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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Die 24. Ausstellung des Kunstvereins zu Bremen
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547

Die 24. Ilusstellung des Kunstvereins zu Bremen

545

__„__^

Die 2H. Ausstellung des Aunstvereins
zu Brenren.

ss „Des norddeutschen Gesamtvereinü" dars ich
nicht mehr sagen, da dieser im vvrigen Jahrc dnrch
den Anstritt des Kunstvereins zu Hambnrg seine Aus-
ivsung erlebte. Die Folge davon war, daß von den
bis dahin verbundenen Bereinen der zu Hamburg und
der zu Bremen jeder seine eigene Ausstellung veran-
staltete, ersterer in den Jahren gerader Zahl vvm
>. April bis 18. Mai, letzterer vvm I. März bis Mitte
April. Ob Hamburg durch diese Jsvlirung in Bezug
auf seiue grvße Ausstellung gelitten hat, vder »icht,
will ich dahingestellt sein lassen; daß Bremen lvenig-
stens dies erstc Mal nicht darunter gelittcn hat, zeigte
uns nicht bloß die Ouantität der Bilder, die iiu Laufe
der AuSstellung die Zahl tausend überschritt, sondern
— was nngleich mehr in Betracht kommt — auch
die Ouatität derselben, welche die aller ihrer Vor-
gängerinnen vhne Ausnahme übertraf, ja sogar schwer-
lich vvn irgend einer der gewöhnlichen Vereinsans-
stelluugen jemals erreicht worden ist. Daß dennvch
das Resultat der Aukäuse dem der Ausstellung des
Jahres 1882, über welche ich Jhnen in diesem Blatte
Bd. XVII, S. 443 ff- berichtete, nachsteht, mag eines-
teils cinen Grund in den im ganzen zu hohen Forde-
rungen sür viele durch den Kunsthandel uns zuge-
kvmmcne Bilder, andernteils in den jetzigen ungüustigen
Haudelsverhältnissen der Stadt scinen Grund haben.
Aber dic Kiiustlerwelt kann, denke ich, immerhin wohl
zusrieden sein, daß für den diesmaligen Verkauf von
80 Bildern die Gesamtsunime von 100 000 Mark über-
schritten wurde.

Iu den beiden aus den VereinSausstelluugcn be-
kanutlich am stärkstcu vertretcneu Fächcru des Geure
und der Laudschaft war freilich kein einziges Bild
vorhauden, das man gcradezu ein Zugstück uennen
louute, keiues, das eiuc uuividerstehliche Anziehuugs-
krasl übte »nd Tanseude vvu Meuscheu iu Eutziicken
versetzte. Aber in beideu Fächeru, uameutlich im Geure,
gab cs eine ungewohnte, reiche Fülle von Mvtivcn,
die, wenu auch weuiger durch Inhalt und gcistvvllc
Behandlung, sv doch durch Birtuosität der Technik her-
vorragten. Uud eben in dieser Beziehung leruten wir
eine Menge jüngere Kräfte kennen, die in weuigen
Jahren unzweifelhaft einc glänzende Stelle in der
Kunstwelt einnehmen werden. Dagegen muß ich
leider gesteheu, daß im Geure Namen ersten Rauges,
z. B. Knaus, Vautier, Matth. Schmid, Def-
regger, Grützner u. a. gänzlich fehlten, oder doch
nur durch künimerliche liors ä'oonvrs vertreten waren,
Lie trotz des berühmten Urheberuamens unbeachtet
blieben. Anders dagegen verhielt es sich mit Gabriel

Max, von dem wir eine „Bergiftete" vor uns hatten,
die viel Beachtung, aber wenig Spmpathie fand. Es
ist eine mit der gewohuteu Meisterschaft des Künstlers
gemalte, schwarz gekleidete weibliche Gestatt, die aus-
gestreckt auf eiuem kahlen, hölzerneu Fußbodeu licgt,
der sonderbarerweise keiue horizvntale, svndern eine
sv nach vvrn geneigte Fläche bildet, daß man meint,
die Gestalt müsse nvtwendig aus dem Bilde dem Be-
schauer entgegen fallen. Warum sie sich vergiftet hat,
läßt der Vvm Finger gezogene Ring und der neben
ihr liegende erbrvchene Brief hinlänglicb erraten. Auf
eineu solcheu uerveuerschütterudeu Gcgenstand, der trvtz-
dem seineu Liebhaber fand, kvnnte natürlich nur ein
Gabriel Max verfalleu.

lluter deu älteren Geuremalern Ivaren teils reich,
teils glänzend vertreten Meper v. Bremeu, Karl
Becker, Jordan uud der kürzlich verstorbene Sicgert.
Der erstgenannte, wieder in seiner bekanuteu Weise, durch
mehrere reizende Kindergestalten in vier Bildern, Vvn
denen zwei eiuc uunugenehme Härte zeigteu. Das beste
war eine klciue „Siesta", die aber in einigen Details
an einem ganz willkürlichen, bläulich graueu Farben-
ton leidet. WahreFreude mußte mau sowvhl am Kolorit,
als auch an der lebensvolleu Charakteristik der drei
Personen iu Beckers bereits 1880 ausgestelltcm Bilde
„Othello, der der Desdemoua uud dem Brabantio seinc
Abenteuer erzählt" enipsinden, weit es uns deu uicht
mehr jugendlichen Meister noch in völligcr Jugend-
kraft zeigt. Dasselbe gilt von dem svgar um zehn
Jahre älteren Jordan, der uns außer einem frühercn
Bilde aus dem Jahre 1845 anch einen nagelncuen
„Sonntagabeud am Strande" vvrführte: füns wetter-
gebräuute Schiffer, welche vor ihrer Hütte am
Strande dcr Nordsee in behaglicher Ruhe mit cinander
plaudcrn. Das siud Gesichter aus bem Lebeu, nichl
uach der Schablone, sonderu uach der Wirklichkeit ge-
malt, ivas leider bei manchen andereu Bildcru, die
uns dic Ausstelluug brachte, uicht der Fall war, z. B.
bei WebbS Auktivn, bci 9Nax Bvlkharts im übri-
gen meisterhaftcr „Jmprovisirter Tafel" und bei Otto
Erdmann „Fürs Lebe» gesunden". Mit August
Siegert eudlich, dessen letzten, wohlgelungenen Peu-
dauts auö dem Jahrc 1883 (alsv Ivvhl kurz Vvr seinem
Tode eutstandeu) „Gnte Bewirtnng" und „Schlechtc
Bezahlung", mvchte ich zwei andere Pendants Vvu
Felix Schlcsinger „Ju Gefahr" und „AußerGefahr"
znsamuienstelleu, iu welchen auf sehr anziehendc Weise
dic Kraukhcit und dic Genesuug eiues Knabeu ge-
schildert ist.

Außer den genauuten will ich im Fache des Geure
nur uoch vou Stvltenberg-Lerche ein sehr gut
charakterisirtes „Diner bei Münchhausen" aus dem
Jahre 1882, von Sondermann den in der Farbe
 
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