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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Valentin, Veit: Der neue van Dyck im Städelschen Institut
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Neues über die Frauenkirche zu Eßlingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0200

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Der neue van Dyck iin Städelschen Jnstitut. — Neues über die Frauenkirche zu Eßlingen.

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werpen, welcher an der viertägigen Seeschlacht (2ossl.)
teilgenommen hat. Diese ist aber keine andere als die
bernhmte Seeschlacht vom 11. bis 14. Juli 1666 nnter
Cornelius Tromp gegen die Engländer. Nun zeigt
uns das Bild einen Mann von 25 bis 30 Jahren.
Van Dyck aber ist, durch die Unruhen in England
veranlaßt, im Herbst 1640 einige Zeit in Antwerpen
gewesen: im Anfange des Jahres 1641 kehrte er nach
England zurück, wo er am 9. Dezember desselben
Jahres starb. Das Jahr 1640 als Entstehnngsjahr
des Bildes wiirde mit der Notiz betreffs der See-
schlacht sehr gut stimmen: H. du Booys wäre 1666
ein Mann von 51—56 Jahren gewesen, ein Alter,
welches sür einen Befehlshaber sich sehr wohl denken
läßt — ein solcher aber muß er gewesen sein, da seine
Teilnahme an der Schlacht doch wohl hervorragender
Natur gewesen sein muß, um in weiteren Kreisen be-
kannt und als merkwiirdig behalten zu werden.

Diese Zeit 1640 und der kurze, wenig ruhevolle
Aufenthalt van Dycks in Antwerpen in diesem Jahre
mag den Charakter der Malerei, die im Gegensatz zu der
sonst uns begegnenden feincn und sorgsamen Durch-
führung etwas Skizzenhaftes hat, mag eine gewisse
Derbheit slotter Mache erklären, die so manchen be-
wogen hat, das Bild dem Meister absprechen zu wollen.
Sicherlich mit Unrecht: van Dyck verstand es wohl,
seine Malart der Aufgabe anzupassen, die hier eine
einfache war, und zu deren Ausführung er zudem
nur wenig Zeit haben mochte. Die Kleidung des
Mannes ist schwarz; der Hintergrund ist dunkel ge-
halten, der Ton fällt durch seine Wärme auf und
stimmt dadurch vortrefflich zu dem kräftigen Ton im
Gesichte des Mannes. Hierbei überrascht neben dem
Wettergebräunten Teint des Gesichts die helle Stirn:
bei dem der Witterung ausgesetzten Seemann zeichnet
sich der Gegensatz des Gesichtes zu dem in sreier Luft
bedeckten Teile des Kopses scharf aus.

Die Erhaltung des Bildes ist bis auf eine Stelle
über dem linken Auge eine gute: hier hat irgendwelche
Verletzung stattgefunden, welche eine nicht glückliche
Ausbesserung erfahren hat.

V. Valenti».

Neues über die Frauenkirche zu Lßlingen.

Ein Vvrtrag, in welchem Hosbaudirektor v. Egle
jüngstim Verein sür Baukunde zuStuttgart das genannte
Denkmal der schwäbischen Gotik eingehend behandelte,
bot so viel interessante neue Ausschlüsse über die Bau-
geschichte und Konstruktion desselben, daß deren kurze
Mitteilung dcm Leserkreis dieser Blätter gewiß er-
Wünscht sein wird. Es konnte jener aber auch kaum
von berufenerer Seite ausgehen als von dem Künstler,
der vor einem Vierteljahrhundert die innere Reslauri-

rung der Kirche in so vollendeter Weise ausgeführt
hat und seit zwei Jahren nun auch ihre äußere
Wiederherstellung leitet. Diese ist es, die ihm — einem
der gediegensten und auch schöpferisch fähigsten Meister
deutscher Gotik — Anlaß zur eingehendsten Unter-
suchung des Zustandes der einzelnen Bauteile und zu
einer bis auf das kleinste Detail sich erstreckenden Auf-
nahme des Denkmals gab, als deren Resultat er
nunmehr die auf mehr denn dreißig Tafeln ausgeführte
Darstellung desselben, ehe sie der Ösfentlichkeit über-
geben wird, dem Verein vorführte, indem cr daran die
nachfolgend resümirten Aufschlüsse knüpfte.

Die aus der Stilkunde und den Steinmetzzeichen
abgeleiteten Nachweisungen über das Alter der einzelnen
baulichen Bestandteile der Frauenkirche sühren zu Resul-
taten, welche von den durch vr. Pfaff, den Geschichts-
schreiber 'derselben, seinerzeit gemachten Annahmen und
auch von den neuerlichen Feststellungen Klemms im
wesentlichen abweichen. Die östliche Seite, namentlich
das südöstliche Portal zeigt viel altertümlichere Formen
als die Westseite. An jener erscheint die Architektur,
namentlich in der Anlage der zn hohen Fialen, noch
ziemlich ungelenk, während die um sechzig Jahre
jüngere Westfront ein viel ausgebildeteres architektoni-
sches Formengefühl aufweist. Gerade der umgekehrte
Fall tritt beim Skulpturenschmuck beidcr Seiten auf,
entsprechend der historischen Entwickelung dieses Zweiges
der gotischen Kunst. Aus den Formen des Maß-
werkes schließend, weist Egle dem Chor eine erheblich
frühere, mit dem Beginn des Baues nahezu zusammen-
fallende Entstehungszeit zu, während Pfasf und Klemm
diese etwa um das Jahr 1500 glaubten ansetzen zu
sollen. Die stilistischen Gründe für jene Annahme
werden überdies unterstützt von der Erwägung, daß
die Fälle, wo die Errichtung des Chores jener des
Langschiffes folgte, sich in der gesamten Geschichte der
mittelalterlichen Baukunst nur ganz ausnahmsweise
nachweisen lasien, wie dies ja durch die Bedürfnisie
des Kultus bedingt gewesen sei. Die Anlage des Baues,
als reine Hallenkirche, dürfte nach Egle's Ansicht schon
auf Ulrich von Ensingen zurückzuführen sein, der seit
1398 die Oberleitung hatte, und dem jedenfalls auch
auf den Entwurf des Turmbaues entscheidender Ein-
fluß zugewiesen werden muß, da der Turm im Erdgeschvß
den gleichen Grundriß zeigt wie die wahrscheinlich auch
von MeisterUlrich herrührende Konzeption derUlmer und
Berner Münstertürme. Dagegen ist nach genauen Unter-
suchungen die im Jahre 1811 umgebaute Sakristei in
ihrem Unterbau nicht so alt, wie seither angenommen
wurde; man wird sich bei dcr Restanratio» streng an
die vorhandenen Reste zu halten und derselben einen
Polygonalen Abschluß zu geben haben. Auch dem Eß-
linger Turmbau spricht Egle einen einheillichen Ent-
 
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