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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0194

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375

Nekrologe. — Kunstlitteratur.

376

Nekrologe.

I'. 0. 8. Alessandro Torlonia f. Am 7. Februar
Abcnbs starb in Rvin in bem hohen Alter von 86 Jahren
der Fiirst AlessanbrvTvrlvnia; die Kunbe Vvn seinem
Ableben hat, wie wohl natürlich bei einem Manne,
Lessen Wvhlthätigkeit sprichwvrllich war, in allen Kreisen,
hoch nnd niedrig, einen mächtigen Wiederhall gefunden.
Der Fiirst war ein Enkel jenes Marino Torlony und
Sohn des Giovanni Torlony, die im Jahre 1792 von
dem kleinen Angerottes im Departement Puy-de-Dome
nach Rom kamen, wo nach dem Tode Marino's der
Vater Giovanni die Bank gründete und, durch das
Wohlwollen und die Depositen eines Napoleon l., der
Madame Lätizia, des Königs Karl IV. von Spanien und
des damaligen Papstes Pius VII. unterstiitzt, nicht nur
sein bedeutendes Vermögen sammeln konnte, sondern
anch als päpstlicher Banguier allmählich vom Bürger
zum inarollsss, zum äuoa und prinoixs aufstieg nnd
in den von ihm gekauften Palästen an der Piazza
Venezia (Palazzo Bolognetti) und an der Piazza
Scossakavalli (Giraud) alles von Bedeutung, was im
damaligen Rom sich fand, versammelte und, so zu
sagen, die Honneurs der Stadt machte. Aus seiner
Ehe mit Anna Schultheiß stammte der Fürst Alessan-
dro, im Jahre 1800 geboren; er rettete 1831 die
Kommune Rom vom finanziellen Untergange und legte
auf seine Kosten den See von Fucino trocken, eine
Jdee, an der sich schon Narciß im Jahre 50 n. Chr.
— um die Gunst des Kaisers Claudius zu erlangen,
versuchte, indem er mit 30000 Sklaven die Arbeit
begann, aber darüber starb, so daß das kolossale Werk
unvollendet blieb. Alessandro Torlonia spendete in
den 20 Arbeitsjahren, von 1855 bis 1875 die Kleinig-
keit von 35 Millionen dasür, und Viktor Emanuel gab
ihm auf Antrag des damaligen Ministers Silvio Spa-
venta den Titel eines Fürsten von Fucino, die Regie-
rnng verlieh ihm eine goldene Medaille, die an 20 000
Lirc kostete.

Als cr die Prinzeß Colvnna heimführte, baute
er in seinem Palast nach den Plänen Carnevari's das
Theater, dessen Reste noch heute zwischen den schon
Jahre lang als ziemlich unerklärliche Trümmermasse
an der Ecke der Piazza Venezia gegen die Via Nazio-
nale zu stehenden Palastkompartimenten sichtbar sind,
wohl lediglich nur ein Protest gegen den Regulirungs-
plan der Kommune. (Auch das wird anders, da der
Raum zur Verbreiterung der Piazza Venezia gebraucht
wird, um das auf der Höhe von Aracoeli aufsteigende
Nationalmonument in die Achse dss Corso setzen zu
können.) Er legte das Museum an der Lungara an
und baute den Hauptaltar in Gesü, wie die Grab-
kapelle in S. Giovanni in Laterano; er legte die Villa
Nomentana vor Porta Pia an und baute darin nach
den Plänen Caretti's das Casino, das Thorwaldsen
mit seinen Werken ausschmückte; den Granitobelisken
inmitten der Anlage, ließ er von Baveno kommen,
den Po herunter durchs Meer und den Tiber und
Anio hinauf. Er kauste vom Fürsten Albani die be-
rühmte Billa vor Porta Salaria und vermehrte die
vorhandene reiche Sammlung von Kunstwerken be-
deutend, noch in den letzten Jahren eine Kollektion
von Abgüssen der besten Werke hinzufügend, die Profeffor
Helbig auswählte. Er restaurirte das Apollotheater,

das Teatro Argentina und das alte Teatro Alibert;
er baute das Konservatorium Tvrlonia an S. Ono-
frio, wo 80 Waisenkinder und 40 Alte untergebracht
sind, ein Kinderasyl und eine Schule für 300, die hier
verpslegt, gekleidet und unterrichtet werden, ein chirurgi-
sches Ambulatorio und dergl. mehr; in seiner Bilanz
stand eine Summe von Iff^ Million für Kunstsachen.

