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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Haendcke, Berthold: Einige Handzeichnungen von Hans Baldung Grien in Bern
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0242

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Nr. 30.

2H. Iahrgang.

^888/89

Aunstchronik

2. Mai.

wochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Runstgewerbevereine.

^erausgeber:

Larl v. Lützow und Arthur pabst s

U)ien Aöin

Cheresianumgasse 25. Raiser-Wilhelmsring 22 a.

Lxpedition:

Leipzig: L. A. Leemann, Gartenstr. t5. Berlin: w. tz. Aühl, Iägerstr. 73.

Die 'A'unstchronik erscheiut von Mktober bis Lnde guni wöchentlich, ini guli, August und cheptember nur aller ^ Tage und kostet in verbindung
Mit dem Runstgewerbeblatt halbjährlich 6 Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark. — Inserate, ä 30 pf. für die dreispaltige petitzeile
nehmen außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein Sc vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

Inhalt: Linige Handzeichnungen von hans Baldung Grien in Bern. — Lin schweizerisches Nationalmuseum. — Bücherschau: Müller-Walde,
Leonardo da vinci. — Ausgrabungen in Delphi. — Maler P. Bülow -f; Aupferstecher h. Sagert -f; Prof. w. Rau -f. — Archäologische
Gesellschaft in Berlin. — Aus Berliner Aunstausstellungcn; Leihausstellung des Leipziger Runstvereins; Berliner akadem. Aunstausstellung. —
Raiser-Wilhelm-Dcnkmal in Aachen. — Metzer Runstverein; Ausbau der wiener hofburg; Fritz Neuhaus' Gemälde „Der große Rurfürst
im Baag"; Aunstgewerbehalle zu Dresden; Skulpturensammlung ebenda. — vom Aunstmarkt: Die jüngsten Gemäldeauktionen in paris;
Berliner Gemäldeversteigerungen; Auktion Minutoli. — Neuigkeiten des Buch- und Aunsthandels. — Zeitschriften. — Inserate.

Tiingc b)andzeichnungen von tsans Baldung Grien
in Bern.

von Berthold L;aendcke.

Jn der kürzlich von der Eidgenossenschaft über-
nommenen früheren Büski-Wyßschen Handzeichnungen-
sammlung befinden sich 14 Blätter, die der Knnst-
weise Hans Baldungs genannt Grien angehören.
Augenscheinlich sind die Zeichnungen Fragmente zu
Glasgemäldevisirungen, deren Mittelbild jedesmal fehlt.
Es sind nur eine Anzahl Ecken erhalten, die teilweise
zusammengehören. Sie umschlossen ein ovales Haupt-
gemälde. Eine Form, die für diese Zeit eine sehr
auffällige ist. Die Maße der Blätter variiren zwischen
15:14 oin und 20:21 em in der Größe. Die Aus-
führung ist bei allen, mit Ausnahme eines Wappens
mit der Feder.

Bd. I, S. 26 sehen wir als erstes Blatt einen
kleinen geflügelten Knaben, der auf dem Leibe liegend,
mit ausgebreiteten Armen den Ausschnitt umspannt.
Rechts entspricht ihm ein anderer in ähnlicher Stellung.
Jn den unteren Ecken stützen links ein halb sitzender,
halb fliegender Engel, rechts ein frei schwebender ein
breites Blättergewinde. Das Ornament ist sehr phan-
lastjsch gebildet. Jn der Mitte befindet sich eine 2lrt
Säulentrommel, an welche von beiden Seiten mit dem
Kopfe zwei liegende Figuren anstoßen, deren Körper
stch in akanthusartige Blätter auflösen. Am Fußende
hat der Meister je einen Vierpaß gezeichnet. Als
fiinften Entwurf haben wir auf dieser Seite noch eine
einzelne Ecke zu verzeichnen. Ein nacktcs, schlankes
Weib hält das Oval.

Blättern wir weiter, so erblicken wir zunächst
ein unbekanntes Alliancewappen. Diese Arbeit ist echt
bezeichnet, scheint mir aber von einer späteren Hand
übergangen zu sein. Unter dieser Zeichnung sind
zwei „Ecken" eingeklebt. Zwei unbekleidete Mädchen
halten eine Blattguirlande, die durch gebuckelte und
gedrechselte Körper belebt und abgeteilt wird. Die
eine dcr jugendlichen Gestalten, die zur Linken, kniet,
während die rechts halb fitzt, halb ruht.

Auf S. 28 sind nns sechs Zeichnungen erhalten.
Oben links und rechts halten zwei unbekleidete Frauen
das — fehlende — Mittelbild. Die links befindliche
sitzt mit lässig ausgestreckten Beinen, die rechts liegt
auf dem Leibe. Es folgen vier weitere Ecken, in die
kleine Knaben in den verschiedensten und kühnsten
Stellungen hineinkomponirt sind.

Die Ausführung ist, wie schon bemerkt, mit der
Feder in bräunlicher Tinte. Das Papier ist gelblich.
Die Strichlage ist parallel, kräftig und ungemein sicher;
häufig mit einem kleinen Haken als Vorschlag. Tritt
eine Schraffirung hier und da auf, so ist sie einfach
„strichartig" und nicht so „netzartig", wie in den
Blättern des Künstlers aus den zwanziger Jahren.
Die Glieder der Frauen sind schlank, sogar manches-
mal mit einer Neigung zum Überschlanken. Die Kinder
haben kurze, kraftvolle und runde Formen, ohne zu
starke Gelenkeinschnitte. Die Gesichtsbildung der
Mädchen ist die bei Grien bekannte rundliche mit
kleinem Munde und weicher, stumpfer Nase. Zwei-
mal ist jedoch das Oval länglich und die Nase gerade
gebildet. Die vollwangigen Köpfe der Kinder sitzen
so direkt auf den Schultern anf, daß ein Hals sast
 
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