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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Frimmel, Theodor von: Die Gemälde der Ambraser Sammlung in Wien
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0293

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567

Bücherschau.

568

besonders die nach dem halbverlorenen Rosenkranzbild,
somie die beiden Kaiserköpfe nach den Originalen im
Rathaus zu Nnrnberg sind aber der Beachtung wert.
Bezüglich der Kopie des Rosenkranzbildes bemerke ich
hier ausdrücklich, daß sie auf Leinwand gemalt ist,
was zu einigen Rückschlüssen berechtigt.

Die zwei kleinen Rundbilder vom jüngeren Hol-
bein aus dem Jahre 1534, (anf weichem Holz gc-
malt) befinden sich nvch in besteni Zustand an Ort
nnd Stelle. Sie kommen in die große Galerie (als
Nr. 1577 und 1578). Zwei ältere Kopien nach dem
männlichen Bildnis des älteren Holbein, das Wolt-
mann (Holbein II. 90) beschreibt, will ich hier er-
wähnen, weil das Original in Privatbesitz nnd des-
halb schwer zugänglich ist. Primisser (S. 155, Nr. 75)
hielt die eine dieser Kopien nvch für ein Werk Al-
brecht Dürers, was ich vermerke, um anderen das
Suchen nach diesem „Dürer" zu erspareu. Der
Jörg Brew, den die Litteratur in Verbindung mit
der Ambraser Sammlung kennt, befindet sich längst
nicht mehr im unteren Belvedere. Dagegen ist die
lange Reihe der fürstlichen Bildnisse vom jüngeren
Cranach, die in Naglers Lexikon (III, 182) und in
Hormayrs Archiv von 1821 (S. 70 ff.) crwähnt sind,
noch an derselben Stelle, wo ich sie vor Jahren zum
erstenmal gesehen habe. Nr. 37, eine unterlebensgroße
Madonna, hinter welcher zwei Engelchen einen grünen
Vorhang ansgespannt halten, ist aus der Werkstätte
des älteren Cranach hervorgegangen und zeigt das
roh ausgesührte Zeichen links oben (erwähnt bei Perger
a. a. O. S. 386), an einer etwas größeren Madonna
aus Cranachs Atelier, (Nr. 106) ist scitlich ein breiles
Stück ergänzt.

Vergessen wir nicht, auf einige bedeutende Werke
französischer Malerei hinzuweisen, die noch in der
Ambraser Sammlung zu finden sind, mit dem feiuen,
glatten Fr. Clvuet an der Spitze. Das wohlerhaltene
Bildchen stcllt den jugendlichen Charles IX. vor, un-
gesähr im Alter von elf Jahren. Denn rechts oben
liest man die Jahreszahl 1561, und Charles ist
1550 geboren. Höchst währscheinlich hat man ein
zweites französisches Gemälde in deni Brustbild einer
Heiligen vor sich, das im letzten Zimmer als Nr. 67
hängt und bei Waagen als Holbein um 1536 galt
(bei Primisser als „Altdcntsch", bei Sacken (II, S. 58)
als Amberger). Der nenc Katalog der großen Galeric,
in welche es ansgenommen werden soll, verzeichnet es
als Nr. 1508 („Deutsche Schnlc"). Die Dargestellte ist
vvn einem fcinen Kreisnimbus umgeben, zeigt im übri-
gen so individuelle Züge, daß man das Bild für ein
Porträt halten muß. Der Buchstabe c, der im Brnst-
saum des Kleides oder Hemdes vorkommt (nicht 6
und 8, wie Waagen sagt), und das mehrmalige X

im Halsbande lassen vielleicht eine Katharina vermuten.
Die Malweise dentet auf die Zeit um 1540 und erinnert
lebhaft an die Hand des interessanten männlichen Bild-
nisses im zweitcn Stockwerk des oberen Belvedere
(I. Saal, Nr. 99).')

