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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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Galland, Georg: Cornelis Bloemaert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0334

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Cornelis Bloemaert.

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folgte ihm derselbe nach Amsterdam, wohin Cornelis
nicht als Stadtbanmeister, sondern als Jngenieur über-
siedelte. „Als der alte Mann endlich der Natur den
Tribnt bezahlt hatte, wählte (Abr.) Bloemaert wieder
Utrecht zu seinem Wohnplatze..."

Das ist ungefähr alles, was uns der Biograph
von Cornelis zu erzählen hat.

Schon Kramm Z wies darauf hin, daß auch der
ältere Bloemaert im Jahre 1593 wieder in Utrecht
vorkommt; er lag damals schwerkrank danieder, und
man nimmt an, daß er daselbst um 1595 verstarb.
Es ist übrigens möglich, daß er mit jenem „Blommert",
der 1594 in den Listen der Sattlergilde in Utrecht
als Dekan aufgeführt wird^, identisch ist, und dann
wäre doch an dem Todesdatum „um 1595" zu zweifeln.
Nach van Manders obiger, gewiß nicht aus der Luft
gegrifseuer Bemerkung muß er hochbetagt aus dem
Leben geschieden sein. Am 1. April 1591 hatte er
in Amsterdam seinen Dienst als Jngenieur angetreten,
doch schon nach sieben Mouaten hörten die Gehalts-
zahlungen seitens der Stadt aufb). Bereits 1592
wird hier Laurens Volckertsz als sein Nachfolger ur-
kundlich genannt. Auch findet er sich in Amsterdam
gar nicht als Bürger eingeschrieben, wie seine beiden
Gefnhrten, sein Sohn (31. Oktober 1591) und sein
Schüler de Keyzer (24. Okt. 1591) Z, dessen Ver-
mählung mit Beyka van Wildert am 6. April 1591
bereits in Amsterdam stattfinden konnte. So viel
zur Aufklärung der letzten Lebensperiode des Meisters.

Auch mit der Angabe von Dordrecht als Ge-
burtsort begeht van Mander einen Jrrtum. Meine
Durchsicht von R. A. van Zuylens Publikation der
Stadtrechnungen von Herzogenbusch (1399—1800)")
ergab, daß daselbst bis 1566 kein Künstler mit dem
Vornamen Cornelis städtischerseits beschäftigt war.
Später, in den Jahren 1584 und 1599, kommt nur
noch ein Bildschnitzer Cornelis Borgers vor. Jn
den Jahren 1566 bis 1569 aber lesen wir von einem
Meister Cornelis (1566), einem

Mr. Cornelis van Bercheyck (1568) und einem
Coruelis Bloemerts (1569). MeinerÜberzeugung
nach handelt es sich in sämtlichen drei Fällen um die-

1) vs lsvsus eu vsrllsn sto., S. 104.

2) S. Muller, Ds Htrsellrsetcs s,rolriven ste. — Zur
Sattlergilde in lltrecht gehörten u. a. auch die Maler und
Bildhauer.

3) De Roever in den Jahresbcrichten d. L. Ouäb. Osrr.
ts tlm8tsräs.m 1886.

4) Was H. Hymans, Franz. Ausg. des v. Mandsr II,
322, Anm. 4, sagt: „C. Bl. teilte seine Funktionen mit H.de
Keyzer ..." ist unrichtig, da letzterer erst 1595 in den Stadt-
dienst trat.

5) luvsutsris ä. sielrisvsu vau 's H. I. II. 1863—
1866.

selbe Persönlichkeit. Der Name „van Bercheyck" aber
kann sich nur auf das nordbrabantische Dorf Bergeik,
den Geburtsort Bloemaerts, beziehen. Dordrecht wird
vielmehr — und dahin kann van Manders Angabe
modifizirt werden — als die Wiege seiner künst-
lerischen Laufbahn zu betrachten sein. Wir besitzen
ja nicht wenige Beispiele dafür, daß holländische Mei-
ster unter verschiedenen Beinamen in Urkunden und
auch sonst auftreten, z. B. ein Jakob Cornelisz van
Oostzanen, der bekannte Jakob von Amsterdam: der
kleinere Ort war stets Herkunftsinformation, der
größere eine Art Empfehlungstitel. Da wir durch
die bei Kramm ^) abgedruckten Auszüge aus den Stadt-
rechnungen Utrechts (1578 bis 1587) wissen, daß
Bloemaert hier vorzugsweise mit den künstlerischen
Anordnuugen bei öffentlichen Festlichkeiten betraut war,
so lag es natürlich mehr in seinem persönlichen Jn-
teresse zu verbreiten, er sei in der Umgebung eiuer
reichen und verwöhnten Handelsstadt, als in der eines
Dorfes aufgewachsen. Daß Bloemaert sich in Utrecht
auch als Jngenieur einen Ruf erworben habe, ist
eineMutmaßung, die durch jene Berufung nach Amster-
dam berechtigt erscheint.

Was hat er aber als Bildhauer und Architekt
geleistet? Jn Utrecht — wo er in den Listen der
Sattlergilde erst 1576 und zwar als „Baumeister,
Maler und Festungsbaumeister" ausgeführt wird —
läßt sich heute nichts mit Sicherheit auf ihn zurück-
führen, allenfalls nur eine Grabplatte im südlichen
Querschiff des Domes v. I. 1573. Auf derselben
sieht man im Relief zwei Genien des Todes zu beiden
Seiten eines Sarkophags, zwischen dessen Füßen ein
neugeborenes Kiud ruht, während auf dem Sargdeckel
ein menschliches Skelett ausgestreckt liegt. Auch sein
Schüler de Keyzer hat an Begräbnisstätten mit großer
Vorliebe Skelette gemalt^).

Von Bloemaerts Thätigkeit in Herzogenbusch
teile ich folgendes mit:

Am 25. August 1566 — anscheinend kurz nach
seiner Ankunft — half er mit vielen andern Leuten,
unter Führung des Dekans der Schreinergilde, die
Kostbarkeiten und schönsten Altarbilder der Kathedrale
— die letzten ins Rathaus — retten. Diese Arbeit, an
welcher Cornelis 12 Stuivers, also eine deutsche Mark,
verdiente, schändete, so untergeordnet sie uns auch er-
scheint, in jener traurigen Zeit gewiß nicht den sorgen-
vollen Familienvater und am wenigsten den Kunst-
freund, der herrliche Meisterwerke vor dem Pöbel zu
schützen suchte. Das zweite Mal (1568) stellte er einige

1) a. a. O.

2) Kirchhofsportale der Zuider- und Westerkirche zu
Amsterdarn.
 
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