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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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459

Kmistlitteratur mid Kunsthandel.

460

Frescobilde in der Apsis des Mausoleums zu Char-
lottenburg: „König Friedrich Wilhelm III. uud
Königin Luise bringen dem segnenden Heiland ihre
Kronen dar." Erst der fünfte Entwurf fand den Bei-
fall des Königs, und nach diesem wurde der Karton
angefertigt. Geht ihm anch dramatische Kraft und
die volle Wucht der monumentalen Darstellung ab,
welche in Cornelius' Schvpfnngen lebendig sind, so
nbertrifft er den Meister in der Reinheit und Kor-
rektheit der Zeichnung und in dem Adel des Stils
hinsichtlich der Gewandung. Ein stark ausgeprägtes
Gefnhl für Linienschönheit und Harmonie giebt seinen
Kompositionen jenen klassischen Hauch, der für die
slorentinische Zeit Raffaels bezeichnend ist. Diese
Richtung suchte er auch zwei Jahrzehnte hindurch als
Lehrer der Kompositions- und Gewandklasse auf seine
Schüler zn iibertragen, und dazu kam ihm seine Fähig-
keit, Gips- und Thonmodelle anzufertigen, sehr zu
statten. Er faßte die christliche Kunst im Dienste der
Kirche als ein Ganzes auf und schuf deshalb nicht
bloß Fresken, Altarbilder, Kartons sür Glasfenster,
sondern auch Entwürfe für Altäre, für die gotischen
Einfassnngen seiner Altargemälde, für kirchliche Ge-
räte und Gefäße, für Einbanddecken von Bibeln und
Gesangbüchern, für Tauf-, Konfirmations- und Trau-
scheine. Seiner strengen Richtung, welcher er, unbe-
kümmert um den anders gearteten Geist der modernen
Kunst, bis an sein Lebensende treu blieb und die er
mit Eifer und Beharrlichkeit verteidigte, entsprach es,
daß er der Farbe nur geringe Rechte einräumte. Er
betrachtete sie als die Dienerin der Zeichnung, gerade
gnt genug, um die Umrisse derselben auszufüllen.
Die Reize des Helldunkels, die plastische Wirkung des
Jmpasto's und andere Mittel der modernen Koloristik
verschmähte er. Seine Ölgemälde sind an einer bnnten,
rosigen Färbung kenntlich welche das Verdienst der
Zeichnung, der Komposition und der Charakteristik
meist beeinträchtigt. Die Zeichnung war ihm das
A und das O seines künstlerischen Glaubensbekennt-
nisses, und deshalb sind die Vorstudien und Kartons,
ohne welche er keines seiner Ölgemälde in Angrisf
nahm, den letzteren überlegen. Die große Zahl von
Aufträgen, welche ihm bis an sein Ende zuteil ge-
worden ist, beweist, daß eine zahlreiche Gemeinde mit
nnwandelbarer Verehrung dem Meister zugethan war.

Aunstlitteratur und Aunsthandel.

Schreiber, Theod., Die Brunnenreliefs aus
Palazzo Grimani. Mit zwei Heliogravnren
und zwanzig Abbildnngen ini Text. Leipzig, 1888.
E. A. Seemann. VIII und 103 S. gr. 8.

Dem Leser der Zeitschrift ist der Jnhalt dieser

anziehenden „Studie über das hellenistische Reliefbild
mit Untersuchungen über die bildende Kunst in Alexan-
drien" nicht völlig neu und unbekannt. Was bei der
ersten Veröffentlichung der beiden wnndervollen Gri-
manischen Reliefplatten, die jetzt den Antikenbesitz
Wiens bereichern, in großen Umrissen von der Be-
deutung Alexandriens für die Entwicklung der grie-
chischen Kunst dargelegt wurde (Jahrgang XX,
S. 241 ff. und 265 ff.), ist in dem vorliegenden
Buche teilweise ausführlicher behandelt worden; wo
dort nur Andeutungen gemacht oder Ergebnisse ein-
gehender Untersnchungen mitgeteilt wurden, erfolgen
hier der nmfangreiche Apparat, aus dem sie er-
wachsen sind, und die Darlegung wie Zusammenfassung
der zerstreuten Überlieferungen in Litteratur und
Kunst zu einem ausgeführten Ganzen. Kein Zweifel,
daß man im Großen und Ganzen überhaupt geneigt
war, die hellenistische Kunst zn unterschätzen; daß
dann die Gefahr drohte, Pergamon auf Kosten
Alexandriens zu iiberschätzen. Um so glänzender und
farbenreicher ist das Bild, welches der Verfasser so-
wohl von der hohen Kunstblüte in der ägyptischen
Gründung des großen Makedoners, als auch von der
eindringlichen Einwirkung gewinnt, welche sie auf die
Kunst der Folgezeit ausgeübt hat: völlig ebenbürtig
stellt sich Alexandriens künstlerische Bedeutung seiner
litterarischen Bedeutung zur Seite. Wohl mag der
Verfasser hier und da ein wenig zuweit gegangen
sein, wohl mag anch anßerhalb Alexandriens das Eine
oder das Andere gekeimt haben, — aber die Grund-
anschaunngen und Endergebnisse scheinen mir richtig
nnd unumstößlich. Der Wunsch, sobald wie möglich
und so herrlich wie möglich die große Stadt herzu-
stellen, machte den Lehmziegelbau mit einem Schlage
hoffähig; Metall- und Marmorplatten, später Glas-
flüsse und Mosaikschmuck verdecken seine Blößen gegen-
über den Marmorgebäuden, die bis dahin zu gött-
lichen und staatlichen Zwecken erbaut waren; das
Tafelbild kann sich in dieser Umgebung nicht halten:
an seine Stelle tritt das Relief von Bronze nnd
Marmor, das neu in malerischer Wirkung mit den Werken
der Malerei zu wetteifern beginnt und dies Ziel
selbständig wie eigenartig erreicht. Dazu kommt die
Flucht znr Natur, welche, durch die Unruhe und Zer-
setzung des Lebens veranlaßt und gefördert, der Fauna
nnd Flora einen größeren Raum in den bildenden
Künsten gewährt, wo bisher die menschliche Gestalt
unumschränkt allein geboten: Genre und Stillleben
werden mit Vorliebe gepflegt, zierliche Kabinettstücke
idyllischen Jnhalts bevorzugt. Das Kunstgewerbe
der Toreutik und der Glyptik greift bei dem nnge-
heuren Reichtum und der wachsenden Schnnlust mehr
und mehr um sich. Occident und Orient reichen sich
 
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