Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

DOI Artikel:
Niemann, G.: Kampf um Troja
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0133

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
253

Kampf um Troja. — Kunstlitteratur und Kunsthandel.

254

das Ersuchen, Herr Hauptmann Boetticher möge sich
an Ort und Stelle von dem Sachverhalte überzeugen.
Den Einwurf, dass Boetticher die Euinen ja nicht
gesehen habe, wollte indessen dieser nicht gelten
lassen. Er schrieb: „Mein Buch beurteilt auf Grund
der eigenen Angaben Schliemanns und Dörpfelds die
Ruinen von Hissarlik gewiss richtig. Dazu brauchte
ich nicht dort gewesen zu sein." Mit einem gewissen
Stolze bezeichnete er selbst seine Arbeiten als: „uni-
quement le resultat d'une etude de cabinet", und
meint trotzdem „in Hissarlik besser zu Hause zu
sein als Herr Dörpfeld."

Als Boetticher sich schliesslich herbeiliess, in
Hissarlik zu erscheinen, sah er, wie völlig falsch das
Bild war, dass seine Phantasie ihm vorgespiegelt
hatte. Nicht bloss die Unparteiischen, sondern Boet-
ticher selbst überzeugte sich, dass die von ihm er-
hobene Beschuldigung, Dörpfeld habe die Ausgra-
bungsergebnisse gefälscht, jedes Grundes entbehre,
und deshalb nahm er die Beschuldigung in einer zu
Protokoll diktirten und von ihm selbst später teil-
weise veröffentlichten Erklärung zurück.

In Hissarlik wurden jene Missverständnisse auf-
geklärt, welche Boetticher zu seiner Hypothese ver-
anlasst hatten, und es wurde von den Zeugen die
Übereinstimmung des Thatbestandes mit dem Plane
Dörpfelds konstatirt. Boetticher musste diese Über-
einstimmung in mehreren wichtigen Punkten ein-
räumen.

Er räumte ein, dass die bestehende Ringmauer
keine „von Ventilationskanälen durchkreuzte Gänge"
enthalte, sondern eine massive Futtermauer sei; er
räumte ein, dass auf dieser Futtennauer an den von
der Ausgrabung verschonten Stellen eine gleichfalls
massive Lehmziegelmauer steht; er räumte ein, dass
in der Mauer Eingänge (sagen wir Thore) sich be-
finden; er räumte ein, dass die Mauer des Gebäudes
A an dem Punkte ihr Ende findet, wo Dörpfelds
Plan die Ante angiebt und überzeugte sich von dem
Vorhandensein der oben erwähnten Aufstandplatten
und der verkohlten hölzernen Pfosten; er räumte
angesichts des die ganze Fläche bedeckenden

ein

Lehmstrichs — dass der Raum A ein einheitlicher
und nicht mit dazu gehörigem kleinen Gemäuer an-
gefüllt gewesen sei; er räumte ein, dass der Grund-
riss des Propylaions, den er als Schöpfung Dörpfelds
bezeichnet hatte, richtig sei.

Einen Irrtum anderer Art einzusehen, war ihm
nicht mehr vergönnt; er betrifft den von Hissarlik
zwei Stunden entfernten Tumulus Hanai tepe; dieser
Tumulus, den Boetticher oft mit dem Schutthügel

von Hissarlik in Parallele stellte, hat nicht die mindeste
Verwandtschaft mit demselben. Hanai tepe ist das,
was Boetticher in Hissarlik suchte, ein wirklicher
Aschenhügel. Es war ihm nicht mehr vergönnt,
diesen Tumulus zu sehen, weil Boetticher sich
weigerte, den Herren Schliemann und Dörpfeld, die
er jahrelang angegriffen hatte und die ihn auf der
unwirtlichen Stätte von Hissarlik gastlich aufnahmen,
nun, nachdem er sich von der Grundlosigkeit seiner
Beschuldigungen überzeugt hatte, öffentliche Genug-
thuung zu geben und dadurch den weiteren Verkehr
mit ihm unmöglich machte.

Wir aber denken, man darf über den Fall Boet-
ticher zur Tagesordnung übergehen. Dörpfelds Plan
der Ruinen besteht zu Recht, wovon sich jeder an
Ort und Stelle überzeugen kann; Boetticher kann
ihn nicht anfechten; er nennt ihn auch nicht mehr
ein Phantasiegebilde, sondern zieht sich auf den
Glauben zurück, „dass' Dr. Dörpfeld in einem und
dem andern Punkte sachlich irrt"; der Plan Dörpfelds
zeigt uns eine Burg von massigem Umfange aber
keine Nekropole, und dieser Plan wirft Boettichers
Hypothese über den Haufen.

0. NIEMANN.

KUNSTLITTERATUR UND KUNSTHANDEL.

* „Dante in der deutschen Kunst" ist der Titel einer
bei L. Ehlermann in Dresden erscheinenden Publikation,
welche eine Anzahl-von Illustrationen hervorragender deut-
scher Meister unseres Jahrhunderts zu dem Gedichte des
grossen Florentiners in Lichtdrucken vorführen soll. Drei
schöne Blätter von Preller d. ä., Führich und Bethel bilden
den Inhalt der ersten uns vorliegenden Lieferung. Für die
weiteren Tafeln sind Zeichnungen und Aquarelle von Cor-
nelius, Schnorr, 'Schwind, Steinte, Lessing, Begas, Grosse
u. a. in Aussicht genommen. Der Text des Herausgebers,
Baron 67. Locella, beschränkt sich, soweit er im ersten Hefte
vorliegt, auf eine kurze Übersicht der Wirkungen Dante's
auf die Weltlitteratur, auf Musik und bildende Kunst im
allgemeinen. Die Fortsetzung soll speziell den deutschen
Dante-Illustratoren gewidmet sein. Die berühmten Skizzen
Botticelli's werden auffälligerweise nicht erwähnt. Sehr er-
wünscht wäre der Abdruck aller auf den ausgewählten Tafeln
illustrirten Stellen in deutscher Übersetzung. Die Ausstat-
tung des Werkes ist eine des ernsten Inhalts würdige.

* Unter dem Titel „Kunstgcschichtliehe Charakterbilder
aus Österreich- Ungarn" bereitet die Verlagshandlung von
Ternpsky in Prag, Wien und Leipzig ein illustrirtes Buch
vor, in welchem die Hauptperioden der Kunstentwickelung
des Donaureiches von einer Anzahl jüngerer Wiener Kunst-
gelehrten in populärer Darstellung behandelt werden sollen.
Die Redaktion des Ganzen hat Dr. A. Mg übernommen, der
auch die Schilderungen des Barockstils und des Rokoko
liefert. Für die Neuzeit ist L. Hevcsi, der Feuilletonist und
Kritiker des Wiener Fremdenblattes gewonnen. Die übri-
gen Abteilungen übernahmen Dr. Hoernes, B. v. Schneider,
Fr im Hui, Stiassny und II. Zimerman.
 
Annotationen