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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Die Centenarfeier für König Ludwig I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0299

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2^. Iahrgang.

Nr. 35.

Aunstchronik

Wochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Runstgerverbevereine

^erausgeber:

Larl v. kützow und Arthur j)abst

wien Berlin, XV.

Theresianumgaffe 25. Rurfürstenstraße 3.

Lxpedition:

keipzig: L. A. Seemann, Gartenstr. :5. Berlin: W. ks. Rüstl, ILgerstr. 73.

Die Kunstchronik erscheint von Vktober bis Gnde guni wöchentlich, im guli, August und September nur aller ^ Tage und kostet. in verbindung
mit dein Runstgewerbeblatt halbjährlich 6 Mark. — Inserate, ä 30 j)f. für die dreispaltige ^»etitzeile, nehmen außer der verlagshandlung
die Annoncenexpeditionen von Haasenstein L vogler in teipzig, wien, Berlin, München u. s. w. entgegen.

Inhalt.- Die Tentenarfeier für Aönig Ludwig I. — Aorrespondenz aus Mailand. — Die deutsche Malerei der Gegenwart auf der Iubiläums-
ausstellung der königl. Akademie der Rünste zu Berlin Is886. j—L. E. Ring-f —Aus ssaris. — Ausstellung zur Unterstützung der Abge-
brannten von Stryi und Lisco; Der Finanzirungsplan der deutsch-nationalen Gewerbeausstellung für H888 in Berlin; Die Äusstellung von

Die Lentenarfeier für Aönig Ludwig I.

Wenn in Marocco einer gesenkten Hauptes und
ernsten Blickes einherwandelt, dann sagt man: er
denkt an Granada. Fast das gleiche dürfte man in
München sagen, wenn einer von den wenigen Übrig-
gebliebenen aus einer künstlerisch reichen Zeit zurückdenkt
an die Tage, da der Wille eines hochbegabten Mo-
narchen alles das ins Leben rief, was Bayerns heutige
Metropole zn dem gemacht hat, was sie ist, — die
Zukunst wird vielleicht sagen: was sie eine Zeitlang
war. Ja wohl: war! Denn, sind auch unsere
Künstler ein rastlos thätiges Volk, das immer voran
strcbt, so fehlt bei all dem Streben doch eines: die
Anseuerung, die Aufmunterung, die darin liegt, daß
man die Arbeit auch beschirmt, gefördert sieht. Es ist
cine traurige, fast komisch klingende Thatsache, daß
Schweinefleisch und Kunst einander feindlich gegen-
über stehen, und doch ist es so. Als das berühmte
Einfuhrverbot des amerikanischen Schweinefleisches kam,
da antworteten die Amerikaner mit jenem ZZProzen-
tigen Kunstzoll. Und daß diese Maßregel eingeschlagen
hat, wie ein Blitz in die Scheune, das weiß man hier
und anderswo nur zu gut. Aber mein Gott, die
Künstler, was bedeuten sie denn? Lieber ein paar
hundert Künstler opsern als einen Feldwebel, das ist
die Parole unserer Tage. Man hätte meinen sollen,
daß an jenen maßgebenden Stellen, wo man ungefähr
weiß, was die Knnst an rein materiellen Errungen-
schaften ins Land bringt, sich eine Hand gerührt htitte,
um dergleichen Schläge abzuwenden. Bis znr Stunde
ist dafür nichts geschehen, und wenn ja eine Änderung

der Sachlage eintritt, dann hat man es allenfalls
jenem hochherzigen Protest amerikaniscber, im Aus-
lnnde lebender Künsiler zu danken, nicht aber der
Jnitiative irgend eines tonangebenden deutschen Staats-
mannes.

Unter solchen Umständen blickt der künstlerische
Teil der Bevolkerung einer Stadt wie München mit
trübem Sinne auf die Zeit zurück, da Malerei, Bild-
hanerei und Architektnr samt alledem, was drum nnd
dran hängt, kräftig gediehen, weil sich ein Monarch
daniit Tag und Nacht beschäftigte. Darin ist ja alles
einig, daß der Gebnrtstag jenes Mannes gefeiert
werde, wie es sich geziemt. Nur drängt sich jedem
unwillkllrlich dabei der Vergleich mit unseren Tagen
auf und da sinkt denn freilich die eine Wagschale tief,
sehr tief herab. Nicht als ob alles gerade von jener
Stelle aus abhängig wäre, an der das königliche plein
ponvoir vereinigt ist. Nein. Unsere biederen Volks-
vertreter, sie sind es zum großen Teile auch, welche
jene Adern unterbinden, die ein stark entwickeltes
öffentliches künstlerisches Leben und Schaffen zum
Pulsiren bringen. Nun, Athen nnd Sparta haben ja
nicht das ewige Leben in Pacht genommen, auch andere
wollen einmal an die Reihe kommen und dieser Zeit-
punkt ist da. Hoffen wir, die Reihenfolge biete bald
wieder ein anderes Bild! Deshalb verdient es die Ver-
gangenheit doppelt, ans Tageslicht gezogen zu werden
und mit beredter, warnender Stimme ein Menetekel
an die Wand zu schreiben.

Die Komitees haben sich gebildet, halten Sitzungen,
fassen Beschlüsse und als Jntroduktion zu deni großen
Festakt, der diesen Svmmer in München sich vollziehen
 
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