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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Fabriczy, Cornelius von: Die Künstlerfamilie der Lombardi
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0314

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Nekrologe.

61',

616

beiden Urkunden enthiillcn uns also den eigentlichcn
Namen und die Heimat der ganzen Familie Lombardi.
— Von den drei Brüdern ist der älteste Fra Aurelio
(geboren 1501 in Venedig) seit 1539 in Loreto be-
schästigt, wohin ihm der jüngste Girolamo (geboren
ea. 1506) 1543, der mittlere Ludovico erst 1550 folgt.
Die beidcn ersteren sind dort in hervorragender Weise
an den Skulpturen der Casa Santa beteiligt. Von
Girolamo wiffen wir, daß er schon seit 1536 unter
Jacopo Sansovino sür die Bibliothek und die Loggia
von S. Marco in Benedig Bildwerke gearbeitet hatte
(Basari VII, 514); in Loreto werden ihm sechs, dem
Fra Aurelio zwei der Prvpheten an der Casa Santa
zugeschriebeu. IIm 1556 gründen die Brüdcr dann
das Gußatelier in Recanati, aus dcm die meisten der
Bronzewerke für Loreto als ihre (Thüren der Casa
Santa, Leuchter, Thür des Hauptportals, Madonna
darüber) und ihrer Schüler Tib. Vergelli und Antonio
Calcagni (Seitenportale, Taufbecken, Dcnkmal Six-
tus' V.) Arbeiten hervorgehen. Auch die Kathedralc
von Fermo bewahrt ein Tabernakel von Ludovico und
Girolamo vomJahre 1570—71(Aurelio war schon1563
in Varano gestorben), deffen Reliefs Repliken jener der
Thiiren der Casa Santa iu Loreto sind. Lodovico stirbt
1575 oder 1576, Girolamo komnit bis 1583 urknndlich
vor; nach dieser Zeit geht die Gießerei zu Recanati an
seine genannten Schüler über. Von den Arbeiten seiner
vier Söhne Antonio, Piero, Paolo und Giacomo, die
ebenfalls als Gießer gerllhmt werden, haben wir außer
ihrer Mithilfe an den Werken von Loreto keine weitere
Kunde. Die Familie wurde übrigens schon zu Zeiten
des älteren Brüderpaares in das Necanatenser Patriziat
aufgenommen und zu den ersten Gemeindeämtern be-
rufen.

Einem ganz verschiedenen Geschlecht gehört Moro
oder Moretto Lornbardo an, dem die Rekvnstruktion
von S. Maria Formosa im Jahre 1492 von der gleich-
zeitigen Chronik des Malipiero zugeschrieben wird. Er
ist der Sohn eines Martiuo Lombardo von Bergamo,
der wahrscheinlich S. Michele erbaute (1466). Auch
jener Tommaso Lombardo, dessen einziges bezeichnetes
Werk die Marmorstatue der Madonna mit dem Kinde
in S. Sebastiano ist (1547) und der außerdem als
am Bibliothekbau Sansovino's beschäftigt genannt wird,
gehvrt nicht den Solari-Lombardi an; er stammt viel-
mehr aus Lugano. Ebensowenig Alfonso Lombardo,
eigentlich Cittadella (ca. 1488—1537), der in Ferrara
und Bologna thätig und deffen Familie aus Lucca
nach dem ersteren Ort eingewandert war.

C. v. Fabriczy.

Nekrologe.

Emil Kirchncr 1°. Mit Emil Kirchner, der ain
4. 2uni d. I. mittags in Müuchen aus dem Leben
schied, ist einer jener Vorkämpfer dahingegangen, welche
den Ruhm der Mllnchener Kunst begründet nnd be-
festigt und der moderuen Künstlergeneration die Wege
geebnet haben.

Albert Emil Kirchner ward am 12. Mai
1813 in Leipzig geboren. Sein Vater, ein ehr-
samer Tischlermeistcr, schickte den Jungcn zuerst in
die Lateinschule Sankt Thomas und schon im drei-
zehnten Lebensjahre in die von Geutebrück geleitete
Bauschule. Aber der Junge wollte durchaus Malcr
werden und so trat er denn zwei Jahre später alS
Schüler Friedr. Brauers, eines trefflichen Zeichners
und erfahrenen Anatomen, an der Akademic ein. Von
Leipzig wendete sich Kirchner nach Dresden, wo
die Profefforen der Kunstakademie Johann Christian
Dahl und Kaspar David Friedrich großen Einfluß
auf ihn gewannen, jener ein entschiedener Gegner des
damals eben in der Kunst eingeriffenen Jdealismus,
aber tüchtiger Zeichner und guter Kolorist, dieser seiner-
seits tief melancholisch und poetisch angelegt. Der
Umgang mit Friedrich namentlich war es, der ihn
entschieden der Landschastsmalerei zuführte.

Erst neunzehn Jahre alt, ging Kirchncr 1832 nach
München, mutzte aber schon 1833 nach Leipzig zuriick-
kehren, um seiner Militärpflicht zu genügen, und schloß
dort enge Freundschastsbande mit Pr eller nnd
Genelli, welch letzterem er1834 uach München folgte.
Bestimmenden Einfluß auf Kirchner gewann währeud
jenes Jahres seine Bekanntschast mit vr. Puttrich,
der eben an seinem Werke über die mittelalterlichen
Bauten Sachsens schrieb und ihn zu mannigfachen
Zeichunngen dieser Art veranlaßte.

Von München aus besuchte Kirchner öfter die
nahen Alpen, Berona und Venedig; später lernte er
anch den Rhein kennen und verbrachte mehrere Som-
mer in Heidelberg, von der malerischen Schönheit des
Schloffes angezogen. Kirchner kultivirte alle Einzel-
arten der Architekturmalerei mit einziger Ausnahme
des Jnterieur, dem er wenig oder gar keine Aufmerk-
samkeit zuwendete. Bald beschränkte er sich ausschließ-
lich auf die Darstellung von Bauwerken und behandelte
die Natur ringsum nur als Nebensächliches, bald setzte
er Menschenwerk und Natur zu einander in Be-
ziehung, um so seine Gedanken auszusprechen und im
Beschauer gewiffe von ihm beabsichtigte Gemllts-
stimmungen zu erwecken. Zu den bedeutendsten Arbeiten
Kirchners, der, einer der fruchtbarsten Künstler bei
größter Strenge gegen sich selber, zahlreiche Werke in
verschiedenen öffentlichen und Privatsammlungcn hinter-
laffen hat, zählen die großen Bilder aus dem HeiLel-
berger Schloß in der Neuen Pinakothek, Verona bei
Sonnenuntergang ebenda, seine Piazzetta in Benedig
in der Galerie des Grafen Schack und seine Fontana
di ferro in San Giovanni in Valle zu Verona.

Kirchners Zeichnungen dürfen niustergiltig genanut
werden; in photographischer Nachbildung finden sich
solche in der zum Schiller-Jubiläum herausgegebenen
Gedichtsammlung Schillers von Cotta. Gleichzeitig
damit entstand eine Anzahl vorzüglicher Aguarellen
 
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