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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Düsseldorfer Historienbilder
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0130

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247

Kunftlitteratur. — NelrolvAe.

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ihrem bekannten Talente alle Ehrc gemacht. Aber
dcr Mangel der Anerkennung ließ ihrein Ehrgeize kcine
Ruhe. Die Koniniission mnßte einfach die Beseitigung
der Vvutc und dic Erhaltnng des Deckengcinäldes an-
ordnen, zu dem die Kiinstler selbst sicher die beste Er-
gänzung gefunden hätten. Statt dcssen nimmt man
den Vorschlag der beiden an, im nächsten Sommer
ein ganz neues Dcckengcmälde nnd zugleich eine ncue
Boutendekoration herznstellen. Saussure übernimmt
die Deckc und Krast die Voute, abcr in dcm Augen-
blick, da die Arbeit beginnen soll, stieben die beiden
wie zwei jugendliche Bollblntrosse, zwischen die man
Feuer gcworfen, aus einander, nicht mehr frngend, was
aus dcm nnglncklichen Gesährt wird. Als sie dic
Kommission am Ziele empsängt, ist das Bermeidbarc
geschehen. Die Kvnimission erklärt, daß Sanssure's
Deckenbild cinc höchst anerkennenswerte Leistung sei, daß
dagegen die von Krast gcmaltc Voutc dem Deckenbilde
den schwersten Eintrag thne. Eine solche Erklärung
zu. verösfentlichen, war die Kommission sich, den Kiinst-
lern und dem Publiknm schuldig. Jhr Schweigcn ließ
dem Sturm sreien Lauf, der sich in der Presse nnd in
den Theaterkreisen erhob, sehr ungerechterwcise crhob,
denn der Zug der Amphitrite vou H. dc Sanssure ist
trotz mancher durch die phänomenale Schnelligkeit der
Aussührung bcdingten Auswüchse und llnsertigkeiten
ein höchst beachtenswertes Werk, das beispielsweise
unendlich hvch über dem Geniälde des Vorhangs im
Berliner Opernhause steht. Contra Saussure wurde
sogar der vielgepricsene hiesige Vorhang ins Feld gc-
führt, gegen den er rücksichtSlos vcrfahren sein sollte.
Nnn, der Vorhang mit seinen ganz unnötigen Nudi-
täten von leicht gesärbtem Znckerschaum ist, dcm Him-
mel sei Dank, kein moniimentales Werk und wird über
kurz oder lang zur Ehre der Kunststadt einei» würdi-
geren Platz inachen. Man beseitige Krafts postgelbe
Voute und lasse den Schvpfcr des Deckengemäldes die
pasiende ltmrahniung für seine Arbcit findcn, dann
wird nach Jahrcn Düsieldvrf zu der Einsicht komnien,
daß es ein schöncs Kunstwerk im Schlafc geschenkt
erhalten hat. D D

Aunstlittercitur.

^ Von Eugcn Mi'intz' „Raffael" ist (bei Hachette) eine
völlig umgearbeitete und beträchtlich erweiterts Auflage er-
schienen. Der gelehrte Verfasser bewährt auch hisr wieder
seine uinfassende Belesenheit und seinen Geschmack in der
Behandlung des reichhaltigen Stoffes. Er hat die Dar-
stellung in mannigfacher Hinsicht verbessert, viele neue Details
hinzug'efügt, einzelne Kapitsl vollkominen neu geschrieben,
auch 4nit den Jllustrationen eine Sichtung und teilweise
Verbesserung vorgenommen. Unter den geänderten Details
heben wir z. B. die Berichtigung auf S. l6l hervor, wo
das Fresco in der Cappella Brancacci „Paulus vor dem Ge-
fängnis Petri" nun entschieden dem Filippino zugeschrieben
wird, nicht mehr (wie in der ersten Äuflage) dem Masaccio,

