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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Rosenberg, Adolf: Munkacsy's "Christus vor Pilatus"
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5805#0184

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363

Konkurrenzen. — Sammlungen und Nusstellungen. — Vermischts Nachrichten.

364

Komposition und die dazwischen eingeschalteten rot-
braunen Streifen nur so mühsam die Wage, daß der
Kampf unentschieden bleibt, daß jedenfalls keine vvll-
kvmmenc Harmonie erzielt worden ist. Aus dem
Hintergrunde drängt sich noch cin drittcr blauer Ton,
der durch die Thür blickcnde Himmel, dazwischcn, um
auch die kvlvristische Haltung des Hintergrundes ins
Schwanken zu bringen.

Wenn wir eben Vvn Komposition sprachen, so
verbinden wir nicht damit den gewöhnlichen Sinn des
Wortes. Eine kunstvolle Gruppirung von Figuren,
eiu wohl abgewogencs Linienspiel liegt außerhalb der
Absichten Munkasy's. Die Komposition liegt bei ihm
ausschließlich in der Kombination der Farben, in der
Tonwirkung. Nicht durch den Zusammenklang der
Linien, sondern durch den Einklang dcr Töne sncht er
jenen Reiz aus das Auge hervorzubringcn, den man
als wohlthnend bezeichnet. Um diese Wirkung zu er-
reichen, behandelt er die Farbenflächen nach Gesetzeu, die
man nur mit dcn musikalischen vergleichen kann. Die
größere oder geringere Brcite und Höhe cines Farben-
strcifens ist das Resultat raffinirter Berechnungen, und
ihnen vpfert er bisweilen sogar die Richtigkeit der
Zeichnung; denn nur so sind einige grobe Fehler, welche
Munkacsy gewiß ebensogut gesehen hat, wie jeder andere,
zn erklären. Die linke Schulter des Pilatus ist viel-
leicht nur deswegen so breit geraten, weil der dunkle
Hintergrund der Exedra einen so umfangreichen Licht-
punkt gebrauchte, und der linke Unterarm des Pilatus
ist vielleicht nur deshalb so ungebührlich lang aus dem
Ellbogengelenk herausgewachsen, weil Munkacsy an
dicser Stelle eine durchgreifende Unterbrechung der
weißen Toga für nötig sand.

Wenn solche Motoren im Organismus eines Kunst-
werkes maßgebend sind, bleibt sür den geistigen Jnhalt
kein allzugroßer Spielraum übrig. Mit freier Be-
nutzung der evangelischen Uberlieferung hat Munkacsy
die einzelnen Momente derselben in einen zusammen-
gefaßt. Aber er ist weder dem schlichten Tone seiner
Quellen treu geblieben, noch hat er die weltgeschicht-
liche Bedeutung, welche wir heute mit jenem Vor-
gange verbinden, zum Ausdrnck gebracht. Wir empsindcn
nicht, daß der begeisterte Träger einer neuen Welt-
anschauung dem Vertreter einer alten, durch die Autori-
tät der materiellen Macht unterstützten gegenübertritt.
Der historische Moment ist anf die Anekdote herab-
gedrückt. Man glaubt, daß sich zwischen Christus und
Pilatus ein interessantes Frage- und Antwortspiel ent-
spinnen wird, und nicht, daß es sich hier um ein Spiel
um Leben und Tod handelt. An der Figur des Christus
ist der Künstler vvllkommen gescheitcrt. Sein Christus
stammt aus der rationalistischen Familie, die E. Vvn
Gebhardt begründet hat. Antokolski hat in seinem

„Christus an der Schandsäule" denselben Typus Plastisch
bearbeitet, nnd Munkacsy hat der hageren, von röt-
lichem Haar und Bart umrahmten Physiognoniie nur
noch einen rabulistischen Zug aufgeprägt. Wenn Mun-
kacsy die Absicht gehabt hat, einen verbissenen Fana-
tiker darzustellen, welcher bei dem Versuche, die Revo-
lutivn zu predigen, ergriffen worden ist, so hat er seine
Absicht vollkommen erreicht. Bon dem göttlichen Ab-
glanz, welcher selbst auf den zerlumpten Figuren eincs
Rembrandt ruht, hat sein Christus nichts abbekommcn.

