Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

DOI Artikel:
Neues über die Frauenkirche zu Eßlingen
DOI Artikel:
Neue photographische Aufnahmen von Alinari
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0201

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
389

Neues über die Frauenkirche zu Eßlingcn. — Neue photographische Aufnahmen von Alinari.

wurf zu, der trvtz der langen Zeit seiner Ausfiihrung
auch eingehaltcn wvrden fci. Übcraus interessant warcn
die Aussührungen dcs Vortragendeu über die konstruk-
tiven Vorkehrungen, die von den Baumeistern zur
Sicherung der kllhnen Anlage des achteckigen Glocken-
hauscs und des schlanken durchbrochenen Turmhelmes
getroffen wurden. Doch muß hier betrefss näherer
Einzelheiten auf die zu erwartende Publikativn vcr-
wiesen wcrdcn.

Zum Schluß gab Egle an der Hand der Bau-
urkunden und der vorhandenen zahlreichen Steiumetz-
zeichen eine Übersicht der Baugeschichte und des An-
teiles der am Bau beteiligten Meister, wobei die
denselben eigentümlichen Konstruktionen, insbesondere
bei der Turmanlage, als wcitcres Bcwcismittcl herbci-
gezogen wurden. Hiernach war das auf Kaiser Lud-
wig dcn Bayer gelegte Jntcrdikt, wclchcs dcn ihm
anhängenden Bürgern von Eßlingen die vom Bischvf
von Speyer abhängige Dionysiuskirche verschloß, im
Jahre 1321 die Veranlassung, an dcr Stelle eiuer
schvn seit 1267 bestehenden Marienkapelle die Frauen-
kirche zu erbauen. Jm Jahr 1335 wurde der Chor
untcr Mcistcr Ulin (st 1359) Vvllendet; 1350—52 der
Hochaltar errichtet; zwischcn 1390 und 1400 cin Haus
zur Verlängerung der Kirche angekauft; seit 1398—
1419 unter der Oberleitung Ulrichs von Ensingen am
Schiff und Turm gebaut und im Jahre 1425 unter
Leitung des Matthäus Ensingcr (vou 1419—1463),
dem Sohne Ulrichs, durch Hans Hälin (von 1424 — 36)
das Schiff und zwar zugleich mit dem Gewölbe voll-
eudet. Jn den Jahren 1436—38 kommt Mathias
Ensiuger als Polier vor, dem seit 1440—82 Hans
Böblinger als Kirchenbaumeister und eigentlicher Er-
bauer des Turmes (vom Oktvgvn beginncnd aufwärts)
svlgte. Aus dem durch den Krieg zwischen Eßlingen
und den Herzögen von Württemberg um diese Zeit
bedingten Stillstand des Baues stammen wohl die dem
Meister zugeschriebenen, dnrch ihre Schönheit berühm-
ten Kapitäle, an dem Baldachin, der sich jetzt über
seincm Grabstein wölbt. Jm Jahre 1464 erscheint
der Turmhelm vollendet und wird, nach Herstellung
der Fialen durch Stephan Waid, den Schwiegersohn
Hans Böblingers, im Jahre 1471 ausgerüstet.

0. v. U.

Neue photographischs Aufnahmen von Alinari.

Wir glauben manchen Lesern der Kunstchronik
einen Dienst zu erweisen, wenn wir hier auf die schöne
und reichhaltige neue Sammlung von Photographien
ausmerksam machen, die von der bewährten Florentiner
Firma der Gebrüder Alinari in Venedig und in Padua
seit dem vorigen Herbst zu stande gebracht und kürzlich
publizirt worden sind. Obwohl vieles darunter in Vene-

390

dig selbst von verschiedenen Seiten bcreits photographirt
wvrdcn war, so darf doch dem neuen Unternehmer der
Vorzug zuerkannt werden, daß er keine geringe Zahl
von bisher außer Acht gelassenen Gegenständen aus
dem reichen Schatze dcr genanntcn Städtc zum erstcn-
mal aufgcnommen und zu mäßigen Preisen jeder-
mann zugänglich gemacht hat.

Aus Venedig kommen außer den zahlreichen
Vedutcn besondersciuige hervvrragcndeWcrke im Jnncrn
der Kirchen und der Häuser in Betracht. Wir nennen
beispielsweise die Skulpturen aus Santa Maria dei
Miracvli, als Muster dcr feinsten Renaissancedekvra-
tion, ferner die Reliefdekorationen vom Äußeren und
aus dem Jnneren des in seiner Art einzig dastehenden
Chorraumes der Frari, die bckannten stilvvllen Pla-
fonds in den Zimmern der Dogenwohnung (mit gvl-
denen Ornamenten auf blauem Grunde) und die drei
herrlichen kandelaberartigen Fußgestellc für die Flaggen-
maste auf dem Markusplatz. Jn der Kirche della Salutc
dcu reichverzierten Bronzelenchter von A. Bresciano,
in dem nahe daneben liegcnden Oratorium des Semi-
uars die wcniger bekanntc wichtige Porträtbiistc des
Jacvpo Sansovinv in Bronze, Vvn Alessandro Vittvria,
sowic in der Madonua delt' Ortv die iu fciuem weißeu
Marmor gemeißelte Büste Les Feldherrn Tvmmaso
Contarini, gleichfalls eines der Meisterwerke des trefflichen
ebcugenanntcn Porträtistcn. Auch unter den würdigeu
Denkmälern von berühmten Männern, die sich in den
Kirchen finden, sind uns mehrere aufgefallen, die wir
noch nie abgebildet gcfundcn hatten. Ferner sei ganz
besonders des höchst charakteristischen marmornen Altar-
wcrkes in der Taufkapcllc dcr Frari gedacht, mit Nischen,
wclche die merkwürdigsten Statuen von den Brüdern
delle Massegne und von späteren Meistern einschließeu.

Auch von Werken der Malerei ist viel Neues auf-
genvmmen worden. Jn erster Linie machen wir auf
Tizians Madonna der Familie Pesaro aufmcrksam,
wclche ncucrdings durch cine, wenn auch etwas gewagte,
Restauration eine hellere Farbenstimmung bckommen
hat. Jn der kleinen Sammlung des Seminars ist
das kvstbare Juwel von Filippino Lippi, die Flügel-
bilder zu einem niederländischen Veronikabildnisse, zum
erstenmal abgebildet worden. Jm Pal. Ducale
nicht nur eine Folge von Dekorationsbildern von
P. Veronese und von Tintorctto, sondern auch die
kleinen Gcmälde in der chemaligen Kapelle, nämlich
eine Madouna mit dem Kindc, welche dem Cima da
Concgliano zugeschrieben wird, i>l der wir aber die
Hand des weniger häufigen Bartolommeo Veneto (vgl.
das bezeichnete Bild in Bergamv) zu erkennen glauben,
und die zwei dem Giorgione zugeschriebenen Kompv-
sitionen, die keinem andercn Maler gehören als deni
Bcrgamasker A. Previtali.
 
Annotationen