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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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Vom Christmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0055

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-2. Iahrgang.

l 887/88.

Aunstchronik

Nr. 7.

24. 7

Ilavember.

Mochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des Derbandes der deutschen Kunstgerverbevereine.

kserausgebcr:

(Larl v. Lützow nnd Arthur j)abst

wion Berlin, tV.

Cheresianumgasse 25. Aurfürstenstraße 3.

Lxpedition:

Leixzig: L. A. Seemann, Gartenstr. ^5. Berlin: w. Rühl, Iägerstr. 73.

Aunstchronik erscheint von Dktober bis Ende Iuni wöchentlich, im Iuli, August und Leptember nur aller ^ Tage und kostet in verbindung
dem Aunstgewerbeblatt halbjährlich 6 Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark. — Inserate, ä 30 pf. für die dreispaltige petitzeile,
^bhnien außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein L vogler in Leipzig, wien, Berlin, München u. s. w. an.

^^halt: vom Lhristmarkt.^I. — vom Hochschloß in Marienburg. — Rorrespondenz aus Dresden. — Photographien der Darmstädter Madonna;

Runsthistorische Bilderbogen, 3. Supplenrent. — persische Architektur. — Baffaels Vriginalkartons. — Akademische preiserteilung in
Berlin. — L. A. Raulbach; Rarl Heffner. — Ausstellung von Stickereien in Berlin. — Berliner Aunstausstellungen. — Berliner Runst-
gewerbemuseum. — Steinle's parzivalcyklus. — Fresken aus der sog. Casa Bartholdy. — Brütts „Fischer". — porträts Aarls VIII. u.
der Anna v. Bretagne. — Ankäufe des Aaisers wilhelm. — Wiederholung der Sixtinischen Madonna. — Transportversicherung von
Runstwerken. — Bangels versteigerungen. — Neuigkeiten des Buchhandels. — Zeitschriften. — Inserate.

Vom Lhristinarkt.

I.

Willst du die Vlumen des früheu, die Früchte
des späteren Jahres,

Willst du, was reizt und entzückt, willst du was
sättigt und nährt,

Willst du deu Hinnnel, die Erde mit cinem
Nameu begreifeu,

Nenn' ich, Sakuntala, dich, und dann ist alles
gesagt.

Goethe.

eistige Mammut-
knochen, die auf dem
Himalaya zurückge-
blieben sind: so neunt
H. Heine gelegentlich
die alten epischen
Dichtungen der Jn-
der, Mahabharata
und Ramayana. Ein Dich-
terheros findet den ungeheuren
Koloß, sprengt ein Stück ab und bear-
beitet es mit dem Diamantenmeißel
eiiies Geistes. So entsteht Sakuntala, ein Drama des
^lidasa; unverwüstlich in jugendlicher Schöne, nnd hür-
als derZahn der Zeit. Es hat Jahrtausende gelegen;
dst in unseren Sükulum wnrde es aus dem Schntt ge-
°gen, gereinigt von dem anhaftenden Staube, nnd kri-
tallhelk lenchtet dcr wiedergewonnene Schatz nns ent-

gegen. Ein Bildner unserer Tage sucht die Großheit
der Formen nachznbilden, aber seine Hand ist nnr an
Thon und Wachs geübt. So ward Sakuntala von
Fr. Bodenstedt, zierlich bemalt von Alexander
Zicky, eine moderne Statuette für Damenboudoirs,
die vielleicht in ein paar Jahren wieder aus der Mode
kommt.

Wir wollen der jüngst geborenen Sakuntala nicht
übel; warum aber muß sie just so heißen! Sie heißt
so, wie ein beliebiger Gevatter Schneider oder Hand-
schuhmacher Schiller heißt, der sonst in nichts an den
Dichter des Wallenstein erinnert. Es schwebt nns
immer gleich die Frage auf den Lippen: Sind Sie
verwandt mit —? Und der Mann antwortet, ver-
drießlich über die stereotype Frage: Nein, ich bin nicht
mit ihm verwandt. So ist es auch mit Bodenstedts
Sakuntala: sie tragt das indische Kleid, hai indische
Geberden; aber ihr Vater ist ein guter moderner
Deutscher, wenn auch ein vielgeuaunter. Zick hat sich
mit dem spröden Figürchen viele Mühe gegeben;
seine Zeichnung ist sleißig und sauber, das rundliche,
spitzkinnige Gesicht hat sich zu einem feinen Oval ver-
längert; der ihm eigene Typus, sonst dem Naiv-
Kindlichen nahestehend, ist ins jnngfrüuliche Stadium
eingetreten. Seine Gestalten sind üußerst wohlgebildet
nnd sehr manierlich, aber sie gehören alle einer
Familie an und ähneln darum einander sehr. Alles
in allem, wir befinden uns nicht in Jndien, sondern

I) Sakuntala, ein Epos in süns Gesangen von Fr.
Bodenstedt. (Leipzig, Titze).
 
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