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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Lübke, W.: Thorn im Mittelalter, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0275

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537

Nskrologs.

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kleineren und einen größeren Scial mit einer Laube
sowie eine Anzahl von Verwaltnngsräumen umschloß.
Endlich bringt der Verfasser einige Beispiele mittel-
alterlicher Giebelhäuser und besonders der charakteri-
stischen Speicherbauten sowie zum Schluß nach einer
alten Zeichnung die Ansicht des 1796 abgebrochenen
Artushofes, welcher starke Spuren des um 1600 aus-
geführten Umbaues verrät.

Das schöne und gediegene Werk Steinbrechts wird
jedem Freunde der mittelalterlichen Kunst eine wahre
Herzensfreude bereiten, da sich hier eine derBedeutung des
Gegenstandes entsprechende Sorgfalt historisch-archiva-
lischer Forschnng mit vorzüglicher künstlerischer Dar-
stellung verbindet. Bei einer Fortsetzung des Werkes
und Ausdehnung desselben über die übrigen Ordens-
bauten möchten wir nur für die Darstellung der kon-
struktiven Details, die Profile der Formsteine u. dergl.
einen etwas größeren Maßstab vorschlagen, damit der
kraftvolle Schwung mittelalterlicher Prosile deutlicher
zutage trete. Besonders rühmend muß noch die Um-
sicht hervorgehoben werden,^, mit welcher der Verfasser
alles Material, was an alten Stadtplänen und Zeich-
nungen zu erreichen war, sür seine Darstellung ver-
wendet hat, nicht minder die reiche Jllustration des
Textes durch charakteristisch aufgefaßte und wirksam
wiedergegebene bildliche Darstellungen, so daß der Leser
mit dem vollen malerischen Eindruck dieser reichen
Monumentenwelt von dem Buche scheidet.

W. Lübke.

Nekrologe.

Uä. Karl Schuler f. Jn dem Bildhauer Karl Schuler,
der, wie bereits an dieser Stelle mitgeteilt, am 13. April in
Friedenau bei Berlin verstarb, hat die Kunst einen der tüch-
tigsten unter den jüngeren Meistern verloren, deren Schaffen
noch mehr oder weniger die nachwirkende Tradirion der
Rauchschen Monumentalplastik erkennen läßt. Schuler wurde
im Jahrs 1847 zu Nürnberg geboren, wo er auf der Kunst-
schule unter Kreling die erste künstlerische Ausbildung genoh,
und siedelte 1870 nach Berlin über, um zuerst bei seinem
Landsmann Afinger und dann längere Zeit bei Bläser zu
arbeiten, in dessen Atelier er auch noch nach dem Tode des
Meisters an der Modellirung der Porträtgestalten für den
Sockel des Kölner Denkmals Friedrich Wilhelms III. be-
teiligt blieb. Eine treffliche Porträtstatuette Bläsers und eine
andere des Dichters Freiligrath, deren frappante Ähnlichkeit
unbedingte Anerksnnung fand, waren die ersten selbständigen
Werke, die hier entstanden. Wie in ihnen, so bekundete
Schuler bald darauf in der in Sandstein ausgesührten über-
lebensgroßen Porträtstatue des Grafen Solms sür den
Schloßhof von Laubach in Hessen, die er gleich nach dem
Tode Bläsers im Jahre 1874 in Angrisf nahm, ein ausge-
sprochenes Talent charakteristischer Aufsaffung und zugleich
eine streng gewissenhafte Duvchbildung im Sinne der Rauch-
schen Schule. Jm Jahre 1878 brachte ihm sodann sein Ent-
wurf zu einem Denkmal des Prinzen Adalbert von Preußen
für Wilhelmsbaven in der Konkurrenz den ersten Preis und
zugleich den Auftrag zur Ausführung der 0882 enthülltsn
Bronzestatue, die eine echt monumentale Haltung mit leben-
digster Wiedergabe der individuellen Erscheinung verbindet.
Während der mit dem ersten Preise gekrönte Entwurs zu
einem Brunnendenkmal Maximilians I. von Bayern für
Bamberg, die mit einem zweiten Preise ausgezeichnete Skizze
zu einer Bismarckstatue sür Köln, der namentlich in der

