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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Ein schwäbischer Baumeister der Renaissancezeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.5805#0157

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1Y. Iahrgang.

Beiträge

sind an j)rof. Dr. L.von
^ützow (wien, There-
fianumgasse25) oderan
die verlagshandlung in
Eeipzig, Gartenstr. 8,
zu richten.

2i. Februar

Nr. sy.
Inserate

L 2S pf. für die drei
Mal gespaltene s)etit-
zeile werden von jeder

s88H.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.



Ein schwäbischer Baumeister der Renaissancezeit. ^

Jn einer der letzten Sitzungen des württembergi-
schen Altertumsvereins machte der um die Künstler-
geschichte seiner Heimat vielfach verdiente Diakonus
Klemm von Geislingcn den Architekten des altcn Schlosses
zn Stuttgart, Abcrlin (Albert) Tretsch zum Gegen-
stand eines Vortrags, in welchem manches neue Material
zur Lebensgeschichte dicses hervorragenden Künstlcrs
beigebracht wurde. Tretsch wurde ums Jahr 1510 ge-
boren und trat schon in jungen Jahren in die Dienste
des herzoglichen Hauses. Ob er schon am Bau des
Tübinger Schloßthors thätig gewesen, laßt sich ans
dem vvrhandenen Nrkundenmaterial nicht mit Sicher-
heit feststellen; dagegen steht fest, daß er unter dcr
Regierung des Herzogs Christoph, dessen Sorge für
bie materielle nnd geistige Wohlfahrt seines Landes
ebenso groß war wie sein reger Sinn für künstlerische
Jnteressen, in den Jahrcn 1552—1556 auf der Burg
Hohentwiel densogenannten Herzogs-oder Christophsbau
errichtete. Bon diesem Bau sind heute noch bedeutende
Reste vorhanden, an denen sich zweimal die Jahres-
zahl 1554 aufgezeichnet findet. Die Hauptthätigkeit
seines Lebens war jedoch dem Ausbau des sogenannten
»alten Schlosses" zu Stuttgart gewidmet, zn dessen
Erweiterung die Vorarbeiten schon ums Jahr 1553
begonnen hatten, während die eigentliche Aussührung
drst 1556 in Angriff genommen ward. Entwllrfe und
Dberleitung des Baues waren das Werk unseres Archi-
tekten. An den noch aus dem Mittelalter herrühren-
ben, nach Osten zu liegenden alten Bau sollten sich,

um cinen Hof grnppirt, drei Flügel mit einer Schloß-
kapelle, Reitschnecke und zwei kleineren Treppen an-
schließen und das Ganze mit einem Graben umschlossen
werden. Das Resultat der Thätigkeit Tretschs ist nun
daS noch heut bestehende „alte Schloß", mit seinem statt-
lichcn Hofe, desscn Säulcnarkaden an drei Stockwerken
durchgcführt sind, mit den beiden Treppentürmen
nnd dcr breiten, beguemen Reitschnecke, welche letztere
später von Blasius Berwart nach dem Muster einer
ini bischoflichen Schlosse zu Dillingen vorhandenen aus-
geführt wurde, sowie mit der noch im gotischem Stil
errichteten Schloßkapelle, — das Ganze eines der
charaktervollsten, auch was die technische Ausführung
betrifft, gediegensten Werke der deutschen Renaissance. —
Der Vortragende schilderte in intereffanter Weise die
Arbeiterverhältnisse jcner Zeit, den Neid, mit dem Tretsch
von seinen Feinden verfolgt, die Verleumdungen, denen
sein Wirken ausgesetzt war. Diese führten ihn dazu,
eine Klage gegen den herzoglichen Wildgärtuer anzu-
strengen, welche dann mit einem Vergleich scheinbar zu
Ungunsten des Klägers ihren Abschluß fand. Jndes
hat der Prozeß unserem Architekten bei seinem Herrn
nicht geschadet; das fürstliche Vertrauen blieb ihm er-
halten, denn es wurde ihm die Aufsicht llber alle
Bauten und Gebäulichkeiten des Herzogs übcrtragen.
Bei der großen Baulust des letzteren waren die ein-
hcimischen Arbeitskrüfte unzureichend, um dessen Bau-
unternehmungen nach Wunsch zu fvrdern, und es hatte
sich daher viel fremdes, nnzünftiges Volk im Lande an-
gesammelt. Am meisten beklagten sich darüber dieSchrei-
ner, Schlosser nnd Steinmetzen, mit ibren „Ordnnngen".
 
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