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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Die deutsche Kunst auf der Weltausstellung zu Antwerpen, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0381

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719

Kunstlitteratur.

75>0

Von den Gcnrebildern aus unseren übrigen Kunst-
städten ist vor allem einc Arbeit des vielscitigcn Louis
Kolitz aus Kassel zu erwähnen. Gegcnüber den letzten
Häusern einer Großstadt wird cine ne»e Straße ge-
Pflastert. Über den noch unfertigen Weg schreitet ein
Leichenzug, und die Steinsetzer halten init ihrcr Arbeit
inne, uin die Nuhe des Toten nicht zu stören. Über
dem Ganzen breitet sich ein prächlig gemalter Gewitter-
himmel ans, der allcrdings zu mächtig an Kolitz' von
Pulverdamps durchwehte Schlachtenhimmel erinncrt,
nm bei dicsem schlichtcn Bvrgange ganz vcrständlich zu
wirken. Aus Karlsruhe bringt die Ausstellung ein
sarbenfrisches Bildchen von Friedrich Kallmorgcn,
Milchweiber, die den Dienstboten ihre Ware aus blin-
kenden Messingkannen zusüllen. Das Ganze in einer
hellgemalten, dustigen Morgenlandschaft, worin Kall-
morgen schon oft scinc Stärkc bcwicsen hat. AuS
Weimarhat Karl Piltz ein flottes in weißlichen Farben-
tvnen gehaltenes Bildchen „Die Nähstunde" eingeschickt.
Ncun iinangenchm jnngc Mädchen, in dcren Gesichtcrn
mehr von allerlei Hoffnung als von Bildung zu lcsen
ist, sitzen bei der Handarbeit. Die eine liest vor. Recht
hübsch ist in dem Bilde geschildert, wie die übrigen
zuhvren und doch sehen, daß sie sich bcim Sticken
nicht in den Löchern ihres Canevas verzählen. Jn
dcr Ecke steht auf einem Kvnsvl cin Gipsamor, dcr in
Ermangelung cines besscrcn Zieles seinen Bogcn aus
diesen Kreis richtet. An der Wand hängt ein Knpfcr-
stich Goethe's, der natürlich in einer echtcn Wcimarancr
Nähstube nicht fehlen durfte.

(Fortsetzung folgt.)

Aunstlitteratur.

Hoffiiieistcrs, Incoli, Gesainmelte Nachrichten über Kllnstler
und Kunsthandiverker in Hessen seit etwa 30ü Jahren.
Herausgegeben von G. Prior. — Hannover 1885, Meyer.
Preis Mk. 2,5».

l'. — Der Versasser, ein Sammler, hat seit 40 Jahren,
wie die Vorrede mitteilt, llber hessische Kllnstler und Kunst-
werke genaue Notizen niedergeschrieben. Dieselben liegen
hier in alphabetischer Anordnung vor und enthalten man
chen Beitrag zur Kunstgeschichte. Werden auch nicht die
Namen aller Künstler und solcher, die der Verfasser in stark
auSgeprägtem hessischen Lokalpatriotismus dafür hält —
z B. sind ein Puder- und ein Tabaksfabrikant mit aufge-
sührt, — in die großen Künstlerlexika aufgenommen werden,
so bietet das Buch doch sehr interessante, zum Teil wichtige
Beiträge namentlich für die Goldschmiede- und Medailleur-
kunst, Baugeschichte rc. Bei einer neuen Auflage des Werkes,
welche ohne Zweifel infolge zuströmenden Materials nötig
wird, möchte man wünschen, möglichst die Daten der Geburl
und des Todes der Künstler vorangestellt zu sehen; auch
müßten Bezeichnungen, wie „lebte unter den Kurfürsten
Wilhelm k. und II." oder „zur Zeit Landgraf Karls", min-
destens durch Jahreszahlen ergänzt werden, da doch nur
wenige Nicht - Hessen mit der engercn Geschichte dieses
Landes genügend vertraut sein dürsten, um diese Zahlen
selbst ergänzen zu können. Jedensalls ist das Büchlein eine
sehr nützliche Arbeit, deren Benutzbarkeit durch die alphabe-
tische Anordnung sehr erleichtert ist.