Adolf Roscnberg.

Aonkurrenzen.

In der Konkurrenz um ein Denkmal für dcn Ober-
bürgermeisker Hasselbach in Magdebnrg hat der Bildhauer
Bergmeier aus Berlin (z. Z? in Rom) den ersten, der
Reg.-Baumeister Adolf Hartung in Berlin den zweiten und
die Baumeister Saran nnd Jähn in Magdeburg den dritten
Preis erhalten. Außerdem empfahl die Jury den Ankauf
der Modelle Imbors st oollstantia, Agua kelivo, leolltaua
und der Zeichnung velxbill

5ammlungen und Ausstellungen.

6.0. Aus Hannover. Der hiesige Kunstverein hat
kürzlich seine S2. Kunstausstellung eröffnet. Für diese Aus-
stellungen stehen dem Verem im Hannoverschen Provinzial-
museum ein paar das Jahr über leere Räume zur Disposition.
Nicht weniger als 78o Kunstwerke kamen dieses Mal zur
Ausstellung. Eine verschwindsnd kleine Zahl bilden davon
die plastischen Arbeiten und Aquarelle, so vaß etwa 730 Öl-
gemälde auf zwei kleinere und zwei größere Räume beschränkt
und daher zum Teil sehr hoch gehängt werden mußten. Bei-
nahe die Hälfte der beteiligten Maler sind aus München und
Düsseldorf. Dann kommen abwärts die Vsrtreter der Ber-
liner, Hannoverschen, Dresdener und Weimarer Kunst. An
Zahl sind die heimischen Kräfte durchaus genügend auf dem
Platze erschienen, ohne aber in ihren Werken irgendwelche
bcmerkenswerte Eigentümlichkeiten zu offenbaren. Über-
haupt hätte ein Drittel der ausgestellten Bilder von der Jury
ganz gut abgewiesen werden können. Vieles ist offenbar
Bodensatz von früheren Ausstellungen. Manches bereits Be-
kannte gehört freilich hier zu dem besten, was vorhanden ist,
so H. Schneiders (München) „Rencontre auf dem Meere"
und M- Adamo's grell beleuchtete Revolutionsscene: „Der
Sturz Robespisrre's". Der Blutmsnsch gleicht auf diesem
Bilde allerdings mehr einem Kammerdiener, der silberne
Löffel gestohlen hat. Von der Münchener Ausstellung her
bekannt ist Carl von Piloty's großes Gemälde: „Unter
der Arena" und Räubers umfangreiche historische Kompo-
sition „Die Übergabe Warschau's an den schwedischen General
Wrangel in Gegenwart des Großen Kurfürsten". Anderes
wohl einer Beachtung würdiges ist von Amberg (Berlin),
Vinc. St. Lerche (Düsseldorf), Leineweber (Düsseldorf),
G. Marx (Düsseldorf), v. Kalkreuth (München), v. Meckel
(Karlsruhe), Sperl (München) u. a. m. gesandt worden.
Am schwächsten steht es mit den Porträts, die auch an Zahl
auffallend zurücktreten. An einzslnen Land- schaften vermißt
man jedes Naturstudium; statt Kasfee und Zucker sollte
man die gistgrüne Farbe versteuern. Für die üußere Aus-
stattung der Räumlichkeiten ist so gut wie nichts gethan
worden. Geschmacklos ist es auch, im Katalog neben jedss
Bild seinen Preis zu setzen. Durch große Zahlen läßt sich
mancher urteilsschwache Besucher der Ausstellung leicht völlig
beeinslussen.

Vermischte Nachrichten.

Jnternationale Ausstcllung für Metallindustric in
Nürnbcrg. Über die im Sommer 1885 vom bayerischen Ge-
werbemuseum in Nürnberg zu veranstaltende internationale
 
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