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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Obermayer, Eugen: Hans Canon
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Benda, A.: Zu Goethe's Kunstsammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0193

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Hans Canon. — Zu Goethe's Kunstsammlungen,

374

373

gehörte zu seinen glühendsten Verehrern. Er war
ihm das lebendige Gesetz. Zuerst nahm er seine Mal-
weise an, nach und nach erdachte und dichtete er seine
Kompositionen nur noch ini Sinne des Meisters. Die
kiihne und entschicdene Zusammenstellung ungebrochener
Lokalfarben, die Rubens, wie zuerst Otto Mündler be-
merkt, keincm Vorgänger verdankt, auf ihr beruht dcr
große Erfolg aller späteren heiligen und Profanen
Bilder Canons, und wer hätte eine „Loge Johannis",
einen „Sieg der Wahrheit", oder eine „Obsthändlerin",
vder dic schalkhaften „Bicr Elcmcnte", ja selbst dcn
tragischen „Kreislauf des Lebciis" noch mehr, noch
vollkommener in Rubens' Geist und Malweise auffassen
und schildern können'?

Dies aber war das Ziel seines Ehrgeizes und er
erreichte es nicht ohne Mühe und Not. Wir können
es nachwcisen, die ausladenden Formen, die plumpen
Gliedrnaßen ward er nie völlig los, scine „Mntterliebe"
leidct an zerstrentenLichtern, seine „MvderueMagdalena"
ist nicht nur schwerfällig, sondern anch unrichtig gezeichnet,
das „Familienglück" fiel zu derb aus, die „Schatz-
gräber" sind unschön in dcn Linien, unklar im Kolvrit;
abcr Canon war nicht ein Mann, der sich entmutigen
ließ, er bvt uns schließlich Werke, die den altcn Meister
selbst schlagen könnten, wenn dies auf dessen eigenem
Grund nnd Boden überhaupt mvglich wäre. Sv sind
denn die zuletzt angesiihrten Bilder Meisterwerke der
Nachahmung zu nennen. Wollen wir aber unseren
Canvn selbst als Malcr seiern, so müssen wir uns an
die gediegensten seiner Bildnisse halten. Diesen Ruhm,
den vollen, ungeschwächten, kann ihm niemand streitig
machen. Sein lebhaftes Naturgefühl, die Gewandt-
heit seiner Pinsclfiihrung zeigt er wvhl auch in kleineren
Genrebildern, in gcistreichen landschastlichen Skizzen,
ja sogar in cinigen wenigen fein abgetöntcn Still-
leben; aus seinen Bildnissen aber leuchtet nicht nur sein
Geist, sondern Geist und Gemüt der Dargestelltcn.
Da ist der wahre Canvn. Diesc Werke stehen für uns
ungleich höhcr als alle Bilder, die er unter der Marke
Rubens auf den Kunstmarkt brachte. Gewiß, der
Kardinal Montalto hntte nicht unrecht, wenn er, wie
Baglioni erzählt, dem Maler Tervntio d'Urbino, der
in seinen Diensten stand und sich vermaß, ihm eines
Tages einen Pseudo-Raffael anzubieten, mit den
Worten abdankte: elio grmnäo egki voisvu imstiooi
gki oräinuvu u mu68tro Oiunni »uo euoeo.

Wir geringcn Lente abcr, wir miissen noch dcm
Himniel danken, daß er uns einen so geschickten Maler
gab, dem sogar so wenig originelle Versuche sv meister-
hast gelungen.

Doch gcnug der Kritik. Da uns keinerlei Absicht
ferner lag als die, das Berdienst unseres Canon zu
schmälern, ist es uns eine freudige Pflicht, schließlich

auf ein kleines Bild aufmcrksam zu machen, das sich
^ mit einer Perle vom reinsten Wasser vergleichen läßt. Es
ist dies der „Hausaltar", den der Verblichene erst vor
zwei Jahren im Auftrage seines Freundes Wilczek malte.
Maria sitzt mit dem heil. Kinde auf einem hohen
Throne, an dessen Seiten je ein Engel andächtig betct.
Keiu florentinischer Cinguecentist hätte diese Scene
cinfachcr, inniger vvrstcllen kvnnen. Es läßt sich kaum
eine vollkonimcner durchgearbeitete Oberfläche, eine
zartere Modellirung, verbunden mit flllssigerem Auftrag
und breiterem, saftigerem Pinselstrich denken. Wie reich
war diese Palette, wie sichcr diese Technik!

Wahrlich diese Perle überzeugt uns neuerdings,
Canon hatte es, um nach seinem vollen Werte ge-
würdigt zu werden, keineswegs nötig, sich dem Ge-
folge selbst eines Rubens anzuschließen. Johann von
Straschiripka's Taleut genügte vollauf, Hans Canon
berllhmt zu machen.

Eugcn Obcrmaycr.

Zu Goethe's Aunstsammlungeii.

Jm ersten Heft des Jahrganges 1886 der Zeit-
schrift siir bildende Kunst sindet sich in dem „-4"
unterzeichneten Aufsatze über die Goethe'schen Sanim-
lungen auf Seite 12 eine Besprechung der von Peter
Vischer 1524 zu Luthcrs Ehren verfertigten Hand-
zeichnung. „Dieses Blatt wurde Goethe 1818 zum
Geburtstage verehrt", — heißt es da — „leider ist
der Name des Gebers (Blurland in Wardenberg?)
nicht mchr dentlich zu lescn."

Goethe hat selbst über den Gcber des Bildes
Auskunft erteilt. Jn der von Strehlkc herausgegebenen
Snmmlung seiner Gedichte (Berlin, Hempel) steht im
zweiten Teil anf Seite 437:

An Fürst Biron von Kurlandi).

Karlsbad den 8. September 1818.
Als Luthers Fest mit gläub'ger Schaar
Jm vor'gen Herbst gefeiert ivar,

Dacht' ich, es brauche hundert Jahr',

Uin es init Wiirde zu erneuen;

Doch beim verliehnen Ehrenbild,

Wie srnst es ist und krästig inild,

Beim Herkules und seinem Schild

Kann ich der Feier mich an jedem Tage freuen.

I) Fürst Biron von Kurland, dessen freundlicher
Neigung ich schon srüher angenehme Kunstgaben verdankts,
schickte inir von Töplitz nach Karlsbad eine höchst merk-
würdige Zeichnung. Sie ist sehr wohl erhalten, in inäßi-
gem Querfolio, von Peter Vischer, dem trefflichen Erz-
gießer, mit der Feder sehr sauber gezeichnet, ausgetuscht
und angefärbt, eine Allegorie zu Ehren Luther's vor-
stellend, welcher hier als Hsrkules siegreich aufgeführt wird.
Hiernach diirften die undeutlich geschriebencn Worte
statt „Blurland, Wardcnbcrg" w'vhl „Knrland, KarlS-
bad" zu lesen sein.

Lübsck.

A. Bcn-a.
 
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