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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Aus dem Quirinal
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0221

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Aus dem Ouirinal.

12!,

43«,

Aus dem ^uirinal.

„I-'Vrt en lialie", eine in Roni erscheinende
Wochenschrist, giebt eine zwar nicht vollständige und, was ^
die Beurteilung anbetrifst, recht oberflächlichc Überjicht
der ineisten moderncn Kunslwerke, welche im italieni-
schcn Kvnigsschloffe, dem Palazzo tel Ouirinale, Auf-
»ahnie fanden nach 1870, seitdcni diese päpstliche
Soininerrcsidenz in dcn Wohnsitz der Kvnige von Jta- ,
lien in Noni umgcwandelt wurde; an intereffanten
Rvtizen fehlt cs in dcni Berichte jedoch nicht, dein wir
deshalb kurz Folgendes entnehmen:

Die Dcckengemälde, die vcrgoldcteu kaffettirlen
Plafonds, die großen päpstlichen, überall eingelegten
Wappen :c. sind alle unverändert geblieben. Mit
vielem Takt hat man die Geschichte respektirt.

2n dem majestätischen großen früheren „Schweizer-
h^»l", zu welchem die große Haupttreppe hinausführt,
und der heute nach der königlichen Leibgarde den
Raincn 8alu 6oi 6orarrieri trägt, i,t der große Fresken-
sries von Lanfranco und Saraceni, Scenen aus dem
alten und neucn Testament darstellend, unberührt ge-
blieben. Ein von dem Maler Lodi gemalter Gürtcl
begleitet aber jetzt die Freskcn rundum in dem Saale;

>» demselben sind die Wappen aller großen italieni-
schen Städte dargestellt. Die Wandgemäldc, welche
z»r päpstlichen Zeit dcn Saal zierten, wurdeu niit
italienischen Gobelins, Episoden aus der römischcn Ge-
schichte veranschaulichend, verhängt. Jn cincr langcn
Galerie, welche im ersten Stock aus dem Borzimmer
m die Ballsäle sührt, sind verschiedene moderne kleine
Skulpturen, darunter cinige Büslen der Köuiginncn
von Jtalien und Portugal von Monteverde, ausgestellt.

Die nach 1870 zu Ballsälen umgewandclten großen
Gcniächer sind im Stile Louis' XV. gchaltcn. Große
Spiegelwände und Vergoldungcn geben deuselbcn des
Abends einen großen Glanz. Diese prachtvollcn zwci
Säle sind ein Werk des Architekten Pericci, bei dem
dcrselbe auch als Maler und Bildhauer thätig war.
Die PlafondsreSken: „Dic drei Grazien" in dcm klcine-
rcn der beidcn Säle sind von Maccari, welchcr sich
schon srüher durch seine Fresken iu dcr Kirche „del
Sudario", der dem Hause Savoyen scit vielen Jahren ^
gehörigen Hoskirche, bekannt gemacht hatte.

Alle bewcglichen Kunstwerke, welche sich bis 1870
>n dem Quirinal befanden, sind in den Vatikan ge-
wandert, mit Ausnahme weniger chinesischer und japani- >
scher Vasen. Ein wahrhast entsprechender Ersatz hat
bis jetzt nicht stattgefunden. Hervorragend ist eigent-
lich nur der reiche Schmuck in Gobelins, welchcr eine
große Anzahl der königlichen Gemächer zierl. Die
meisten derselben stammen aus den königlichen in Pie-
mont zerstreut licgcnden Schlöffern, andere wurden

aus deu Residenzen der bepossedirten Fürsten von
Modcna, Parnia und Neapel nach Rom gebracht.
Die bedeutendsten siud die in dem Boudoir der Königin
Margarete befindlichen, welche der Geschichte Dvn
Quichotte's entnommen sind. Biele der übrigen Gobelins
sind nach Entwürfen von Boucher augefertigt, deffen
Namen dieselben auch tragen. Besonders bemerkens-
ivert ist in dcu Gemächeru der Hofdamen ein Gvbelin
von Mönageot, welcher Lionardo da Vinci darstellt, iu
dem Augenblicke als er in den Armen Franz' I. ver-
scheidet.

Jn einem der Privatgemächer dcs Königs neben
eincm lebensgroßen Olbilde dcs Kaisers Wilhclm vvu
Deutschland lder Name dcs Malcrs ist uicht ge-
nanut) iu Gencralsuniform, wclches dcr preußische
Mvnarch dem Königc Viktor Emanuel uach dem Mai-
länder Besuche schcukte, stcht cinc tüchtige Arbcit dcs
piemontesischen Bildhauers Tabacchi: die lebensgroße

Marmorstatiie ciucr „Peri".

Von den moderueu Ölbildcrn dcr königlichen Ge-
mächer ist das Gemälde des jungcn Vencziancrs Nouo,
„kst'uAiriin ?seostorum", welches auf der ersten großen
internationalen Kunstausstelliiiig in Nom, durch welche
man 1881 den Palazzo delle belle Arti einweihte, so
großes Aufsehen machte und vou dcm Könige sosort
angekauft wurdc, wohl das bcste. Die Auzahl der
Bilder ist überhaupt nicht groß. Die meisten sind
Familienporträts, wie jene des Königs, der Königiu
und des Kronpriuzcn, welcher in dcr malerischcn Tur-
nicrtracht dargestcllt ist, wclche er 1883 bei dem pracht-
vollen Turnier in der Villa Borghcse trug, gclegcnt-
lich der Hochzeit dcs Herzogs von Genua mit der
Prinzessin Jsabella von Bayern. Die drci Porträls
sind von dem Florcnliner Gordigiaui. Zwei lcbens-
große Porträts des Königs und der Köuigiii von dei»
Neapolitaner de Crescito hängen in dcm sogeuannlcn
gclbeu Saale. Jm Thronsaal.sieht man dagegen nur
cin großes Bild vou Biktvr Emauuel — gauz auf-
rechtstehende Figur in Generalsuniform, — dessen Autor
nicht angegeben ist.

Nennenswert sind von den in dcn vcrscknedcneu
Gemächern zerstreuten Bildern noch eine nieisterhafle
„Venezianische Lagune" von dem tüchtigen Vcnezianer
Guglielmo Ciardi, eine Landschaft vom Cvmersec
von dem Picmontesen Carlo Fortis, einige gute
Bilder der zeitgenössischen römischen Maler Mariani
„nd de Sanctis, und ein großes Porträt der
königin Margarete von der Hand der Frau des
itzigen Finanzministers Magliani.

ck. L.
 
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