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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Levin, Th.: Die Porträtgalerie in Herrenhausen, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0064

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Kunstlitteratur. — Nekrologe. — Kunsthistorisches.

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ungewöhnlicher Stelle bei zwei bisher als unbekannt
geltenden Bildnissen seflstellen. Die Gemahlin des
Herzogs von Gloucester (Wilhelm Heinrich, gcst. 1803),
Maria Walpole, hält sitzend in Halbfigur ihr nackles
Söhnchen auf dem Schoß, eine von der Jdee des
Madonnenbildes beherrschte anziehende Pvrträtdar-
stellung. Diesem im Jahre 1776 entstandenen Werke
steht das 1772 gemalte Bildnis des Gemahls cnt-
schieden nach.

Neben dem rein künstlerischen Jnteresse findet das
historisch-genealogische seine volle Rechnung. Da sieht
man Sophie Charlotte von Preußen, Elevnore d'Ol-
breuse, die Prinzessin vvn Ahlden, Karolsm/ Mathilde
von Dänemark, die durch ihre Ähnlichkeit mit der philo-
sophischen Königin frappirende Gräsin Platen, ver-
schiedene Bilder der schönen, dreimal vermählten Prin-
zessin Friederike, deren kindlich jugendliche Anniut in
einer Büste von G. Schadvw unnachahmlich geschil-
dert ist, mehrere Bildnisse ihrer vergvtterten Schwester,
der Königin Luise, welche wiederum durch ihre Ver-
schiedenheit erweisen, wie schwer diese Züge festzuhalten
waren, nnd vieles anderc, weniges ganz vhnc Jnteresse.
klnter den Männern, anßer dcn Mitgliedcrn unscres
Kaiserhauses, namentlich ein tüchtiges Bildnis vvn
Gustav Advlf, Wcllington als Rcitergencral in eincr
Kopie nach englischem Original, Leibniz u. s. f.

Die Sanimlnng verdient so gut wic jede anderc
einen wissenschaftlichen Katalvg, der freilich das
Genealogisch - Historische ebensv ins Auge zu fassen
hätte wie dcn knnstgewerblichcn Gesichtspunkt. Die
Perlen abcr svllte man dcin ncuen Museum nicht vvr-
cnthaltcn.

Düsseldorf. Th. Lcvin.

Aunstlitteratur.

>. — Mit seiner „Einfichrung in die antikc Knnst" hatte
Rud. Menge vor wenigen Jahren seiner mit Eiser ver-
tretenen Ansicht, daß es Aufgabe der Gymnasien sei, die
heranreifends Jugend mit verständigem Jnteresse sür die Kunst-
werke dss klassischen Altertuins zu erfüllen, praktischen Aus-
druck gegeben. Das Erscheinen einer zweiten Auflage des Werkes
(Leipzig, Seemann), das sich bezüglich des Anschauungsmate-
rialS auf Seemanns „Künsthistorische Bilderbogen" stützte,
beweist zur Genüge, daß der demselben zu Grunde liegende
Gedanke ein fruchtbarer war und in den Schulkreisen zahl-
reiche Anhünger gefunden hnt. Text sowohl wie Tafeln
haben in dieser neuen Auflago eins wesentliche Vermehrung
erfahren. Die Kunst der Assyrer, der Perser und Phönizier
ist in den Kreis der Betrachtung gezogen, hauptsächlich unter
Anlehnung an dis grundlegenden Untsrsuchungen von Per-
rot^und Chipiez. Auch die Vorstufen der klassischen Kunst,
die Übergänge von den orientalischen Vorbildern zu den freien
Schöpsungen hellenischen Kunstgeistes sind schärfer ins Licht
gestellt und endlich ist auch die Kleinkunst der Griechen und
Römer in ihren bemerkenswertesten Leistungen berücksichtigt.
Von streng pädagogischcm Standpunkte aus wird man viel-
leicht Bedenken hegen können gegen die größere Fülle des An-
schauungsmaterials, das von 23 auf 34 Tafeln gestiegen ist,
und gegen den in gleichem Maße angeschwollenen Kommen-
tar, der die Jugend lehren soll, wie man mit dem Auge das
Kunstwerk begreist und seine Bedeutung sich klar macht. Da-

gegen fällt aber der Vorteil um so schwerer ins Gewicht, daß
nun etwas rslativ Vollständiges geboten wird, ein lückenloser
Überblick über die Entwickelung der bildenden Künste von
ihren Anfängen in Ägypten und dem Orient bis zum Nieder-
gange der römischen Weltherrschaft. So wird das verdienst-
liche Werk der schönen Aufgabe, der es dienen soll, in noch
ausgiebigerer Weise gerecht werden.

Nekrologe.

