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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Langl, J.: Die Ausstellung des Aquarellistenklubs im Wiener Künstlerhause
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0116

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227

Kunstlitteratur.

228

Kinderkvpfe durch den typisch schalkhaften Zug an-
ziehen. Trentin geht in koloristischer Hinsicht weit
tiefer und erreicht in der Modulation zuweilen die
Kraft der Ölfarbe. Michaleks ausgestellte Studien-
köpfe sind technisch gewandt; aber schade, daß sich der
Künstler nur Herbstblumen zu Modellen wählt. Jn
dieser Beziehung ist G. Gaul seinsllhliger; an seinem
ausgestellten weiblichen Studienkopf vermag sich Herz
und Sinn zu erfreuen. Jm Aguarellporträt überrascht
uns Josefine Swoboda mit einer Anzahl vorzüglicher
Leistungen, und nicht minder Lobenswertes hat Char-
lotte Lehmann eingesandt. Die Arbeiten beider
Künstlerinnen sind voll Zartheit und Anmut und
zeugen vom fleißigsten Naturstudium. Ein reizendes
Figürchen in Haltung und Farbe hat Herm. Giesel
in seinem „Mädchen mit Bilderbuch" zur Ausstellung
gebracht; Bernaziks „Alte Frau an der Kaffeemühle"
ist vortrefflich in Zeichnung und Ton — bis auf das
lärmende Gelb des Kopftuchs. Das behagliche Alter
schildert auch Wehle, der rastlose Jllustrator, in dem
größeren, fleißig durchgeführten Aguarell „Friedliche
Gesellschaft". Von Romako begegnet uns eine „Jtalie-
nische Winzerin"; diesmal erinnern nur die Trauben an
des Künstlers sonstige malerische Schrullen, im ganzen
ist die Figur gesund gedacht und gemalt. Leo Reifen-
stein kopirt vorzüglich Titian, Tintoretto nnd Van
Dhck; die Studien werden ohne Frage auf seine Bilder
vorteilhaften Einfluß nehmen. Von Kargers feinem
Pinsel finden wir ein reizendes Dämchen in elegantem
Boudoir, graziös auf den Divan hingegosien.

Von auswärtigen Künstlern sind im Katalog
gleich mit den ersten Nummern Menzel, Knaus und
O. Achenbach ins Treffen geführt. Der „Chinesische
Clown" und eine Rötelstudie von Menzel zeigen
glänzend, mit welcher Gewisienhaftigkeit der bewunderte
Altmeister die Natur zu studiren pflegt. Von Werner
(Berlin) ist ein schön durchgeführtes „Türkisches Jn-
terieur" zu nennen; Tetar van Elven glänzt in einer
Neihe malerischer Städteansichten, welche in ihrem
kräftigen Ton und dem ungezwungenen Vortrag an
Hildebrandt erinnern; darunter ein besonders schön
durchgeführtes Winterbild aus Bourges. L. Jrano
(Madrid) hat eine „Dame in weißer Robe" ausge-
stellt, woran wir nur die nicht glücklich gewählte
Haltung der Figur zu tadeln haben. Berhältnismäßig
reich sind die Jtaliener aufgetreten; voran Ethofer,
der allerdings ein Wiener, doch seit langem sein Atelier
im Palazzo Benezia in Rom aufgeschlagen hat und
füglich als Gast zu betrachten ist. Seine großen
Figurenstudien zeigen eine geniale Pinselführung, der
Vortrag hat viel französischen Esprit. Von vorzüg-
licher Wirkung ist namentlich der an der kahlen Wand
lungernde Straßenjunge unter der Devise „volos kur

nionks". Koloristisch vortrefflich sind auch die Arbeiten
Roussofss (Venedig); viel Delikatesse im Vortrag
beurkundet P. Bedini (Florenz). Mainella (Vene-
dig) excellirt in Gondelbildern; sein sicheres Einsetzen
der tiefen Reflexe in den spielenden Wellen ist von
überraschender Wirkung. Nicht vergesien seien schließ-
lich Toni Grubhofers reizvolle Zeichnungen zu dem
Werke „Aus dem deutschen Süden"; es ist darin durch-
weg das malerische Element glücklich betont, und selbst
die kleineren und weniger bedeutenden Motive wecken
durch den effektvollen Vortrag unser Jnteresse.

Ein geschmackvolles Ornament erhielt die heurige
Ausstellung durch die eingestreute Aufstellung von
Werken der Kleinplastik, erlesenen Arbeiten vonTilgner,
KUHne, O. König, Straßer u. a. Man hat seine
Freude an den lebensvollen Figürchen und Gruppen,
die in ihrem feinen Realismus auch die Farbe, das
Lebenselement der Form, bereits angenommen haben.
Hier hat die Polpchromie bereits sesten Fuß gefaßt,
und keinem Bildhauer fällt es mehr ein, einfach weiße
Gipse auszustellen. Ob aber die große Plastik der
langweiligen Monochromie bald Valet sagen wird?
Vsäorowmo. I. Langl.

Aunstlitteratur.

Vn8tuvs Sru^sr, Vra Lartolowwso äslla
korta st Nariotto ^ldsrtinslli. Ouvrags
uooomxaAnö äs 21 Zrsvnrs8. (I^ss artists^ oöltz-
brss.) karis, ä. Ronaw. 1886. 8.

„Besuchen wir das Kloster von San Marco in
Florenz, so tritt uns nicht bloß die Erinnerung an
Fra Angelico überall entgegen: alles spricht zu uns
daselbst von einem anderen Geistlichen, Fra Bar-
tolommeo, welcher ebenfalls in der Kunstgeschichte einen
hervorragenden Platz einnimmt nnd dessen Werke
meistenteils unter dem Schutze des von Michelozzo
Michelozzi erbauten Klosters ausgeführt wurden. Von
seiner milden und ernsten, der Freundschaft geöffneten
Seele wird man eben so sehr wie von seiner Be-
gabung angesprochen. Nachdem er sich als ein eifrigcr
Anhänger Savonarola's bewährt, schloß er sich an
Raffael an, und ein Austausch fruchtbarer Anregungen
ging mit der Jnnigkeit ihrer Beziehungen gleichen
Schritt. Längere Zeit stand ihm als Mitarbeiter, trotz
seiner abweichenden Gesinnung, Mariotto Albertinelli,
sein Werkstattgeselle znr Seite, so daß es nicht anders
möglich ist, so bald man sich mit dem Mönche von
San Marco beschäftigen will, mit einigen Worten
auch des Künstlers eingedenk zu sein, der öfters an
seinen Arbeiten mitgewirkt hat."

Mit diesen Äußerungen führt uns Gustave
Gruyer in seine dankenswerte Monographie ein, welche
 
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