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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Rosenberg, Adolf: Die Konkurrenz um das Lessingdenkmal für Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0109

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213

Korrespondenz aus München.

214

^ von dem Wesen Lessings gemacht haben,
^ Iweige daß ssb tiefer in seinen Geist einge-
"gen wären.

ers'»,^^^ Einer gleichwohl alle billigen Forderungen
Nm ^ man an einen Lessingbildner stellen darf,

zum Teil in der Familientradition begründet sein.
NefxO ^^ffing, der Sohn des Malers, ist ein Urgroß-
^ des Dichters. Er hat sich bisher vorzugsweise
Ncm ^ebiete der detorativen Plastik und Malerei,
>„ '"'ilich >n Entwürfen für Sgraffitomalereien, Glas-
dund kunstgewerbliche Arbeiten bethätigt und
s^^^ vicht immer seine Phantasie von barocken Aus-
dxx ^^ungen zurückhalten kvnnen. Um so überraschen-
i» anerkennenswerter ist es, daß seine Lessingfigur
^ ^ZUg auf die plastische Haltung den Ansprüchen an
^"^'ventale Wirkung mehr genügt, als jede der
r», fiinfundzwanzig. Sie ist aber nicht bloß die
d?» ^ ^sch Leistung, sondern sie darf sich auch neben
^chbpfungen Rietschels und Schnpers sehen lassen,
g , neben ihnen ganz gut als neuer Lessingtypus
b» kann. Der ^rade ausblickende Kopf ist leicht
»im . - die rechte Hand ist in die Seite gestemmt,
^ie linke Hand hält ein Buch. Jeder malerische
m i! stt fast ängstlich vermieden, und der ganze Schwer-
^"f d'b Charakteristik des Kopfes gelegt, die
^ "nsvolle Wahrheit mit geistreicher Feinheit verbindet.
^^"'3emäß ist auch der Sockel ganz schlicht behandelt,
drei Seiten mit den in Nischen besindlichen
sol^" ^on Nikolai, E. Chr. v. Kleist und Mendels-
j^^öeschmgA^ denjenigen Männern, welche in der
sxj ^age kommenden Periode aus dem Lcben Lessings
v hauptsächlichen Umgang bildeten und ihn geistig
^ 'stlußten, wie er sie seinerseits fvrderte. Wenn der
iv "vch kine lebendigere Gliederung erhielte und
>vi'^ angemesieneres Verhältnis zur Figur gebracht
r», ^^ße sich dieses Modell ohne Modisikationen
^ ' lühren, ebenfalls von keinem zweiten Entwurf
werden kann. Am ehesten noch von demjenigen

Sesagt

»icn- Hilgers, welcher den elegant aufgebauten, in
ktz^. Barockstil gchaltenen Sockel als Fontänen-

tz . ^ gedacht hat, aus welchem das Wasier von drei
^tm" halbkreisförmige Schalen fließt. Auf dcn
g^--, . ' lvelche zum Sockel hinausführen, sitzt eine
Lc,^^'ch ersundene Personifikativn der Kritik nnt der
Üeikm^^Ee. Auch die Figur des Dichters ist durch

Äb Eharakteristik und edle Haltung ausgezeichnet.
Kei ^ monumentale Wirkung ist doch geringer als

' ^vssingschen Entwurf, durch desien Ausführung
tzxf. ^ f'cherlich um ein Monument von glücklicher
"vg und genialem Griff bereichert werden würde.

Adolf Rosenberg.

Aorrespondenz.

Münchon, Mitte Dezember 1886.

Utür. Nachdem kaum die Berliner Jubilänms-
ausstellung geschlossen ist, wird schon wieder in Mün-
chen ein neues großes Unternehmen vorbereitet: es soll
nicht nur eine internationale Kunstausstellung, sondern
auch eine deutsch-nationale Kunstgewerbeaus-
stellung stattfinden, wie am 14. Dezember in einer
Generalversammlung des Bayerischen Kunstgewerbe-
vereins beschlossen wurde. Schon 1876 hatte der
Delegirtentag der ersten Mllnchener Kunstgewerbe-
ausstellung festgesetzt, daß derartige Ausstellungen sich
etwa alle zehn Jahre wiederholen sollten. 1886
mußte man den Gedanken wegen der Berliner und
Augsburger Ausstellungen fallen lassen, 1887 würde
die Centennarfeier, 1889 die Pariser Ausstellung da-
zwischen kommen. Man wählte daher das Jahr 1888
und beschloß, sich mit der Künstlergenosienschast zu
einem gemeinsamen, wenn auch organisch getrennt
blcibenden Unternehmen zu vereinigen. Während näm-
lich die Kunstausstellung, wie gewöhnlich, im Glas-
palast stattfinden wird, sollen für die Kunstgewerbe-
ausstellung entsprechende Annexbauten im botanischen
Garten errichtet werden, für welche Profesior Friedr.
Thiersch bereits provisorische Pläne anfertigte. Da
auch die königl. Staatsregierung eine nachhaltige
Unterstützung in Aussicht stellte, so wird voranssichtlich
ein schönes, ganz eigenartiges Unternehmen zu Stande
kommen, — wenn nicht ein Krieg den mit Begeisterung
gefaßten Plan unausführbar macht.

Unter der überreichen Masse der im Kunst-
verein ausgestellten Arbeiten machen nur wenige An-
spruch anf allgemeine Beachtung. Franz Simm stellte
das Altarbild aus, das er für die protestantische Kirche
in Wunsiedel ausführte, nachdem er mit der Skizze
unter dreißig Konkurrenzarbeiten im Frühjahr den
ersten Preis davongetragen. Das Bild, welches die
lebensgroße Figur Christi en kaos gegen den Beschauer,
das Haupt von verklärendem Glanze umflosien und
die Rechte zum Segen erhoben, darstellt, ist in der
That eine solide Leistung, die sich bei streng kirchlicher
Ausfasiung auch durch vornehme Farbenwirkung aus-
zeichnet. Gleichzeitig lieferte E. von Hagen aus
Ersurt, wo man von dem Entwickelungsgang der
deutschen Malerei seit den letzten zwanzig Jahren noch
nichts zu wisien scheint, eine große Leinwand ein, auf
welcher das alte Thema von der Auferweckung der
Tochter des Jairus noch einmal in gespreizt theatra-
lischer Ausfassung, kindlich unsicherer Zeichnung und
grellem zerrissenem Kolorit behandelt ist. G. von
Hößlin gab cine vornehm gedachte und stilvoll aus-
geführte allegorische Komposition „Der deutsche Friede",
 
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