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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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377

Kunstlitteratur. — Ornamentale Entwürfe im Stil des Barock.

378

Aunstlitteratur.

Die schweizerische Sitte der Fenster- und tVaxpen-
schenkung vom f5. bis s7. jZahrhundert. Nebst
Verzeichnis der Züricher Glasnialer von 1540 an
nnd Nachweis nvch vorhandencr Arbeiten dersclben.
Von vr. Hermann Meyer. Frauenfeld, 1884.

Ein gesteigertes Jntercsse wendet sich in jüngster
Zeit den alten schweizerischen Glasgemälden zu, einem
Kunstzweige, in welchem in der Periode vom 15.—17.
Jahrhnndert die Schweiz eine originelle volkstümliche
Richtung eingeschlagen hat und hervorragende, wahrhast
künstlerische Leistungen aufweist. Außer der streng
artistischen ist auch die kunstgcwcrbliche, geschichtliche
und heraldische Bedeutsamkeit dieser Arbeiten nicht zu
unterschätzen. vr. H. Meyers neueste Abhandlung
ist als eine der verdienstlichsten Leistnngen auf diesein
Gebiete zu begrüßen, wclche wesentlich zur Aufhellung
einer bisher dunklen Partie der Geschichte der schweizeri-
schen Glasmalerei beiträgt; und zwar nähert sie sich
der Lösung des Problems auf einem bisher noch nie
eingeschlagcnen Wege und unter Verwertung gründ-
licher Studien, namentlich eines reichen urkundlichen
Materials. Die Sitte der Fenster- und Wappen-
schenkung war wohl längst bckannt, und niemand, dcr
sich auch nur oberflächlich init den alten Schweizcr
Glasgemälden abgab, konnte dicselbe ignoriren; aber
erst indem sie zum Brennpunkt der historischen Unter-
suchung genommen wurde, trat die geschichtliche Ent-
wickelung, Blüte, Ausbreitung, Ausartung und Ber-
fall dieses Kunstzweiges in der alten Eidgenossenschaft
in das Licht voller und scharfer Beleuchtung und er-
klärt sich ihre Eigenart, dic Komposition dcr noch an
ihrer ursprünglichen Stelle befindlichen Serien alter
Glasgemälde sowie der Wert oder Unwert jeder ein-
zelnen Scheibe im Urteil der Zeitgenossen und der
Nachwelt. Beffer erklärt sich nun auch der Kreis der
behandelten Gegenstände, ferner dic erstaunliche Zahl
der thätigen Glasnialer, ergiebt sich das rasche Stei-
gen und der langsame, aber unaushaltbare Verfall
dieser Kunst nach einmal erreichtem Zenith auf un-
gezwungcne und einleuchtende Wcise. Das Bnch (375 S.)
giebt Auskunst über manches, was man kaum darin
suchen würde, und zwar gestützt auf authentische Ur-
kunden, und es enthüllt sich uns eine höchst anziehende
Partie früheren schweizerischen Kunst- -nnd Volkslebens,
wie es auf dem Grunde der historischen Entwickelung
des schweizerischen Staatswesens sich ausbildete, wv in
bunter Mannigfaltigkeit so viele Herde selbständiger
Entwickelung in eigenartigen kleinen Gemeintvesen neben
und miteinander in Wechselwirkung traten.

Speziell niit der Künstlergeschichte befaßt sich
der zweite Teil, in welchem als Ergänzung zu den viel-

fachen neuen Anfschlüffen, welche die jüngste Zeit übcr
die Glasmaler der Städte Bascl, Bern, St. Gallen,
Schaffhausen, Luzern gebracht hat, nun auch die außer-
ordentlich zahlreichen und thätigen ZUricher in biS-
her kaum geahnter Vollständigkeit austreten, mit Bei-
bringung authentischer Notizen über deren Leben und
Werke. Zu riihmen ist auch die scharse kritische
Sichtung, womit angestrebt und im wesentlichen äuch
erreicht wird, die Schafe von den Böcken, resp. die
bloßen Glaser von den Glasmalern, die wirklichen
Künstler nnd Meister von den handwerksmäßi-
gen Dntzendmalern gebührend zu sondern. Neben
den in Zürich wohnenden gelangen auch die aus-
wärts angeseffenen ZUricher Glasmaler zu ihrem
Recht, sowie das Arbeitsfeld, auch das auswärtige,
der Züricher Glasmaler seine Abgrenzung sindet. Eine
Anzahl Quellenstellen und anderweitige Belege sind dem
Ganzen als Anhang beigegeben. So reiht sich die hvchst
erfreuliche und gehaltreiche Arbeit würdig an die Arbei-
ten anderer Züricher Kunstgelehrten der Gegenwart, be-
sonders an die bahnbrechenden Arbeiten I. R. Rahns nnd
die mehr Einzelnes illustrirenden Schriften S. Vögelins
an, wodurch die lange vernachlässigte schweizerische Kunst-
geschichte aus dem trllbcn Halbdunkel klarer hervor-
tritt nnd es sich erweist, daß im Mittelalter und noch
in dcn letzten Jahrhundertcn in Helvetiens Gauen nicht
bloß das Schwert mit Kraft geschwungen wurde, son-
deru auch ein reicher Lenz dcr Kunst seine holden
Blütcn cntfaltet hat. rL. 14.

Grnamentale Lntwnrfe im Stil des Laroek, von
j)eaii Lcpautre. 00 Taseln in Lichtdruck. Fol.
Berlin, Paul Bette 1883. — Preis 25 Mark.

Seitdem einsichtige Männer erkannt haben, daß
die moderne Renaiffance sich erheblich von der des
16. Jahrhunderts unterscheidet, daß man ferner nicht
so ohne weiteres zwei Jahrhunderte hoher künstlerischer
Entwickelung überspringen könne, ja daß in diesen
zweihundert Jahren svgar rccht Bedeutendes geleistct
ist, was nns zum Teil näher steht und mehr zusagt,
als das 16. Jahrhundert, wcndct man sich auch wiederum
den Kunstformen jener Zeiten zu. Sind doch schon,
und von durchaus beachtenswerter Seite, Stimmen
laut geworden, welche das Barock als den Stil der
Zukunst prophetisch verkündet haben! Dürfen wir die
weitere Entwickelung unserer Kunstsormen und ihre
Konsolidirung ruhig abwarten und können wir hoffen,
aus dem Zustande des Nachbildens und Anlehnens
an ältere Stilarteu endlich zu selbständigem Schaffen
zu kommen, so müffen wir es doch mit Freuden begrüßen,
wenn die einseitige Beschränkung auf die Formen der
deutschen Renaiffance aufgegeben wird, wenn unser
Handwerk — nicht bloß die Architektur — aus den
 
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