Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

DOI Artikel:
Frimmel, Theodor von: Eine vergessene Gemäldesammlung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0250

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 3(.

2q>. Iahrgang.

(888/89.

Aunstchronik

9. Mai.

Mocheklschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Aunstgewerbevereine.

Herausgeber:

Larl v. Lützow u»d Arlhur j)abst

wien Uötn

Theresianumgasse 25. Ralser-Wilhelmsring 22a

Lxxedition:

Leipzig: L. A. Seemann, Gartenstr. 1,5. Berlin: w. bs. Aühl, Iägerstr. 73.

nehmen außer der l?erlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein 6c vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

)nhalt: Line vergessene Gemäldesannnlung. — Zur Geschichte des Barock und Rokoko. — Bücherschau: Führer durch die königl. Sammlungen
zu Dresden. — Aonkurrenz um das Stettiner Kaiserdenkntal; preisbewerbung für das Theater in Lssen — Orof. Böcklin; prof. Stang;
— Beteiligung deutscher Aünstler an der j?ariser weltausstellung; Zamburgische Gewerbe- und Induflrieausstellung; Aunstgewerbe-
ausstellung in München l888; Ausstellung der Tornillschen Sammlung. — Aaiser-Wilhelm-Denkmal in Llberfeld; desgl. in Aöln. —
wiederherstellung der Appartamenti Borgia. — wandgeniälde im Berliner Rathaus; Aus Brenien. — Reuigkeiten des Buch- und Aunst-
handels. — Zeitschriften. — Berichtigungen. — Inserate.

i§ine vergessene Geinäldesainnilung.

Jm November des vorigen Jahres wurde ich
von befreundeter Seite auf die Gemäldesammlung des
Fnrsten Georg Czartoryski zu Weinhaus bei
Wien aufmerksam gemacht. Die Litteratur hat die
kleine Galerie in Weinhaus so gut wie vergessen.
Deun eine kurze Erwähnuug, die 1858 in Wurz-
bachs biographischem Lexikon (III. Bd.) im Verlauf
der Lebensbeschreibung des Fürsten Konstantin Czar-
toryski, des Gründers der Galerie und Vaters des
gegenwärtigen Besitzers, gemacht wird, schlägt jeder
erst auf, wenn er schon vom Vorhandensein der Samm-
lung Kenntuis hat. Auch sonst würde jeder von einer
Privatsammlung, die in den fünfziger Jahren genannt
wurde, eher annehmen, daß sie heute nicht mehr be-
steht, als daß man sie noch immer an Ort und Stelle
finden könne. Erwähnt ist die Galerie auch in einem
kleinen Fremdenführer von Wien aus dem Jahre 1856,
vermutlich auch noch anderwärts in der Lokallitteratur.
Waagen hat meines Wissens die Gemälde bei Czar-
toryski niemals zu Gesicht bekommen. Jn allerneuester
Zeit haben ein kleiner Artikel im Monatsblatt des
Wiener Altertumsvereines und einige Notizen dieser
Zeitschrift von der Galerie in Weinhaus gehandelt.

Nach zweimaligem Besnch der Sammlung sind
mir mehrere Bilder derselben soweit klar geworden,
daß ich einige Worte über sie niitteilen darf. Die
Holländer des 17. Jahrhuuderts bilden hier, wie in
den meisten Privatgalerien, die Hauptsache. Ein Breit-
bildchen von Gerrit Dov (0,34x0,26) ist ein Präch-
tiges, durchaus wohlerhaltenes Stiick, das den Meister

! in seiner besten Zeit, noch nicht lange nach seiner
! Lehrzeit bei Rembrandt, erkennen läßt. Wir blicken
in ein sauberes, tiefes Gemach, das uur durch ein ein-
ziges Fenster von links her Licht erhält, klares, helles
Tageslicht. Beim Fenster sitzt ein junger Mann, der
sich eben das Pfeifchen auzündet und eine Rauchwolke
vou sich bläst. Es muß wohl ein Schöngeist sein, da
man allerlei Beirat wissenschaftlicher und künstleri-
scher Art in der Stube erblickt. Anf dem hellblau-
gedeckten Tisch ist ein aufgeschlagenes Buch, eine Geige,
ein Globus und anderes zu sehen. Vorne auf dem
Boden steht ein Buch, darauf ein Glas; links daneben
liegt ein umgeworfener Zinnkrug. Rechts vom Tische
ein Stuhl. An eiucr Säule im Mittelgruude häugt
ein Degen. Jm Fenster steht man ein kleines Vogel-
bauer. Die echte Bezeichuung 6vov (l) an 6l ange-
schlossen) liest nian auf dem Buche im Vordergrund.
Sie ist in hellen, feinen Zügen ausgeführt und schließt
sich an den Verlauf des oberen Buchrandes an.

Ein Gemüsemarkt, wohl von Slingeland, läßt
sich hier anrcihen, sowie ein stark mitgenoinmenes
Sittenbild, vielleicht von Metsn, und ein vortrefflich
erhaltener bezeichneter Staveren (0,37 hoch, 0,28 br.
auf Eichenholz): Köchin hinter einem Rundbogen-
fenster. Links auf der Fensterbank steht ein großer
Messingkrug, weiter rechts liegen Zwiebeln, Rüben
und ein riesiger Kohlkopf. Jn der Bogenlaibung
rechts hängt ein Rebhuhn. Jm Hintergrund dunkle
Gänge. Die Bezeichnuug (mit einem

^ Vertikalstrich im unteren Bauch des 8) liest man auf
der Fensterbank gegen links. Aus der Gruppe der hier
vorhaudenen Leydener Feinmaler ist noch ein Frans
 
Annotationen