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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Langl, J.: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [1]
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Gregorovius, Luca Ferdinand: Die Zerstörungen beim Umbau Roms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0233

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Die Zerstörungen beim Umbau Roms.

454

45?.

ein wenig bedeutendes Snlvnbild unter dem Titel
„Mutterglück" ansgestellt; die Technik erinnert an
Munkacsy. — Voll friedlich heiterer Stimmung sind zwei
Bilder Vvu I. Kinzel; um dcn „Schlesischen Guck-
kastenmann" haben sich eine Schar ganz reizender Kin-
der geschart und der „Unerwartete Rivale" ist mit
köstlichen Zügen ausgestattet. — Einen kleinen Trefser
im heiteren Genre hat auch E. Strecker mit seinem
„Versteckten Herzen" gemacht. Jm Detail mangelt wvhl
nvch der lctzte Schliff, aber das Ganze ist gnt aufgc-
saßt und geschickt gegeben. — Karger hat ein Klvster-
gartenidyll zur Anschauung gebracht, wundersam
gezeichnet und duftig in derStimmung. — Bvn H. Char-
lemont finden wir wieder ein Schmiede-Jnterieur,
daS mit der Gewissenhaftigkeit eincs Menzel durch-
geführt ist; aber nicht nur als Kleinmaler, auch iu
einem größeren Gemälde begegnen wir diesmal dem
Künstler; dasselbe wäre eigentlich den „Stillleben" zu-
zuzählen, wenn nicht ein reizendes Mädchen in altfran-
zösischer Tracht darin als Staffage sungirte. Jn den
Blumen, Früchten und sonstigem Beiwerk klingt uvch
Makart nach; es ist darin eine Kraft entwickelt, welche
dem zart gemalten Köpfchen der Schvnen fast gefähr-
lich wird. — Mit bewunderungswürdiger Unmittelbarkeit
stellt uns Eugen Blaas moderne Venetianer Typen
dar und weiß denselben auch die nötige psychologische
Ausstattung mitzugeben. Jn dem Bilde „Uncnt-
schieden" hat dcr Künstlcr zwei Mvdelle zusammeu-
gruppirt, wie sie trefflicher kaum zu denken sind. —
Treu seinen künstlerischen Traditivnen bleibt Fried-
länder, seine und Jnvalidenbleiben jene urgemütlichen
Gestalten, wie sie nur unter den vsterreichischen Vete-
ranen zu finden sind. Die beiden ausgestellten Bil-
der gehvren zu den bestcn, die der Künstler in diesem
Gcnre gemalt hat.

(Fortsetzung folgt.)

Die Zerstörungen beiin Umbau Roins.

Schvn vor Mvnaten haben wir an dieser Stelle dic
Verwüstungen gekennzeichnet, von welchen die „ewigc
Stadt" in ihrer neuestenÄraheimgesucht wird. Von allen
Seiten erheben sich jetzt gewichtige mahnende Stimmen
gegen diescn bcsonders den herrlichen Villen drohenden
Vandalismus. Ferdinand Gregorovius, der bereits
früher einmal über die Zerstörung der mittelalterlichen
Denkmäler Rvms Klage geführt, sendct soeben ange-
sichts der jüngsten Ereigniise nvch fvlgendcn „Offenen
Brief" an de» Präsidentcn der schonen Küuste von
S. Luca in Rom:

Hochgeehrter Horr!

Wenn Sie auf die Stimmen der ausländischen Presse
achten, werdsn Sie gewahren, datz man diesseit der Alpsn
das Fortschreiten des jetzigen Uinbauss der Stadt Rom

mit steigender Aufmerksamkeit verfolgt'). Dies ist kein
Wunder. Dsnn Rom wird, wie in alten Zeiten, so auch
noch heute, als das erhabenste Denkmal der Geschichte von
allen Gebildeten verehrt.

Keiner civilisirten Nation kann es gleichgültig sein,
in welcher Gestalt dies Heiligtum der Menschheit heute der
Mitwelt und Nachwelt überliefert wird. Am wenigsten
wird man sich wundern, dnß die Deutschen dnran inner-
lich so sehr beteiligt sind, denn sie lieben Rom mit einer
alten und legitimen Leidcnschaft, welche hundertjährigs Be-
ziehungen der Geschichte imd der wissenschaftlichen Kultur
zur Genüge erklären.

Jch glaube aber auch, datz den Römern und Jtalienern
das Nrteil nicht gleichgültig sein kann, welches sich bei be-
freundeten Völkern über die heutige Umwnndlung Roms
bildet, zumal diese untsr den Metamorphosen, welche dis
ewige Stadt seit Augustus erfahren hat, leicht eins der
größten sein und das Gepräge derselben für lange Zeit be-
stimmen wird.

Dreizehn Jahrhunderte hindurch ist Rom dem Schutze
des Papsttums anvertraut gewesen, welches seine Aufgabe
mit großem Römersinn vollführt hat. Als nun die wslt-
liche Herrschaft desselben erlosch, hat das übereinstimmende
Europa die ewige Stadt naturgemäß in den Schutz dss
geeinigten Jtalien gestellt, und es ist schon anderswo ge-
sagt worden, daß niemals ein Volk der Erde eine erlauch-
tere Hauptstadt und mit dieser eine gleich schwere

1) Socben bringen die Tagesblütter aus München fol-
gende „Erklärung": Der Notruf für die Erhaltung Roms,
welchen Herman Grimm in der „Deutschen Rundschau" und
Gregorovius in der „Allgemeinen Zeitung" erhoben, ist aus
dem Herzen dcr ganzen gebildcten Welt gesprochen und findet
in Deutschland lebhaften Wiederhall. Wir, und Tausende
mit uns, die dem Aufenthalte in der ewigen Stadt edelste
Lebensertnnerungen verdanken, möchten jene weihevolle An-
schauung des Großen und Schönen auch den kommenden Ge-
schlechtern to unangetastet als möglich bewnhrt wissen. Wir
erklären das Selbstverständlichs ausdrücklich, weil wir ver-
nehnien, daß dn, wo jene Darstellungen wirken sollen, man
sich bemüht, sie für vereinzelte Stimmen auszugeben. Nie
war das Urteil aller Einsichtigen einmütiger. Wir freuen
uns dsr Einigung Jtaliens und seines Aufschmunges: wir
verkennen das Rscht der Lebenden nicht; aber wie warnen,
es dort zu mißbrauchen, wo es den Fordsrungen des Gemüts
nnd der Geschichte aus bloß materiellsn Rücksichten feind-
selig entgegentritt. Rom ist eine ideale Haupt- und Vater-
stadt aller Männer der Kunst und Wissenschaft, ein Reiseziel
für Frsunde des Erhebenden und Schönen aus allen Ländern,
und indem wir erwägen, was auch das heutige Rom so
vielen von denen, dis zu ihm wallfahrtsn, schuldig geworden
ist, dürfen wir uns wohl den hochherzigen Jtalienern selbst
anschließen, welche das Erbe der Vergangenhsit auch der
Zukunft in würdiger Gestalt überliefern wollen. Münchsn,
im Frühling 1886. Or. Baumeister. H. Brunn. M. Car-
riere. W. Christ. I. v. Döllinger. vr. Flasch. vr. I.
Frisdrich. W. v. Giesebrecht. Paul Heyse. Kriebel. Franz
v. Lenbach. Or. Hermann Lingg. Franz v. Löher. C. v.
Piloty. vr. v. Prantl. I. L. Raab. F. Reber. A. v. Roth-
mund. R. Schöll. L. Thiersch. Max v. Widnmann. E.
Wölfflin.
 
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