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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0188

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363

Kunstlitteratur und Kunsthandel.

364

Aunstlitteratur und Aunsthandel.

Hllärsn, Vnlsntiui, ltlussdio, OouLoräg.nr!S äsi Vuu-

Asli, soäies Husriuinuo, illustrnto äs,.

pulzlisnto äg-ll' ^.tsuso äi lärssoig,. llsx. 8. 56 I'nl.
uuä 44 8. Isxt. Lrsssis, 1887.

Das letzte Dezennium hat eine Reihe bedeutender
Ansgaben von Bilderhandschriften aus pikanter Zeit,
ich meine aus dem 6. bis 12. Fahrhundert, entstehen
gesehen. Der Codex Rossanensis, der Ashburnham-
Pentateuch, die Bibel Karls des Kahlen, der Codex
Egberti, das Ottonen-Evangeliar von Aachen seien
hier genannt. Diese Erscheinungen der modernen
Litteratur sind für die Kunstgeschichte insofern von
großer Wichtigkeit, als sie uns in den Stand setzen,
wenigstens aus den Miniaturen den Bilderkreis jener
Jahrhunderte kennen zu lernen, aus denen uns andere
Denkmäler der Malerei gar sparlich erhalten sind.
Es kann den Forscher nur mit Freude erfüllen, wenn
der Kreis der Publikationen auf dem angedeuteten
Gebiete sich erweitert, besonders aber wenn es mittels
so guter Lichtdrucke geschieht, wie sie uns in Valen-
tini's Bnch geboten werden.

Gegenstand der neuen Publikation ist die wohl
in Oberitalien entstandene Evangelienkonkordanz samt
Evangelistar in der Stadtbibliothek zu Brescia, eine
Handschrift, die durch viele Analogien mit den in
Deutschland entstandenen Bilderhandschriften aus dem
ausgehenden zehnten nnd beginnenden elften Jahr-
hundert Verknüpft ist. Fester Boden für die Beur-
teilung dieser Bilderhandschriften kann erst geschaffen
werden durch zahlreiche Veröffentlichnngen dieser Art,
die übrigens doch zu dem Ergebnis führen dürften,
daß die dentsche Miniaturmalerei des hohen Mittel-
alters einerseits vielfach einen Nachklang der karo-
lingischen Kunst bildet, andererseits durch tausend
Fäden mit der gleichzeitigen italienischen Kunst nnd
somit indirekt auch mit der byzantinischen in Ver-
bindnng steht. Ilnmittelbare Einwirkungen von Byzanz
auf Deutschland wird nian, den neueren Forschungen
entsprechend, nur in sehr beschränktem Maße anzu-
nehmen haben.

Valentini's Ausgabe des Brescianer Ensebius
sei hiermit allen Forschern bestens empfohlen. Denn
die erwähnte Bilderhandschrift erscheint als wichtiger
Faktor nnter den Voraussetzungen fiir eine methodische
Untersuchung der angedeuteten Fragen. Die reiche
Ornamentik, die Zahl der Figurendarstellungen Z und

1) Es sind deren elf nnd zwar die Verkündigung, die
dlnbetnng durch die Magier, die Taufe Christi, die Dar-
stellung im Tempel, der Einzug in Jerusalem, das Abend-
mahl, die Marien am Grabe, Christus in der Vvrhölls, Christi
Himmelsahrt, die Ausgießung des heiligen Geistes, der Tod
Mariens.

manche Einzelheiten bürgen dafür. Unter den letzteren
hebe ich z. B. hervor: die auffallenden Analogien des
Todes der Maria im Brescianer Codex niit dew
byzantinischen Elfenbeinrelief in München, das in
Westwoods Uistilss ivoriss (S. 82) abgebildet ist.
Noch andere Analogien zu diesem Bilde wären leicht
beizubringen. Ferner erwähne ich die große Über-
einstimmung der Brescianer Miniatnr, die Christi
Darstellung ini Tempel vorstellt, mit dem entsprechen-
den Bilde im Codex Egberti zu Trier (abgebildet in
der vortrefflichen Publikation dieses Codex von F. U-
Kraus, Taf. XVI und in den Bonner Jahrbüchern,
Heft 70, Taf. VII). Auch die Darstellung der Himmel-
fahrt zeigt in den beiden genannten Codices viele
Züge, die einander entsprechen. Andere Bilder sind
wieder wesentlich verschieden. Auch auf die ikonischen
Kapitäle möchte ich aufmerksam machen, die vielfach
in den Canones - Arkaden des Brescianer Eusebius
vorkommen. Jnteressant ist sodann die Form des
Rauchfasses, das auf Valentini's 42. Tafel erscheint.
Die Gestaltung des, wie es scheint, an drei Ketten
hängenden Gefäßes ist noch sehr altertümlich und steht
zwischen der kngeligen Form, welche im hohen Mittel-
alter gebräuchlich war, und der Topfform mit den
kleinen Füßen, wie sie uns im ca. 5. bis 7. Jahr-
hundert begegnet, mitten inne. ^) Auch davon sei ge-
sprochen, daß viele Köpfe im Eusebius das Stirn-
bnschel zeigen, von dem ich an mehreren Orten ge-
handelt habe. 2)

Die Lichtdrnckpnblikation des Ensebins würde ge-
wiß eingehendere Beachtung verdienen, als ich ihr
hiermit widmen kann. Mangel an Zeit und Ranm
hemmen mir aber die Feder. Was Valentini betrifft,
so habe ich noch zn bemerken, daß er sast znr selben
Zeit wie den Eusebius noch eine zweite Brescianer
Handschrift veröffentlicht hat; es ist der Ooäiss nssro-
loAiso-IiturAieo äsl rllonnstöro äi 8. 8n1vs,tors o
8. Olinlia. in Lrsssin, der den Historikern wohl be-
kanut ist, nnd gelegentlich auch dem Kunstgelehrten von
Nntzen sein dürfte.

Th. Frimmel.

!!.. (1. Vll IrlplMll« Iiistoricintz, vvn A. A. Reynen.
Die Brüsseler Gemäldegalerie besitzt zwei Flügel eines
Triptychons mit der Darstellung Philipps des Schvnen
und Johanna's der Wahnsinnmen. Mannigfache Fragen
knüpfen sich an diese Bilder. Wer schuf sie, und in welcher
Zeit? Wo kvmmen sie her? Zu welchem inittleren Bilde
gehörten sie? Aus Reynens sorgfältiger Untersnchung geht
hervor, daß das Gemttlde um 1500 von Jacques van
Laeth em gemalt wurde und daß es ein Kammerherr Philipps

1) Vergl. Repertvrimn für Kunstwissenschaft. X. Bd.
S. 403, Anm.

2) Zuletzt in den „Mitteilungen des k. k. Österr. Mu-
seums" 1888. Besprechung von Oechelhänsers Vervffentlichung
der Heidelberger Bilderhandschriften.
 
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