Unter den Kopien nach französischen Gemälden,
die sich in großer Anzahl im unteren Belvedere finden,
hebe ich noch hervor: einen Charles lX., ein fast lebens-
grvßes Brustbild im sog. Stammbaumsaal (Nr. 63)
und eine ganze Reihe intercssanter kleiner Bildnisse
im Saminlungsbureau (besonders die Nummern 829
bis 836).

Originale sind die kleinen Gvuachemalereien mit
Bildnissen ans dem brandcnburgischen Hause. Eines
davon trägt die Bezeichnung „Uss Iräres Uuaut Uos
jsllnsZ kso." in feiner goldener lateinischer Kursive.
Die dargestellte Persönlichkeit ist als Kurfiirstin Sophic
Charlotte bezeichnet; als Datirung lesen wir 1695-
Der Name Hnaut steht bei Primisscr und Sacken irr-
tünilich als Hicaut.

Th. Frimmcl.

l) Vergl. hierüber C. v. Lützows Belvederewerk (Text
S. 98), wo von mehreren sranzösischen Bildern des Belvedere
die Rede ist und die ältere Litteratur benutzt wird. Siehe
auch Rep. X, 292 und „Olironigue äss arts" vom 17. diov.
1888, endlich den vor kurzem hier erschienenen Artikel über
die Sammlung Czartoryski (Chronik 1889, Nr. 31).

Bücherschau.

Denkmälcr gricchischer und römischcr Skulptur in historischer
Anordnung. Unter Anlertung von Heinrich Brunn,
herausgegeben von Friedrich Bruckmann. Jmperial-
sormat. München 1888. Lieferung 7—11.

Lcmgsam aber stetig schreitet das große Werk vorwärts
und jede neue Lieferung erfüllt mehr die Erwartungen, die
es bei seinem ersten Erscheinen bewillkommneten, und birgt
des Schönen oder Wichtigen sür jeden Freund und Kenner
der alten klassischen Kunst. Nebcn Athen und München,
welche bisher hauptsächlich Berücksichtigung fanden, tritt nnn
London mit der Fülle seines Antikenbesitzes, aus welchem
neben dem polykletisirenden Pan des M) Cossutius Cerdo
(Lies. X, Nr. 47), einerseits auf den äginetischen sog. Apollon
Strongford (XI, 51), andererseits aüf den hochpathctischen
Apollvn Giustiniani (XI, 83) ausdrücklich hingewiesen sein
mag. Die Wiedergabe des letzteren, besonders groß und
wohlgelnngen,veranlaßtdenReserenten,denWunschzu wieder-
holen, daß fortan auch die übrigen Köpfe, znmal wenn sie
von besonderer Schönheit und Wichtigkeit sind, ebenso groß
mitgeteilt werden möchten, d. h. stets ohne die modernen
Basen (wie z. B. beim sog. Thumelicus XI, 55) und ohne
mvderne Büsten (vgl. z. B. II, 10 und III, 13), welche ihren
Maßstab unnütz verkleinern. Von athenischen Antiken seien
die delische Nike des Mikkiades (VIII, 36), der sog. Apollon
auf dem Omphalos (IX, 42), die Parthenos Lenormant
(VIII, 38) und des Varvakion (VIII, 39. 40) als besonders
wertvoll und gelungen hervorgehoben. Der Athenekops vom
Denkmal des Eubülides (X, 48) hätte mehr von der Seite
genommen werden müssen (vgl. dazn Arch. Mittlgn. Athen
VII, 5); bei den arg mitgenommenen Köpfen des Skopas
(IX, 44) wäre es d'och wohl angebracht gewesen, sie nach
Abgüssen wiederzugeben (vgl. Antike Denkmäler 1, 35). Die
Abbildung der Nike vom Dipyion (X, 49) widerlegt Wolters'
Behauptung, daß Kopf und Torso nicht zusammengehören
(Arch. Mittlgn. Athen XII, S. 368 ff.), und giebt zum
 
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