freilich noch mit dem Beisatz: probablswsut ä'apiss l'ssgulsss
lalssvs xar Uasaveio. Jn dem Kapitel „Raffael und
Michelangelo" sind u. a. die interessanten Tagebuchnotizen
des Paris de Grassis, auf welche Müntz in der Oarskts äss
bsg.nx-g,rts zuerst hinwies, sür die Geschichte der Sixtinischen
Deckenmalereien verwertet. Die wesentlichsten Veränderungen
hat die Jugendgeschichte, namentlich das Kapitel II und III
des Buches erfahren, in welchen Raffaels Verhältnis zu
Perugino, zu Pinturicchio u. a. auseinandergesetzt wird.
Aber hier tritt nun freilich auch eine sehr bedenkliche
Schwäche des Autors, sein Mangel an kritischer Schärfe des
Blickes, in störender Weise hervor. Wenn Springer in der
zweiten Auslage seines „Raffael und Michelangelo" (I, 8l4)
mit vollem Rechto sagt, daß der Raffaelsche Ursprung des
sogenannten Skizzenbuches in Venedig in jüngster Zeit von
Lermolieff und Kahl „nicht bloß angefochten, sondern auch
vollkommen widerlsgt worden" sei, so will Müntz dagegen
(wie wir schon aus einer von ihm kürzlich in der Oa^etts
clss bsanx-arts unternommenen „Rettunq" des unglücklichen
„Skizzenbuches" ersehen konnten) zu unserer nicht geringen
Verwunderung die Autorschaft des Urbinaten schlechtweg
aufrecht erhalten. Die Folge davon ist, daß es in dem
Müntzschen Buche noch immer von falsch benannten Zeich-
nungen wimmelt. Auch den vielgenannten Morris Moore'schen
„Raffael" (Apoll und Marsyas), den das Louvremuseum mit
200000 Francs bezahlt hat, bekommen wir in Abbildung
und Text wieder als unzweiselhast echt vorgesetzt! Das sind
Flecken an der sonst so ansprechenden Arbeit, welche deren
Wert in den Augen deutscher Leser stark beeinträchtigen
müssen.

Nekrologe.

<Z Der Architekt Georg Adolf Demmlcr ist aiu 2. Januar
in Schwerin gestorben. Seit länger als dreißig Jahrcn der
Kunst fremd geworden, war er der gegenwärtigen Gcnera-
tion nur als Politiker und sozial-demokratischer Abgeordneter
bekannt. Mehr jedoch als seine unersprießliche politische
Thätigkeit, welche ihm selbst nur Enttäuschungen eingebracht
hat, wird seine Wirksamkeit auf dem Gebiete der Architektur
sein Andenken erhalten. Am 22. Dezember 1804 zu Güstrow
in Mecklenburg geboren, studirte er von 1819 bis 1822 auf
der Bauakademie in Berlin, wo er den Einfluß Schinkels
empfing, wurde 1828 Feldmesser in Potsdam und trat 1824
in den mecklenburgischen Staatsdienst. Hier stieg er all-
mählich bis zum Hofbaurat empor. Jn den Jahren bis
1851 führte er eine Reihe von Monumentalbauten in
Schwerin aus, durch welche er den architektonischen Charak
ter der Stadt bestimmte. Es sind vornehmlich das an den
florentinischen Palaststil sich anschließende Arsenal, der Mar-
stall, das (inzwischen abgebrannte) Hoftheater und das groß-
hsrzogliche Schloß, zu welchem er einen geistvollen Entwurf
im Stile der französischen Renaissance (Chambordstil) ange-
fertigt hatte. Noch vor der Vollendung dieses Baues wurde
er wegen Teilnahme an der politisch-revolutionären Be-
wegung der Jahre 1848 bis 1850 seines Amtes enthoben,
und das Schloß wurde unter mannigfachen Abweichungen
von seinem Entwurfe durch Willebrand und Stüler zu Ende
gebaut. Seitdem kam Demmlsr nicht mehr zu einer be-
deutendsn künstlerischen Thätigkeit. Er schloß sich später der
sozial-demokratischen Partei an und wurde von den Sozial-
demokraten in den Reichstag gewählt. Jn den siebziger
Jahren hatte ihm übrigens -der verstorbene Großherzog
wieder ssine Gunst zugewendet und 1875 wurde ihm die Er-
weitsrung des Zuschauerraumes im Hoftheater übertragen.
Während der letzten Jahre seines Lebens zog er sich auch,
durch bittere Erfahrungen belehrt, von dem politischen Trei-
ben seiner Gesinnungsgenossen zurück. Demmler besaß cine
hervorragende Begabung für das Monumentale, daneben aber
auch eiuen feinen Sinn für reizvolle Detailbildung. Die
eine wie der andere ist jedoch nicht zu voller Entwickelung
gelangt.
 
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