Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

DOI Artikel:
Das Schilling-Museum in Dresden
DOI Artikel:
Frizzoni, Gustavo: Neuer Zuwachs zur Breragalerie und zum Museo Poldi-Pezzoli in Mailand
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0020

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ncuer Zuwachs zur Breragalerie und zum Museo Pvldi-Pezzoli in Mailand.

22

21

Porträtbüste verlangen. Dagegen darf sich Dresden
rühmen, außer in den Terrassengruppen auch in der
Pantherquadriga auf dem Aiittelbau des neuen Hof-
theaters eine tüchtige Leistung des Künstlers zu be-
Ntzen. Als ein Werk der Pietät, und zwar als ein
ganz vortrefflich gelungenes, ist schließlich noch das
Neliefporträt der verstorbenen Gattin Schillings zu
rrwähnen. Es macht den Eindruck großer Ähnlichkeit
und wirkt durch seinc Einfachheit nnd Schlichtheit
ungemein wohlthuend. Wir können daher die Be-
Üchtigung der Biodellsaminlnng jedem Besucher Dres-
dens empfehlen. Enthält sie doch, wie wir sahen, eine
Äeihe höchst anziehender Stücke, deren Betrachtung
rntschieden lohnt, während die von uns hervorgeho-
benen Nnzulänglichkeiten äußerst lehrreich sind, da sie
deutlich erkennen lassen, wie gefährlich es ist, wenn
sich ein Künstler über die Grenzen seiner Begabnng
täuscht, und wärc es auch eiu so reich veranlagter wie
Johannes Schiüing.

^teuer Zuwachs zur Breragalerie und zum Museo
P>oldiP)ezzoli in Mailand.

Bekanntlich ist das Bestreben der eifrigen Galerie-
direktoren, die ihnen auvertrauten Sammlungen nach
den verschiedencu Richtungcn hin, welche sie speziell
vertreten, zu vervollständigen, heutzutage nicht leicht
tn Erfüllung zu bringen. — Einerseits hat die Kon-
kurrenz der Kunstliebhaber durchgehend zugenommen,
andererseits aber pflegen sich die erreichbaren guten
Werke immer seltener einzustellen.

Jn den letzten Monaten ist es jedoch dem Direktor
der königl. Gemäldegalerie in Mailand gelungen,
einige Werke neu anzuschaffen, die einen crwünschten
Zuwachs bilden.

Der bereits reichhaltigsten Abteilung dcr Galerie,
Ȋmlich der lombardischen Schule, sind mehrere Bilder
äugewachsen. Sogleich im ersten großen Saale, in
welchem die große Krönung Mariä von Borgognonc
den Mittelpunkt bildet, ein ernstes Tasclbild von dem
Zeitgenossen nnd wahrscheinlichen Mitschüler Braman-
kino's, dem Brescianer Vincenzo Civerchio (Nr.9 l bis).
-kuf einem echt lombardischen landschaftlichen Hinter-
llrunde ist in Figuren von halber Naturgröße die Epi-
sode der Anbetung des aus dem Boden liegenden
Christnskindes dargestellt, welcher sich auf der einen
Seite die anmutige Gestalt einer jugendlichen heiligen
Katharina beigesellt. Das Bild ist beglaubigt durch

dns Monogramm des Künstlers: ; mit demZirkel

der die Buchstaben verbindet, wollte der Künstler viel-
keicht andeuten, daß er auch Architekt war.

Einen bedeutenden Znwachs haben die Wand-
malereien bekommen, indem die meisten derselben (von

Vinc. Zoppo und von Luini nnd seiner Schule rc.),
welche früher auf ungünstige Weise im Museo Archeo-
logico im Erdgeschoß aufgehäuft waren, nunmehr in
der ersten, bedeutsnd erweiterten Abteilung der Ge-
mäldegalerie aufgestellt sind, welche bisher die vor-
wiegend schlechten Bilder der Galerie Oggionni ein-
genommen hatten. Als neuer Erwerb ist darunter ein
Fresco von Ambrogio Borgognone zu bezeichnen
(Nr. 19), der ja sonst nicht besonders vorteilhaft in der
Galerie vertreten ist. Vor einer fein mit Gold ge-
stickten Kurtine steht Maria, das Kind auf den
Ülrmeu; zur Seite zwei holde musizirende Engel,
während zwei andere in der Höhe ihr die Himmels-
krone aufsetzen. Nimmt der Beschauer keinen zu
starken Anstoß an den überschlanken Proportionen be-
sonders der Mittelfigur, so wird er sich um so mehr
an der geistig einfachen, reinen Auffassung, haupt-
sächlich dcr Engelgestalten, erfrenen.

Unerwarteter ist das Glück zu uennen, welches
Direktor Bertini zu dem Ankauf eines Porträts von
dem seltenen Veroneser Maler Francesco Torbido,
genannt il Noro führte. Es hängt im siebenten, einem
der kleineren Säle. Es ist die sinnige Halbfigur
eines bürgerlichen, bärtigen Mannes von freundlichem
Ausdruck, in schwarzer Kleidung, mit einem grauen
Handschuh in der rechten Hand; Hintergrund dunkel-
grün. Darauf die sorgfältig ausgeführte Jnschrift:

U88 ll'VWIVVS V.

^oiUUVll'.

Das Bild ist als ein im Geiste und im Geschmack
Giorgione's gehaltenes Werk zu bezeichnen. Jhm
gegenüber sind neuerdings die drei herrlichen be-
kannten Porträts von Lorenzo Lotto aufgestellt, welche
hierher ganz gut passen, und, ihrem hohen Werte ent-
sprechend, besser betrachtet werden können als bei der
früheren Aufstellung.

Ganz anderer Art ist der Erwerb, welchen Ber-
tini dem Museo Poldi Pezzoli neuerdings zugewiesen
hat. Hier handelt es sich um ein Werk der textilen
Kunst. Das Museum enthält, wie bekannt, eine be-
sondere Sammlung von Musterstücken aus diesem Be-
reich- Das, welches sich eben den andern anschließen
soll, wäre ein höchst kostbares Kleinod, wenn es nicht
leider anßerordentlich abgenutzt und verdorben wäre.
Es besteht in einem Überschlag eines Priestermantels,
mit goldenen und farbigen Seidenfäden gestickt. Zwei
Engel halten eine Kurtine, vor der die Krönung
Mariä ncbst zwei Stifteru dargestellt ist. Untcrhalb
abermals zwei Engel, welche ein Wappen halten. Die
Erfindung der Komposition geht augenscheinlich auf
keinen anderen Künstlcr als auf Sandro Botticelli
zurück. G»stav Frizzoni.
 
Annotationen