Neben ganz bedeutenden Besitztümern an Grund
und Boden, Landgütern und Villen in allen Teilen
Jtaliens und einem ganz außergewöhnlichen Reichtum
an Mobiliarwert hinterläßt er ein kostbares künstleri-
sches Erbteil, das allein schon ein koloffales Vermögen
repräsentirt. Dns Musenm an der Porta Settimiana
ist auf 35 Millionen geschätzt, die Billa Albani auf
15 Millionen.

H. B. Endrulat -h. Jn Posen verstarb am 17. Febr.
nach kurzem, absr schweren Leidsn der königl. Staatsarchivar
vr. Bernhard Endrulat im Alter von S7Y2 Jahren. Er
war ein Mann von seltener poetischer Begabung, von dem
regsten Jnteresse fllr alles das, was Kunst und Wissenschaft
betrifft, beseelt und voll von glühender Vaterlandsliebe, die
er in harten Kämpfen an der Nord-, West- und Ostmark des
Deutschsn Reiches bethätigte. Jn nähere Beziehungen zur
bildenden Kunst trat er besonders rvährend seines Düssel-
dorfer Aufenthaltes von 1876—1882. Hler zeichnete er sich
namentlich durch seine eifrige Mitwirkung an dem „Mal-
kastenfsst" aus, über welches er unter Beihilfe der dortigen
Künstlsr ein schönes Prachtwsrk veröffentlicht hat. Manches
hervorragende Talent, besonders unter den Malern, ist seinem
Rate und seiner Fürsprachs zu Dank verpflichtet, und viele
Mitglieder des Malkastens trauern um einen trsuen Freund
und einen heitsren, liebsnswürdigen Gesellschafter. Geboren
war er am 24. August 1828 zu Berlin; unter seinen Gedich-
ten („Gsdichte" 1857; „Geschichtsn und Gestalten" 1863 u. s.w.)
befindsn sich viele von großer Formenschönheit und tiefer
Empfindung. Auch ein sphragistisches Prachtwerk gab er
hsraus: „Niederrheinische Städtesiegel vom 13. bis 16. Jahr-
hundert" (Düsseldorf, L. Voß <L Co ). Für unsere Zeitschrift
hat er wiederholt Beiträge geliefert.

Aunstlitteratur.

U. L. Beschreibung des Königreichs Württcmberg. Es
dürfte für die Leser von Jnteresse sein, zu ersahren, daß
die große Beschreibung des Königreichs Württemberg (die
sogenanntsn Oberamtsbeschreibungen) vor kurzem vollendet
worden ist. Mit dem 64. Bande, der Beschreibung des Ober-
amts Ellwangen, ist das Werk zum Abschluß gelangt. Es
ist die vollständigste historisch-topographische Beschreibung, die
überhaupt existirt; kein anderes Land hat etwas Ähnliches
aufzuweisen; eine unsrschöpfliche Fundgrube nicht allein für
den Geographsn und Statistiker, sondern auch sür den Histo-
riker und Kunstforscher. Und in dieser Richtung ist das Werk
wohl am meisten benutzt worden. Schon im Jahr 1812 hat
der damalige Präzeptor Memminger in Cannstatt eine
Beschreibung der Stadt Cannstatt und ihres Bszirks verfaßt,
dem eine Bsschreibung von Stuttgart und Ludwigsburg folgte.
Diese Büchsr fanden Anklang, und die württembergische Re-
gierung unternahm es, nachdem im Jahr 1820 eine besondere
Stelle für die Vaterlandskunde unter dem Namen des stati-
stisch-topographischen Büreaus errichtet war, eine Beschreibung
des ganzsn Landes herauszugeben, und beauftragte damit den
inzwischen zum Professor ernannten Memminger. Das erste
Heft, die Beschreibung des Oberamts Reutl'ingen, erschien
1824 mit einer Ansicht der Stadt und einer Karte des Be-
zirks. Jm Laufe der Zeit traten selbstverstündlich wieder-
holte Änderungen in der Redaktion ein. Jn den vierziger
Jahren war vorzugsweise Finanzrat Moser dabei beteiligt;
von 1850—78 der bekannte Archäologe Paulus, nach dessen
Tode trat dessen Sohn und Prof. Hartmann in dis Redak-
tion ein, welchs auch das Werk vollendet haben. Der Um-
fang eines Bandes, der anfänglich nur 13 bis 15 Bogen
ausfüllte, wurde nach und nach immer mehr erweitert, so
 
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