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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Strzygowski, Josef: Neuentdeckte Handzeichnungen Botticelli's zum Inferno
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0242

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471 Neusntdeckte Handzeichnungen Botticelli'8 zum Jnferno. — Kunstlitteratur und Kunsthandel. — Nskrologe. 472

dort zu verbergen, werden aber iiberall aufs neue vvn
den Hunden angefallen. An einer Stelle links im
Vordergrunde steht Virgil fragend vor einem der Un-
glücklichen.

— vorso. Text zum zwolften Gesange:

Rn lo looo ovs nsosnäsr ls, riva

l?oi si rivolss & ripxussossi il Zng.ro.

Fol. 103 reoto. Herrliche Jllustration, bezeich-
net als die zum zwölsten Gesange. Mit der Fedcr
vollendet. An die Flammengräber von Dis schließen
sich wilde Felsmassen. Rechts oben empfängt die bei-
den Wanderer der wilde Minotaur und vollführt gleich
dancben seine leidenschaftlichen Sprünge. Jnzwischen
schreiten die beiden zwischen den Felsmassen herab und
werden nnten vvn drei Kentauren mit aufgelegtem
Pfeile empfangen. Jm Vordergrunde dehnt sich der
Blutstrvm ans, in dem die Gewaltsamen auftauchen,
um sofort die Zielscheibe der am Ufer auf und ab
stürmenden, bogenbewaffneten Kentauren zu werden.
Dante und Virgil schreiten von dem köstlich als alter
Glntzkops gegebenen Nessus geleitct nach links und be-
finden sich schließlich am anderen Ufer dem nächsten
Kreise zuschrcitend.

— vsrso. Text zum elften Gesang:

III sn Ig skrsniitn änn gltg rixg

bllbglro vig Ig oltrg si äisinontg.

Wenn wir diese Blätter in die richtige Reihen-
solge bringen, so zeigt sich, daß wir im Vatikan das
Titelblatt zum Jnferno und die sieben Jllustrationen
zuni ersten, neunten, zehnten, zwvlften, dreizehnten,
sünfzehntcn und sechzehnten Gesange habcn. Dazn
tommen in Berlin die Blättcr znm achten und vom
siebzehnten Gesange an. Svmit fehlen nun noch zum
Jnferno acht Jllustrationen, daruntcr die Folge zwci
bis sieben. Jch habe in den meisten hiesigen Biblio-
thekcn nach dieseni Rest gesncht, bis jetzt aber keinc
sichere Spur gefunden.

Jch glaubc, daß die gefnndenen Blätter mit zn
den schönsten der, was Reichtum der Phantasie anbe-
langt, jedenfalls obenan stehenden Jllustrationen dcs
Jnferno gehören dürften. Es ist eigentlich zu be-
dauern, daß das Gesamtblatt der Hölle in Farben aus-
gcsührt ist, denn es hat damit den wahren Geist
Botticelli's zum Teil vcrloren. Wie anders wirkcn
die kühn durchgeführten Federzeichnungen! Der große
Künstler hat sich nicht ängstlich an die Metallstiftskizze
gebunden, jeder Federzug ist kühn und aufs neue selb-
ständig empfunden, der ursprüngliche Entwurf bildet
gleichsam nur den Rahmen, in dem sich der Geist nun
um so großartiger entwickelt. Dem größten italieni-
schen Dichter stellen sich diese scine in bildliche Form

gebrachten Gesänge würdig gegenüber und heben den
bis vor wenigen Jahren unterschätzten Künstler in die
erste Reihe der aufstrebenden Quattrocentisten.

Jn den auf dem Vatikan entdeckten Blättern
haben wir auch eine bedeutende Bereicherung des Mate-
rials erhalten, welches als Kriterium zur Klärung der
Frage dienen muß, ob die Stiche von 1481 wirklich
auf Botticelli zurückgehen. Denn da von den Stichen von
1481 nur achtzehn erhalten sind, so hatte man bisher
nur drei der in Berlin befindlichcn Blätter zur Ver-
gleichung, während sich ihre Zahl jetzt anf zehn ge-
steigert hat.

Leider kann ich die Vergleichung bis aus den ersten
Gesang, in dem allerdings die stärkstc Abhängigkeit
hervortritt, im Augcnblicke nicht durchsühren, da ich
das einzige, wie es heißt, im Batikan befindliche
Exemplar mit achtzehn Stichcn bisher nicht auftreiben
konnte. Jch hoffe jedoch bald Gelegenheit zu haben,
mich auch darüber zu äußern.

Rom. 1)i. I. Strzygowski.

Irunstlitteratur und Aunsthandel.

— Karl Woermann hat dis ihm seinerzeit aus der
l Hinterlassenschaft Woltmanns überkommene Aufgabe, die
! Geschichte der Malerei iveiter und zu Ende zu führen,
s neuerdings rüstig gefördert, so datz nunmehr der Abschluß
des wichtigen Werkes nicht mehr lange auf sich warten lassen
dürfte. Die U>. Lieferung (lll. Bandes vierte Lieferung)
s bringt den Schluß des die französische Malerei des 17. Jahr-
hunderts behandelnden dritten Abschnittes der ersten Ab-
teilung des dritten Bandes und den ersten Abschnitt der
zweiten Abteilung, dessen Jnhalt die vlämische Schule des

17. Jahrhunderts bildet. Dem Großmeister Rubens ist da-
bei nach Gebühr ein breiter Platz eingeräumt und dessen
künstlerisches Wssen ausgiebig durch schöne, zum Teil aus
der Werkstatt von Th. Knesing hervorgegangene Holzschnitte
erläutert. Das Erscheinen der nächsten (17.) Lieferung wird
von dem Verleger (E. A. Seemann in Leipzig) für den Herbst
dieses Jahres in Aussicht gestellt. Damit ist gegründete
Hosfnung vorhanden, datz das ganze Werk, da es mit dem

18. Jahrhundert abschließen soll, im Jahre 1887 nach zehn-
jühriger Arbeit zu Ende geführt werden wird.

lsr. Byzantinische EmailS. Vor kurzem sind uns einige
Probedrucke von den Tafeln zugekommen, die für eine Pracht-
publikation der byzantinischen Zellenemails aus der Samm-
lung des russischen Staatsrats Swenigorodskoi bestimmt
sind. Die erwähnten, überaus kostbaren Werke byzantinischer
Goldschmiedekunst sind bisher nur durch eine als Manuskript
gedruckte Abhandlung von Kaplan Joh. Schulz einiger-
matzen bekannt geworden. Derselbe Gelehrte arbeitet nun
auch einen ausführiichen Text für die erwähnte Publikation.

Auf Veranlassung des MuscumS in Dannskadt sind von
den wichtigsten Baugliedern der aus Karolingerzeit stammen-
den Lorscher Halle, von den Kapitälen, Vasen, Gesimsen
Abgüsse in Gips angefertigt worden, welche für Lehranstalten
und Museen zum Herstellungspreise zu beziehen sind.

Nekrologe.

« Karl Albcrt Rcgnct, unser langjähriger Mitarbeitcr, ist
am 7. d. M. abends nach schwersm Leiden gestorben. Er
war 1822 in Straubing geboren und gehörte bis 1868 dem
bayerischsn Staatsdienst an. trieb aber schon seit der Jugend
mit Vorliebe kunstlitterarische Studisn und zählte zu den
tüchtigsten Kennsrn der gegenwärtigen, besonders der Mün-
chener Kunstzustände. Außer zahlreichen Beiträgen zu perio-
 
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