Hauptfigur gelungene Entwurf eines Zwinglidenkmals sür
Zürich und — ein schwerer, nicht mehr verwundener Schlag sür
den Künstler, dem die nicht bloß von ihm sicher erwartete
Anerkennung durch die Jurr> versagt wurde — auch der
1885 ausgestellte, ernst und würdig angelegte und in den
einzslnen Gestalten trefflich durchgebildete Entwurf zu einem
Lutherdenkmal für Berlin unausgesührt blieben, reihten sich
jenem Standbild des Prinzen Adalbert die Bronzestatue
Friedrich Wilhelms IV. für die Ruhmeshalle des Berliner
Zeughauses und eine unter den ungünstigsten Bedingungen
mit persönlicher Aufopferung 188S vollendete Lutherstatue
sür Nordhausen, die noch der Ausstellung harrt, als durch-
aus ebenbürtige monumentale Schöpfungen an. Als tüchti-
ger Porträtbildner bethätigte sich Schuler daneben in einer
Reihe von Büsten und Reliefs, von denen nur die in Ems
nach der Natur modellirte Büste des Kaisers für den Kommer-
zienrat KruPp in Essen, die des deutschen Kronprinzen für
das Hohenzollernmuseum in Schloß Monbijou, die des Herrn
Krupp und seiner Gemahlin und ein sehr lebendiges Medaillon
des Schriftstellers Lohmeyer genannt sein mögen. Jm Auf-
trage des Prinzen Georg von Preußen entstand ferner eine
Porträtstatuette der Kaiserin Augusta in großer Hoftracht mit
breit niederfallendem Hermelin, aus Anlaß der feierlichen
Enthüllung des Adalbertdenkmals eine kleinere, durch glück-
liche Auffassung und Charakteristik fesselnde Statuette des
jugendlichen Prinzen Hsinrich. Von gröheren dskorativen
Arbeiten verdienen vor allem die drei lebensfrischen Sand-
steinfiguren moderner Handwerker Erwähnung, mit denen
Schuler das Polytechnikum zu Charlottenburg schmückte,
während ihm auf dem Gebist der Jdealplastik die von der
Berliner Hofgesellschaft dem Kaiserpaar zur goldenen Hoch-
zeit gewidmete Marmorfigur eines den Kranz darbietenden
Engels, die für das Schloß zu Berlin in Marmor ausge-
führte, vielleicht zu sehr durch den antiken Venustypus be-
einflußts Figur eines badenden Mädchens, die gleichfalls für
das Schloß bestimmte, ungleich freier bewegte Gruppe eines
Mädchens, die dem sich an sie anschmiegenden Knaben eine
Taube hinhält, und nebsn mancher gefälligen kleineren Ar-
beit als letztes vollendetes Werk von edler Konzeption und
gediegener Durchbildung ein großes, sür das Grab eines
jungen Gelehrten bestimmtes Relief mit der an der Büste
des Verstorbenen trauernden Gestalt der Mutter und den
Jdealfigurey der Wissenschast und eines mit der Palme auf-
wärts schwebenden Genius zu danken sind. Die Ausführung
einer Reihe dekorativer Figuren für das Berliner Schloß,
die ihm neuerdings übertragen war, wurde durch den Tod
unterbrochen, der den Künstler im blühsndsten Mannesalter
mitten aus einem regen Aufwärtsstrebsn hinwegnahm. Jn
seinen.Werksn hinterläßt Schuler das Andenksn eines in
jeder Hinsicht tüchtigen Meisters von gediegener Begabung
und echtem künstlerischen Ernst des Schaffens; als Mensch
von ebenfo ehrenhaftem Charakter wie bsscheiden anspruchs-
losem Wesen wird er in der Erinnerung derer leben, die ihm
persönlich nahs standen.

0. v. §. H. W. Mithoff, Oberbaurat a. D., ist zu
Hannover am 20. März verstorbsn. Durch seine Werke:
„Kunstdenkmäler und Altertümer im Hannoverschen" (7 Bde.,
Hannover 1871—80), „Mittelalterliche Künstler und Werk-
meister Niedersachsens und Westsalens" (Hannover 1866) und
„Archiv für Niedersachsens Kunstgeschichte" (3 Abtsilungen,
Hannover o. I.) hat er sich — neben praktischer Thätigkeit
als Architekt im hannoverschen, später preußischen Staats-
dienst — auch auf kunstlitterarischem Gebiet einen geachteten
Namen gemacht-

G Der Vorsteher des Ateliers für Holzschneidekunst a»
der Berliner Akademie, Prof. Albert Vogel, ist am 1L. April
in Berlin, 72 Jahre alt, gestorben. Er war der letzte aus
dem Kreise derer, wslche die deutsche Holzschneidetechnik
wieder belebten und namentlich unter dem Einflusse von
Menzel arbeiteten. Von 1829—1834 hatte er, ein gsborener
Berliner. die dortigeKunstakademiebesucht, umMalerzuwerden.
Dann ging er ein Jahr lang auf die Wanderschaft, und als
es 183S heimkehrte, fing er an, mit dem Stichel in Hirn-
holz zu arbeiten. Später arbeitete sr für eine Reihe illu-
strirter Blätter und leistete Hervorragendes in Holzschnitten
zu den Nibelungen nach Bendemann und Hübner, sowie zu
Kuglers Geschichte Friedrichs des Großen nach Menzel. Bis
an sein Lebsnsende übte er noch gelegentlich den Messerschnitt.
 
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