Johann Kaspar ch. Am 23. Oktober schied in Ober-
günzburg ein jetzt fast vergessener wackerer Künstler aus dem
Leben. Johann Kaspar wurds am 2». Januar 1822 als
der Sohn eines Schreinermeisters in Obergünzburg geboren.
Er erhielt den ersten Zeichenunterricht von seinem Vater und
dem Schulgehilfen Woelfle, der eine besondere Geschicklichkeit
darin besaß, seine Schüler stufenweise zu sllhren. Durch
Profsssor Schlotthauers bekannte Liebenswürdigkeit fand
Kaspar 1838 Aufnahme an der Akadernie, wo er in die Mal-
schule des Meisters Heinrich v. Hetz eintrat und sich unter ihm,
Schlotthauer, Cornelius und Klem. Ziminermann weiter-
bildete. Heß verwendets ihn bei seinen Nrbeiten in der
Münchener Basilika des heil. Bonifazius nicht bloß zur Aus-
führung seiner Kompositionen, sondern übertrug ihm auch
dis des Kartons zur Synode zu Mainz unter dem Vorsitze
des heil. Bonifazius. Die Steinigung des heil. Stefan
komponirte der damals zweiundzwanzigjährige Kaspar völlig
srei und sührts sie auch selbständig aus. Nachher malte der-
selbe sämtliche Fresken der Chornische mit Ausnahme der
heil. Korbinian und Rupert. Von Professor Schraudolph
für die Ausschmückung des Speyrer Doms gewonnen, zeich-
nete Kaspar eins Reihe von Kartons dasiir, mußte aber
seiner angegriffenen Gesundheit halber zurücktreten und zog in
seine Vaterstadt, wo er eine lange Reihe von Bildern sür
schwäbische Stadt- und Landkirchen malte.

C. A. Rcgnct.

Aunsthistorische5.

Loliü. Auffindung cincr antikcn Bronzestatuc in Noin.
Ju den letzten Tagen des Monats September wurde bei
den Fundirungsarbeiten für die Pfeiler der neuen Tiber-
brücke an der Regola eine prächtige Bronzestatue ans Licht
gebracht, die sich in Arbeit, Dimensionen und künstlerischem
Wert jenen beiden nähert, die bei den Fundirungsarbeiten
am neuen Teatro nazionale gefunden wurden. Sie stellt
nicht, wie man zuerst sagte, einen Sklaven dar, sondern einen
jugendlichen Bacchus, stehend, das Standbein gerade, das
linke im Knie etwas vorgebogsn, völlig nackt, in der aufge-
hobenen Linken den Thyrsusstab, während die herabhängende
Rechte offenbar etwas anderes gehatten hat, das heute fehlt.
Dsn schönen jugendlichen Kopf umrahmt das feingescheitelte
Haar, vorn durch ein Diadem gehalten und mit einem
Epheukranz geschmückt; Locken hängen zu den Seiten bis
auf die Schulter herab. Das Diadsm ist in Zacken in Sil-
ber und KUpfsr eingelegt, die Augen sind aus hartem Stein,
wohl Feuerstein, eingesetzt, die Lippen aus Kupfer. Thyrsus-
stab und Apfel sind aufs feinste ciselirt; über der linken
Wade befindet sich der Abdruck einer Medaille oder eines
Geldstückes, doch hat sich bis jetzt noch nichts entzisfern
lassen. Die Figur, 1,6ömhoch, ist vollständig erhalten, nur der
rechte Futz am Knöchel abgebrochen — auch die Standplatte
ist vorhanden. Am Bruch zeigt sich eine Wandstärke von
6,1)3—0,64 III. Sie wird, gleich dsn andersn Figuren. von
bewährter Hand gegenwürtig am Palatin gereinigt und liefert
aufs neue den Beweis, daß im Tiber wohl noch manches
liegt, was sich der Mühe lohnte zu heben. — Gleichzeitig
damit ist auch eine Platte, 0,46 ni Durchmssser, mit hohem
Rand von 0,65 ni aufgefunden worden, die aufs feinste
ornainentirt ist; von einem sternartigen Mittelmotiv ziehen
sich breite Blattarabesken in Spiralwindungen über die Fläche
und auch der Rand zeigt die feinsten Blattstäbe.

Pz-. Bci dcn Restaurationsarbeiten von S. Trinitä in
Floreiiz, die kürzlich in Angriff genommen wurden, sind an
den Wänden der Kapelle, welche das bekannte Altarbild von
Lorenzo Monaco enthält, Fresken dieses Künstlers von guter
Erhaltung aufgedeckt worden. — Unter der Kirche hat man
jüngst eine Krypta entdeckt, die seit langen Zeiten verschüttet
 
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