v. — (>in dmch königlichc Muninzcnz gcsördcrtcs archi-
tcktonischcs Prachtwcrk ist in diesen Tagen im Verlage von
E. A. Sesmann in Leipzig erschienen. Es behandelt das
Lustschloß Schleißheim, einen durch seine reiche und
phantasievolle innere Ausstattung hervorragenden Barockbau.
Wie das große, vor einemIahrzehnt erschienene, ebensalls durch
UnterstützungS. M.des Königs von Bayern ermöglichte Pracht-
werk über dieMünchenerResidenz. gründet sich auch diese Publi-
kation auf tresfliche Ausnahmen des Architekten und Ober-
ingenieurs G. F. Seidel in München. Ebenso hat der
bedeutendste Architekturstecher Deutschlands, Eduard Ober-
mayer, seine Kunst wiederum an den zwöls mit minutiöser
Sorgsalt ausgesührten Stichen bewährt, denen die Seidelschen
Ausnahmen zu Grunde liegen. Ein opulent ausgestatteter
Textband giebt die »ötigen Erläuterungen zu den Tafeln,
ferner zwei alte Ansichten des Schlosses in Licbtdruck, ver-
schiedene Einzelheiten der Ornamentation und endlich eine
auf archivalischen Studien gegründete Geschichte des Bau-
werks von Johann Mayerhofer, königl. Kreisarchivssekretär
in Bamberg.

— Iakob Burckhardts „Kultur dcr Renaissance in
Italien" ist soeben in vierter Auslage bei E. A. Seemann
in Leipzig erschienen. Wie die dritte, so ist auch diese
neue Nuflage von Ludwig Geiger besorgt. Wesentliche Um-
gestaltungcn hat das berühmte, kürzlich auch durch eine
französische Übersetzung zu verdienter Anerkennung im Aus-
lande gelangte Werk nicht erfahren. Ter Herausgeber hat
sich vielmehr der Hauptsache nach darauf beschränkt, das in
den letzten Jahren publizirte Ouellenmaterial für die den
einzelnen Abschnitten angehängten Exkurse zu verwerten und
aus Grund desselben Berichtigungen und Vermehrungen ein-
treten zu lassen. Man wird diese Zurückhaltung einem
Werke gegenüber nur billigen können, dessen geistvolle Ori-
ginalität durch das Eingreifen einer sremden Hand nur zu
leicht verwischt und abgeschwächt werden könnte.

2. — Barock und Rococo. Unter diesem Titel veröffent-
licht Paul Schumann eine sehr zeitgemäße baugeschichtliche
Studie als erstes Bändchen einer neuen Folge der „Beiträge
zur Kunstgeschichte" (Leipzig, Seemann). Der in Dresden
lebende Verfasser faßt insbesondere die Entwickelung der
sächsischen Barockarchitektur unter Friedrich August I. ins
Auge. Außer der Wirksamkeit Jan de Bodts und Pöppel-
manns ist das Eintreten deS durch seine Beziehungen zu
Goethe bekannten Architekten Krubsacius in die kunst-
geschichtliche Bewegung mit einer auf eingehenden Studien
beruhenden Aussührlichkeit behandelt. Das Änton Springer
gewidmete Buch ist nicht nur lesenswert für den Fachmann,
sondern auch ein lesbarer und unterhaltender Beitrag zur
Geschichts des Geschmacks und der praktischen Ästhetik. Wir
werden auf dasselbe in einer ausführlichen Besprechung zurück-
kommen.

x. — Dcr nor-dcutsche Fachwerksban bildet den Gegen-
stand einer sehr dankenswerten Arbeit des den Lesern der
Zeitschrist durch seine Aufsätze über die alten Halberstädter
und Braunschweiger Holzbauten bekannten Architekten Karl
Lachner, Direktors der Handwerkerschule in Hildesheim,
derjenigen Stadt, in welcher für einschlägige Studien der
crgiebigste Boden vorhanden ist. Die im Laufe der letzten
Jahre an mehreren Orten, wie z. B. in Marburg, mit
Glück unternommenen und von der preußischen Regierung
gesörderten Versuche, den durch seine malerischen Reize
ausgezeichneten Fachwerksbau wieder in Aufnahme zu brin-
gen, erhalten durch die Lachnersche Arbeit einen festen Rück-
halt. Das mit Abbildungen ungemein reich ausgestattete
Buch*) giebt cine anschauliche Vorstellung von der Ent-
wickclung dieses durch seinen Formen- und ehemaligen Farben-
rcichtum ausgezeichnelen Zweiges der bürgerlichen Baukunst
von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zu dem durch das
! Eingreisen des Tünchers herbeigesührtcn Verfall der Schnitz-
kunst, die ehedem viele fleißige und geschickte Hände beschäs-
tigte. Es wäre im Jnteresse der Wiederbelebung der alten
Technik zu wünschen, daß das Werk nicht nur bei Fachleuten,

') Gcschichtc der Holzbanlunst iu Dculschlaud vou Äarl Lachncr.
I. Tcil. Dcr norddcutschc Holzbau. Mit ä sarbigen Tafcln und 182
! Tcxtillustrationcn. Lcipzig 1885, Sccinann.
 
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