Schlüters wuchtiges Auftreten
Zurückgehaltcn wurde — nicht aussprechen, deutlicher
nicht dic Annahmc widerlegen, als hättcn deutsch-
Patrivtische Rücksichten cincm derartigen Anrnfen ciner
Pariser Kunstautorität entgegengestanden.

Der geseierteste Architekt am Pariser Hofe war
aber zu jener Zeit, ncben dem 1688 verstorbenen Er-
bauer der Louvrefassade Claude Perrault, Fran-
>-vis Blvndel. 1685 erschien sein berühmtes Werk:
Oours ä'nreliitovt,urs, welches fast dem ganzen folgen-
den Jahrhunderte als bevorzugtes Lehrbuch diente.
Blvndel war Direktor der Xonävuiis ro^nls ä'nrolii-
tsoturo. Der Unterschied zwischen Perraults nnd
Blondels architektonischen Grundsähen läßt sich kurz
dadurch feststellen, daß ersterer der Meinung war, die
Antike habe zwar bisher das Höchste in der Kunst cr-
reicht, doch sei es möglich und anstrebenswert, für die
neue Zeit etwns Eigenartiges zu schaffen, und nicht
ausgeschlossen, daß dieses ebenso schön und richtig sei,
wie die Ordnungen der Griechen nnd Rvmcr, daß er
mithin dem Barvckstile theoretische Berechtigung gab,
wenn er ihm gleich in schr gemäßigter Weise in der
Praxis huldigte, während letzterer erklärte, die Antike
sei der einzig richtige und unbcdingt zu befolgende Aus-
druck dcr Baukunst und jedes Abweichen ein Fehlcr.
Aus dieser Grundidee entsprang das Rococv. Wcm
diese Anschauung befremdlich ist, der stndire namentlich
Briscux's Werke. Blondel stand alsv auf dem Stand-
Pnnkle des sranzösischen Drama's jenerZeit. Darum sind
aber seine Bauten nicht mehr antiken Geistes als die
Dichtnngen Racine's. Denn er kannte die Antike nur
aus den Aufnahmen Vignola's, Scamozzi's und Palla-
dio's, svwie aus dem Lehrbnche Vitruvs. Mithin be-
deutet Blondels Auftreten ein Zurückgreifen auf die
italienische Hochrenaissance, unter Abweisnng aller der
bieser noch cigenen Willkürlichkeiten.

Diesen Erwägungen aber cntsprickit auf das prä-
ziseste der Entwurf Blvndels zum Zcughaus. Erst die

Änderungcn Schlütcrs nnd de Bvdts benehmen ihn in
einzelnen Teilen dicser Eigenart. Nichts vvn der derbcn
und nüchternen Architektur der gleichzeitigen Nieder-
länder! Dagegen die reinste Formensprache der Palla-
dianischen Hvchrenaissance.

Unter der regen Architektenschaft Berlins findet
sich hoffentlich ein Fachmann, der die Details des
Zeughauses mit den streng nach Moduln sich richten-
dcn Regeln, welche Blvndel in seinem Lehrbuche der
Architektur giebt, genau vergleicht. Man mag die
Wahrheit nieiner Annahme einer Prüfnng unterziehen
nnd ich will mich beschciden, salls das Urtel gegen mich
ansschlagen sollte.

Daß dcr von Brvebes wicdergegebcne barvckc sv-
genannte „erste Neringsche" Entwnrf seiner phantasti-
schen Gestaltung wegen nicht Vvn Nering und seincr
äußerlichen, unorganischen Durchbildnng wegen nicht
vvn Schlüter stammcn kann, sci hier kurz bemerkt.
Ich halte ihn sür einc Arbeit von Broebes, in welcher
cr Schlütcr auch in Prachtentfaltung nachstrebte vder
es ihm gar zuvorthun wvllte.

(Schluß folgt.)

Neue Lrwerbungen für die Galerie der Akademie
zu Venedig.

Die italienische Negierung hat das Gemälde des
Cima da Cvneglianv: „Tvbias mit dem Engel,
S. Niccolo und S. Andrea", in prachtvokler bergiger
Landschaft, für 40 000 Frcs. für die Galerie der Aka-
demie in Vcuedig angekanft. Das Bild, welches im
Begriffe war, nach England abzugehen, stammt aus
dcr aufgehobenen Kirchc der Abbazia della Miseri-
cordia, gehörte der Familie Moro-Lin und war seit
Jahren in der genannten Galerie deponirt. Es gelnng
serner, ein höchst interessantes, aus 23 Abteilungen be-
stehendes Altarwerk desBartvlommev Bivarini hier
sestzuhalten, welches eben nach Bcrlin verkauft werdcn
sollte. Dieses sür die Entwickelung venezianischer
Malerei wichtige Altarwerk ist mit der Bezeichnung
versehen:

0?V8 xVOll'VN VOXO'I'! 18 1'KIl.

LVklü'MI-OLIIkVU VIV^IIIX . . .

(Das folgende starker Beschädigung halber unleserlich.)

Auf deni Mittelbilde ist ein Prcsepio dargestellt
in schöner Landschast; den Hirten im Hintergrunde
verkündigt ein Engel mit Spruchband die Bvtschaft
des Heils. Nechts und links folgen in je vier Ab-
teilungen acht Heilige auf Gvldgrund: alle von leider
sehr zerstörten Baldachinen überragt. Über dem Mittel-
bilde crhebt sich, dreiteilig vorspringend, ein größerer
Baldachin, unter welchem dann, über die ganze Reihe
als Bekrönung herrvorragend, eine Pictü mit zwei
 
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