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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 19.1884

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Valentin, Veit: Steinle's Parzival
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https://doi.org/10.11588/diglit.5805#0281

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Nr. ZH.

19. Iahrgang.

Beiträge

sind an prof. Dr. L. von
kützow (wien, There-
s>anunlgasse25) oder an
die verlagshandlung in
^kipzig, Gartenstr. 8,
zu richten.

ö. Zum

Inserate

ü 25 s)f. für die drei
!Nal gespaltene s)etit-
zeile werden von jeder
vuch- u. Aunsthandlung
angenonnnen

s884.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Aunst.

Erscheint von Oktober bis Ende Iuni jede woche ain Donnerstag, von Iuli bis Ende September alle Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift
für bildende Aunst" gratis; für sich allein bezogen kostet der ^ahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel als auch bei den deutschen


5teinle's Parzival.

J»> Slädelschen Jnstitut ist kiirzlich ein neues
Werk Stcinle's cnisgestellt gewesen, nni nach wenigen
Tagen, wie es heißt, mit eincm Umweg über Wicn
die Reisc nach England anzutretcn, wohin es verkauft
scin soll. Ui» so mehr crscheint es gcbotcn, in Dentsch-
land eine Erinnerung an das Werk scstzuhaltcn, zumal
sich in ihm der Künstler wieder einmal von seiner
besten Seite gezcigt hat. Steinle teilt mit den großcn
Meistern, welche zn Anfang nnsercs Jahrhunderts
die neue deutsche Malerei schufen nnd deren Wege er
geht, dic Eigentümlichkeit, daß cr sich bis in hohes Alter
eine unverwüstliche Schöpserkraft bewahrt hat. So
sehen wir in diesem jüngsten Wcrke des betagten
Künstlers mit frendigem Erstaunen, wie er in dieser
reifen Frucht langer geistigcr Durcharbeitung einen
Zanber in Form nnd Farbe, cinen Nciz lieblicher,
Poetischer Stimmung enthüllt, der diese Schvpsung
den besten früheren Werken würdig anreiht. Nur
selten möchte ein anfmerksames Auge anf Spuren
stoßen, welche nicht die volle Frische nnd Krast er-
kennen lassen.

Aber auch dem Jnhalte nach ist das nene Werk
ein bedeutsamcs. Knüpft es doch an die großartigste
Dichtung des deutschen Mittelalters, an die Meister-
schvpfung Wolframs an, dessen tiefes, wahrhast deutsch
empsindendes Gemüt die romanischen und keltischen
Stoffe zu Trägern des höchsten Lebensproblems ge-
macht hat. Und diese Dichtung, mit ihrem überwäl-
tigenden Reichtum nn Ereignissen nnd Empfindungen,
hat Steinle unternvmmen in einem Chklns von Agna-

rellbildern wiederzugeben. Es ist begreislich, daß er
nnr einzelne Seencn heransgreifen kann, sowie auch
daß er die Saite nachklingen läßt, die ihm ans dem
Gedichte am vcrwandtesten entgegen tönte. So faßt
er schr richtig den Gedcinken dcr Erziehnng heraus,

^ giebt ihn abcr dnrchweg nur von der passivcn Seite,
während die im Gedicht vorhandcne, schr stark be-
tonte aktivc so gut wie ganz verschwindet. Er baut
sich seinen Cpklus so anf, daß er sich das Ganze wie
ein Altarblatt denkt, an dessen Hauptbild sich je zwei
Seitenbilder anschließen, während das Ganze von
einem Sockel, der Predella, getragen wird, welche
Raum sür kleinere Darstellungen läßt. Das Haupt-
bild läßt aus dustiger Waldlandschast voll zartester
Poesie den Graltcmpel aufsteigen; im Waldc verteilcn
sich die Nitter, um die Wache ausznüben; Vvm Himmel
naht sich die Taube mit der Hostie, von Engeln um-
geben, und schwebt zu dem Grale nieder. Hier ist
atso das Ziel des Ganzen gegeben: die Erlösung des
Menschen zu himmlischem Frieden durch das Mittel
des Opsertodes Christi; und zugleich die mittelalter-
liche Einkleidung in den Nittern, deren Leben dem
hohem Amte der Hut des Heiligtums geweiht ist. Den
Seitenbildern fällt das persvnliche Element zu. Die
Scene der ersten Begegnung mit den Nittern zeigt uns
den Berns des Knaben, sodann der Verkehr mit
Gurnemanz seine weltliche, ritterliche Erziehnng;
daran schließt sich rechts vvm Hauptbild die Ver-
schuldung: Parzival verläßt gebrochen und verhöhnt
das Schloß, in welchem er zu fragen versäumt hat,
und cndlich die Buße: Parzival knict vor Trevrizent,
welcher ihm seine Schnld darlegt. Jn allen vier
 
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