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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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Frimmel, Theodor von: Eduard Bendemann
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227

Eduard Bendemann.

228

Künstler ausübte. Hübners Hiob (in Frankfurt,
1836 — 1838) ist wohl der Bendeniamischen Kom-
position nachempfunden, und sogar Führichs Trau-
ernde Juden (Prag bei Nostitz) dürften nicht ganz
unbeeinflusst durch Bendemanns Vorgang geblieben
sein. Noch freier als in dem erwähnten Bilde be-
wegte sich Bendemann in seinem Jeremias(1834—35 ').
Mit heutigen Geschichtsbildern verglichen,, zeigt das
Bild freilich eine auffallende Glätte und eine All-
gemeinheit in allem Stofflichen; doch führte auch
dieses Werk die deutsche Malerei wieder um einen
tüchtigen Schritt weiter. Zudem lagen ja die an-
gedeuteten Mängel in der Zeit. Auch in Frankreich
war man um die Mitte der dreissiger Jahre nicht
viel weiter, wie denn auch die Franzosen dem Bende-
mannschen Jeremias ihre Anerkennung nicht ver-
sagen konnten. Das Bild war im Jahre 1837 im
Salon ausgestellt. Der „Artiste" brachte eine ein-
gehende Beurteilung des Jeremias, die dem Künstler
gern etwas am Zeuge flicken möchte, aber endlich
doch zugesteht: „Le tableau de M. Bendemann est
un ouvrage fort estimable et, on peut le dire, un des
plus estimables du Salon"2). Es war derselbe Salon,
der auch Lessings Hussitenpredigt zu sehen gab, was
zu einer Vergleichung herausfordert. Bendemanns
Gemälde ist ungleich monumentaler angelegt als
Lessings Hussitenbild, wie denn überhaupt sein
ganzes Wesen mehr dem Grossen und Ruhigen
zustrebte als Lessings Weise, die einerseits drama-
tischer ist, andererseits aber sich in späteren Jahren
von der Geschicbtsmalerei im grossen Stil abwen-
dete, um ausschliesslich zur Landschaftsmalerei, zur
Liebe seiner Jugend, zurückzukehren. Bendemann
wieder setzt die Landschaft in fast auffälliger Weise
zurück. Dem monumentalen Zuge seiner Begabung
zu gehorchen, hatte Bendemann reichliche Gelegen-
heit, als er nach einem längeren Aufenthalte in
Berlin nach Dresden berufen wurde (1838), um da-
selbst als Professor an der Akademie zu wirken und
im königlichen Schlosse jene Reihe von sorgsam
durchgebildeten Wandgemälden auszuführen, die
durch Wort und Bild weit bekannt geworden sind3).
Wir haben hier eine bedeutende Leistung vor

1) Schon 1835 widmet Naglers Künstlerlexikon dem
jungen Künstler einen mehr als seitenlangen Artikel. In den
AI onogrammisten (1860) kommt Nagler nochmals auf ihn zurück.

2) Das Bild befindet sich wohl heute noch im königl.
Schloss zu Hannover, wo ich es vor einigen Jahren ge-
sehen habe.

3) XIII, Vol. 98ff. Eine Lithographie von Leon Noel
nach dem Jeremias ist dem Text beigegeben. Das Gemälde
trug seinem Schöpfer die goldene Medaille ein.

uns, auf deren Gedankenreichtum übrigens heute
nicht näher eingegangen werden kann. Die Arbeiten
in Dresden, die einigemal durch ein Augenleiden
unterbrochen wurden, dauerten bis ins Jahr 1855
hinein l). 1859 folgte Bendemann dem Rufe an die
Düsseldorfer Akademie, deren Leitung er nunmehr
übernahm und bis 1867 fortführte. Auch unter den
gänzlich neuen Verhältnissen, die sich in Düsseldorf
seit den Jünglings jähren Bendemanns herausgebildet
hatten, schuf der Meister noch mit derselben Kraft
wie früher, aber mit gesteigertem Können und ver-
tiefter Einsicht. Wie abgeklärt seine damalige Kunst-
anschauung war, beweist der anmutige Fries in der
Realschule zu Düsseldorf'2). Kaum würde jemand,
der ohne Vorbereitung diese Wandgemälde betrachtet,
ahnen, dass sie von einem weit über fünfzig Jahre
alten Künstler gemalt wurden, so lebensfrisch ist das
Ganze erfunden und ausgeführt3).

Voll Kraft und Leben ist auch noch das 1872
entstandene Riesengemälde: Die Wegführung der
Juden in die babylonische Gefangenschaft, das alle
Welt in der Berliner Nationalgalerie gesehen hat,
weniger die Wandgemälde im Corneliussaale des-
selben Gebäudes, an deren Ausführung übrigens
auch der Sohn Rudolf seinen Anteil hat.

Ein reiches Schaffen liegt vor uns, wenn wir auch
nur die grossen Arbeiten Bendemanns überblicken, von
denen hier die Rede war. Nun aber malte und zeichnete
der Künstler nebenher noch tausend andere Dinge.
Viele Bildnisse seiner Hand, besonders das seiner
Frau, sind geschätzt und bewundert. Auch als Illu-
strator ist Bendemann thätig gewesen, und einige
Radirungen werden von ihm verzeichnet. Zudem nahm
er an allem Teil, was die gebildete Welt bewegte. Wenn-
gleich die Richtung seiner Kunst längst durch den
modernen Realismus in seinen vielen Abstufungen
in den Hintergrund gedrängt ist, müssen wir doch

1) Ich erinnere an die Stiche H. Bürkners und Gold-
friedrichs, an die Mitteilungen im deutschen Kunstblatt von
1854 (S. 297 ff.) und an Th. Levins Artikel in Jul. Meyers
Künstlerlexikon. Ein Entwurf zur Horengruppe aus den
Kompositionen für das Dresdener Schloss ist im Leipziger
Museum aufgestellt.

2) Ins Jahr 1841 fällt eine neuerliche italienische Reise.
Von einem mehrwöchentlichen Aufenthalte Bendemanns in
Wien 1842 berichten L. A. Frankls Sonntagsblätter- (1842,
Nr. vom 25. Juni). 1854 ward der Karton „Zion und Babel"
(Dresdener Kupferstichkabinet) vollendet, desgleichen ein
farbenkräftiges Aquarell: Hero (Fürstin zu Hohenlohe-Schil-
lingsfürst) u. a.

3) Über diesen Fries vergl. Dr. Franz Heinen „Bende-
manns Wandgemälde in der Aula der Realschule zu Düssel-
dorf (1866) und Zeitschrift f. bild. Kunst VII, 112 ff.
 
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