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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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Die Malweise Hans Holbeins
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Koehler, S. R.: John Webber und die Erfindung der Lithographie, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0033

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L4

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Jvhir Webber und die Ersindung der Lithographie.

^uten möchte, dasz der Meister Rezepte für seine
utermalungen branchte. Davon, daß er seine Ge-
uwlde bloß nach den Studien förmlich vollendete, kann
^vhl keine Nede sein. Die Genauigkeit seiner Vorstudien

u»d ein merkwürdiges Formengedachtnis erlaubten ihm
'vvhl, das Bild in seiner Werkstatt anch ohne Modell
b's zu cinem hohen Grade der Ähnlichkeit zu bringen:
aber es erscheint als zweifellos, daß die seine Durch-
iührung schließlich doch nach der Natur geschehen ist
st" anch hierfür laßt sich der Nachweis aus manchen
lEtzt sichtbar gewordenen Abweichungen der Über-
bon der Untermalung im Meyerschen Madonnenbilde
üeibringen. Man darf wohl annehmen, daß z. B. snr
^eses Bild die ersten Stndien nnd die letzte Malerei
uach den Gesichtern und Händen der Familienmit-
glieder im Hanse des Bascler Stadtschultheißen ent-
llanden sind, während die ganze Untermalung, die
ganze übrige Ansarbeitnng (auch die beiden nackten
^inder) in die Werkstatt des Künstlers zu verlegen
?ein dürsten. Wic m. E. die etwas gedrückte Anlage
^ar Komposition und spezicll der Biadonnenfigur mit
nmgebcnden Nische nicht ans stilistischer Unbe-
holfenheit (wobon 1526 bei dem größten Stilisten der
^vutschen Renaissance nicht mehr gesprochen werdcn
lollte), sondern viel natürlicher aus den Raumverhält-
uissen der Hauskapelle des Baseler Stadtschultheißen
iiu erklären ist, so sollte man auch manche Mängel in
drn Proportionen und in der Belenchtung, welche eine
uugestörte Atelierarbeit vermeiden kann, anf Rechnung
lästigen Bedingungen setzen, unter denen auch dieses
^rrk zweifellos entstanden ist.

Anch die eigentliche Maltechnik Holbeins ist zum
großen Teil dnrck äußere Schwierigkeiten begrenzt
grwesen. Abgesehen von ,den immcrhin noch etwas
wittelalterlichen Traditionen der strengen väterlichen
^chre nnd der handwerksmäßigen Beschränktheit man-
cher äußeren Verhältnisse, — die Zubereitung der
^talmittel und andere Mühscligkeiten nahmen viel
goldene Zeit wcg, — abgesehen von alledem war die
^kaln der als zuverlässig erprobten Farbenpigmente
^'ue sehr viel geringere als in den folgenden Zeiten.
^uastig deckend waren hauptsächlich nur Weiß, Schwarz,
^elb, Rot; sür Blau und Grnn hatte man nur schwach-
kvrperliche Farben, welche behnfs Erzielung dcr Tiefe
wehrfach anfgetragen werden mußten u. s. w. Wenn
üür daher an Holbeins Bildern ein dem hentigen
^eschmacke nicht mehr ganz cntsprechcndes Übcrwiegen
der Lasuren wahrnehmen, so sollte uns dies nur zu
'wi so größcrer Bcwnndernng des Meisters veranlasscn,
^er es verstanden hat, mit so einfachen Mitteln die
leinsten Unterschiede des Ausdrucks und der Gesichts-
Wrbe wiederzugeben."

Iohn kVebber und die Lrfindung der
Lithographie.

(Schliiß.)

Hiermit sind nun auch die technischen Beweis-
stücke erschöpft. Das technische Raisonnement stützt
sich demnach einzig und allein auf diese Z eichnungen,
denn von wirklichen Drucken, — von den praktischen
Resnltaten dieses sogenannten lithographischen Umdruck-
verfahrens, liegt absolut nichts vor. Jch kann nicht
nmhin zu gestehen, daß dieser Umstand der ganzen
Sache einew etwas sonderbaren Anstrich gicbt, in An-
betracht dessen man wohl gerechtfertigt wäre, sie auf
sich selbst bernhen zu lassen. Da sie jedoch, dnrch die
Erwähnung in einem so wichtigen Werke, wie das
von der „Gesellschaft" unternommene es ist, eine Be-
deutnng erhalten hat, die ihr an und für sich nicht
zukommt, so wird es am besten sein, ihr auf den
Grund zn gehen. Nnr anf diese Weise wird es mög-
lich sein, einer unhaltbaren und grundlosen Behauptung,
die sich sonst, wie manche andere ähnliche, in dcn
Knnsthandbüchern vererben möchte, für immer den
Todesstoß zu gebcn.

Daß ans den litterarischen Beweisstücken nichts
hervorgeht, bedarf kaum der Betonung. Fiorillo
bietct keinen Anhaltspnnkt, und der Berichterstatter in
Meusels „Mnseum" sagt ansdrücklich, daß „alles ge-
stochcn oder radirt" sein soll. Herr Köuig selbst
bringt Webbers Versuche mit denen Simon Schmids
in Verbindnng, aber letztere waren Hochätzversuche
auf Stein, mithin für die Buchdruckerpresse bestimmt,
und hatten mit „Umdruck" nichts zu thun. Jn seinen
weiteren Auseinandersetzungen über Wcbbers Technik
stellt sodann Herr König allerlei bedenkliche Behaup-
tungen auf. Daß die Zeichnung für den lithographi-
schen Umdruck nicht aus die Weise bewerkstelligt wird^
wie Herr König sich das denkt, — nämlich durch
Zeichnen anf einem Blatt Papier anf settiger Unter-
lage, — weiß jeder Lithograph. Allerdings wäre es
wohl möglich, anch auf diese Weise etwas fertig zn
bringen, sollte es jemandem einfallen es zu versuchen,
aber der Vorteil der Autographie, daß man die Zeich-
nung nicht gegcnseitig zu machen braucht, ginge da-
durch verloren, und von „lithographischer Kreide"
könnte natürlich keine Rede sein. Das Hauptargu-
ment gegen dic Theorie des lithographischen Umdrucks
bietet aber die Existenz der Zeichnungen selbst. Um
einen lithographischen Umdruck zu bewerkstelligen, wird
die nmzudruckende Zeichnung, — ganz gleich wie, —
auf ein präparirtes Papier gebracht. Die Präpara-
tion besteht aus einer auflösbaren Materie, heutzutage
meisteus Stärkekleister. Jst die Zeichunng auf dieses
Papier aufgetragen, so wird das Blatt auf eineu
frischen Stein gelegt und durch die Presse gezogen,
 
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