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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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Toman, Hugo: Mantuaner Schlachtenbilder aus dem 16. Jahrhundert auf Schloß Opočno in Böhmen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0136

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259

Mantucmer Schlachtcnbilder aus dem 16. Jahrhundert nuf Schloß Opoeno in Böhmen.

269

diese Familiengemttlde der Gonzaga aus Mantna nach
Bvhmen in das Colloredo'sche Schloß in Opocno ge-
kommen sind. Jn Opoeno konnte man mir nnr sagen,
daß sie seit Menschengedenken in dem großen Galerie-
saale des Schlosses httngen.

Sehen wir weiter, ob sich Anhaltspunkte finden,
um ans diese Frage mit irgend einer stichhaltigen
Hypothese antworten zu können.

Die Familie Colloredo ist ein friaulisches Ge-
schlecht und stand seit jeher im Dienste des Kaisers.
Jm Jahre 1636 hat der Generalfeldwachtmeister
Rudolf Graf Colloredo mit seinem Bruder Hierony-
mus vom Kaiser Ferdinand II. Schloß und Herrschaft
Opocno als Belohnung fnr geleistete Dienste zum
Geschenke erhalten, nnd seitdem blieb dieses alte Trcka'sche
Schloß in den Händen der jetzt fürstlichen Familie
Colloredo-Mansfeld.

Jm dreißigjahrigen Kriege, und zwar am 17.Juli
1630 fiel Mantua, welches damals noch immer im
Besitze der Familie Gonzaga war, in die Httnde der
Kaiserlichen. Mit stiirmender Hand drangen Gallas
und Altringer in die Stadt, richteten ein großes Blut-
bad an, welchem eine mehrtägige Plnnderung der Stadt
folgte.

Nach der Übergabe wnrde der Palast der Gon-
zaga durch zwei volle Tage geplündert (Petrus Lo-
tichius, S. 776) und große Reichtümer an Gemälden
und Kunstschätzen verschleudert. Ein späterer Gewährs-
mann (in Ersch und Grubers Encyklopädie) berichtet,
daß die Prachtvolle Gemäldegalerie des Hauses nach
Prag geschleppt, und von dort nach Schweden ge-
kommen sei.

Es ist nun weiter bekannt, daß sich gerade bei
dieser Belagerung Graf Rudolf Colloredo im kaiser-
lichen Heere besonders anszeichnete, und es liegt daher
die Annahme sehr nahe, daß er, als Militär an den
Schlachtenbildern Gefallen findend, dieselben in Mantua
oder aus einem der vielen Lustschlösser der Gonzaga
als gute Beute erwarb, nnd damit einige Jahre
später das Schloß Opocno, wo die Familie ihren Sitz
nahm, zierte.

Auf Schloß Opocno befindet sich auch noch ein
anderes italienisches Bild auf dickem Pappelholz ge-
malt, Madonna mit Kind, unter dem Namen Ginli o
Romano.

Das Bild, 116 om hoch, 87 oin breit, stellt die
Madonna (Kniestück) vor, welche sich zu dem stehen-
den Kinde neigt und ihm mit der Rechten Blumen
reicht, nach welchen das Kind, einen Fuß erhoben, mit
beiden Händen greift. Die Linke mit einem Buche
stützt die Madonna auf eine Brüstung, auf welcher auch
noch Blumen zerstreut liegen.

Die Farben sind tief, und den Hauptfarbenakkord

bilden nebst der brttnnlichen Karnation das kirschrote
Kleid, der grüne Mantel nnd der brännlich schwärz-
liche Hintergrund.

Obgleich dieses Bild, namentlich in den Köpfen der
Madonna und des Kindes, auf die unverantwortlichste
Weise übersudelt ist, könnten doch die erhaltenen Teile
und die Kompofition auf ein Originalwerk Giulio
Romano's schließen lassen.

Wir möchten mindestens einer Reinigung des
Bildes von der entstellenden Übermälung ganz ent-
schieden das Wort reden, weil selbst, wenn sehr be-
deutende Schäden zum Vorschein kämen, fie der Be-
urteilung und selbst dem Genusse sicher weniger nachteilig
sein würden, als die wilde Übersudelung, welche kein
sicheres Urteil über das Bild zuläßt.

Der Meister arbeitete aber bekanntlich vom
Jahre 1524 bis 1546 sür die Gonzaga in Mantua,
und es befinden sich viele Werke von ihm in dem Jn-
ventare der Galerie in Mantna vom Jahre 1627
(ä'L.roo, ^.rti, vol. II, xaZ. 153) verzeichnet.

Es kann demnach auch dieses Bild dieselbe Pro-
venienz haben, was nach unserer obigen Hypothese
auch fiir die Originalität des Bildes zu sprechen
scheint.

Kehren wir nun zu unseren Schlachtenbildern
zurück.

Jn dem citirten Jnventare äalla Zallsria äl
grmäri, st äi nltri oZAstti ä'arts äslla oorts äsi Unos.
äi Nantova vom Jahre 1627 finden wir (S. 158
und 159) folgende Gemülde verzeichnet: 2 Zranäi
(grmäri) clli srano nsl xals.220 äslln Uistsrla
(8an 8sba8tig.no) äi inano äsl Oosta vsooliio
äipintivi i latti äsl änoa Uranossoo — U. 600
und 4 Aranäi (gnaäri) gnali srano all kalarro äslla
Uistsrla, äixintivi alonni latti äsl warolisss Iran-
ossoo (äa UorsnM Oosta Isrrarsss) .— U. 480.

Wie verlockend nun die Hypothese würe, nnsere
drei Bilder nnter diesen sechs großen, nach der all-
gemeinen Anführung einige Thaten des Marchese
Francesco Gonzaga darstellenden Geniälden des Lo-
renzo Costa, welcher gleichfalls vom Jahr 1509 bis
1535 in Mantua thätig war, vermuten zu wollen —
so wird dieselbe durch die Vergleichung Costa'scher
Kunst, welche ganz den Quattrocentisten verrät, doch
vollständig ausgeschlossen.

Bei der Schwierigkeit der Bestimmung des
Meisters der Bilder, was die letzte zu lösende Frage
wäre, habe ich mir die Wohlmeinung des Herrn Se-
nators Giovanni Morelli in Mailand erbeten, welcher
mir, allerdings nur auf Grund der ihm eingesendeten
schwachen Photographien, sowohl meine positive Be-
hauptung, als meinen Zweifel bestätigend, frenndlichst
mitteilte, „daß diese Gemälde nngefähr in der Mitte
 
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