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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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Die Wiener Stadterweiterung und die Donauregulierung
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Die Entwürfe für die Dombaukonkurrenz in Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0302

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Die Eutwurfe für die Dombaukoukurrenz in Bremen-

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reicheu Ausstellung noch ivünschen sollte, so bestnnde ^
dieselbe in der Ausgabe eines Spezialkataloges, der
in populärer Weise die Besucher der Ausstellung nber
die technischen und stntistischen Details der Stadt-
erweiteruug und Donaureguliruug uuterrichten nud
die Bedeutuug der beideu Werke, sowie der einzelnen
ausgestellten Objekte näher erlnutern würde."

Die Entwürfe für die Dombaukonkurrenz
in Bremeit.

Nur selten wird deu Künstlern Gelegenheit ge-
boten, ihre Befähigung zu erproben an der Restauri-
rung eines alteu Bauwerkes, bei welchem die Bei-
behaltuug der aus der Übergaugszeit vom romanischen
in deu gotischen Stil stammenden Formen zur Haupt-
bediuguug im Programme gemacht wird.

Die piettttvolle Erhaltuug einerseits, sowie der
Kosteupuukt audererseits, sind auch bei dem Neubau
des St. Petridomes iu Bremen die leiteuden Faktoreu
geweseu, den Künstleru eine Aufgabe zu stelleu, deren
Lösung in obigem Sinne schwer zu lösen war; deun
das Studium der alten romanischen Bauformen wird
nur von wenigen so eingehend getrieben, um eiue
sichere Grundlage für solche Aufgaben bieten zu köunen.
Thatsächtich erriugen dabei diejenigen Künstler den besten
Erfolg, welche an den vorhandenen Bauteilen des zu
restaurirenden Bauwerkes noch an Ort und Stelle die
eingehendsten Studien machen. Die drei prämiirten
Eutwürfe geben hierzu einen deutlichen Beleg. Die
Photographien des alten Domes waren zwar ganz vor-
züglich klar^und übersichtlich, aber sie geuügten nicht
zur alleinigen bestimniten Auffassung des großartigeu,
monumentalen Eindruckes, welchen das alte Bauwerk
jederzeit auf deu Beschaner ausübt. Feruer geben die-
selben keiu Bild von dem Zustande, in welchem der
Dom sich früher befunden hat. Dazu ist die Einsicht-
nahme der alten im Staatsarchive befindlichen Ab-
bildungen uud Akten erforderlich gewesen. Bevor das
Projekt der Restaurirung des Domes endgültig fest-
stand, wurdeu in Bremen Stinimen laut, welche für
eine vollständige Neugestaltuug der Fassaden eintrateu,
wogegen die Historiker aber recht lebhaft Front machten.
Letztere werden, wenn sie ihre früheren Ansichten nicht
geäudert habeu, keiueswegs von dem Resnltat der
Wettbewerbung befriedigt seiu. Nach Volleuduug des
Dombaues iufolge eines der prämiirten Entwürfe
wird niemand das jetzt vorhandeue Bauwerk mehr
erkeuneu, aber auch nicht veriuissen. Viele Bewerber
haben diesen llmstand vou vornherein erkannt uud
demgemäß ihren Entwürfen freiere Ausfassungen ge-
geben, wobei dann aber auch der Kostenpunkt von
600 000 Mark überschritten wnrde. Man erkennt
nnter diesen letzteren Gegner einer sklavischen Kopi-

rung traditioneller Bauformen. Bei der Betrachtung
der eingelieferten, in der Kunsthalle ausgestellten Ar-
beiteu ist man leicht geueigt, sich dieser Auffassung
anzuschließen, um so mehr als ganz hervorragende
Leistungen in dieser Beziehung zu Tage treten. Bei
dem einen Projekte ist nameutlich der kathedralartige
Bau weit vorteilhafter mit seiner Umgebung in Ein-
klang gebracht, als es bei dem jetzigen und nun auch
zukünftigen Bau der Fall ist. Die Erhaltuug alter
Bauwerke erscheint vorzugsweise dort am Platze, wo
der Eindruck derselben nicht durch die umliegenden
Bauwerke vollständig gestört werden kann, wiejes nun
leider in Bremen der Fall ist. Dem Dome gegen-
über fteht das berühmte Rathaus mit seiuer schon
ins Barocke übergehenden Renaisfancefassade, 1612.
Diesem schließt sich rechtwinkelig das Stadthaus, ein
Kaserneubau aus der Franzosenzeit, 1810, an. An
der Siidseite des Domes steht in kaum 20 m Ent-
fernung die Handelsbörse, ein modern gotischer Bau,
und schließlich vor demselben ein Brunnen mit mo-
dernen Rococoformeu. Hätte man bei dieser Um°
gebung nicht auf eine freiere Auffassung des Bau-
werkes um so mehr Rücksicht nehmen müssen, da an
eine Entfernung dieser Bauten uiemals zu denken ist?
Die Gelehrten lassen aber leider ästhetische Gründe
nicht immer gelten, und so soll jeder alte Stein pietät-
voll erhalten werden, selbst da, wo es nicht am Platze
ist. Die Archüologie soll hier nicht bemängelt werden;
denn so lauge sie bezweckt, zum Studium das Alte zu
erhalten, kann sie nur darin unterstützt werden, aber
nicht, weun es sich um die Erhaltung des Alten handelt,
bei Zurücksetzung aller ästhetischen Grundsätze. Man
wird jetzt zu der Frage berechtigt sein, warum denn
die Architekten diesen Standpunkt nicht genügend ver-
fochten? Letzteres ist zwar erfolgt, jedoch nicht in
ausreichendem Maße, uni die Kirchenvertretung zu
gewinnen, welche um so eher deni teilweisen Neubau
zustimmte, weil dieses Projekt mit den geringsten
Kosteu verknüpft war. Selbst die Geltendmachuug
von Bedenkeu über die alte Fuudamentirung wurde
hinfällig durch die dann eingeleitete Uutersuchung der-
selben, welche ergab, daß ein erstaunlicher Verband
uud Felsenstärke der alten Grundmauern vorhanden ist.

Die Wettbewerber sind also sehr durch das Pro-
granim gebunden worden, haben sich aber trotzdem
nicht alle au dasselbe gehalten, sondern haben offen-
bar beabsichtigt, weitere Beweise ihres Könnens zu
liefern und zu zeigen, daß eine andere Auffassung des
Banwerkes in reicheren, unserer Zeit weit mehr an-
sprecheuden Formen wohl am Platze ist.

Die Jurh hat sich strenge an das Programm
gehalten, dnbei aber nicht nur die Präniiiruugen mo-
tivirt, sondern auch noch eine Anzahl anderer Ent-
 
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