Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

DOI Artikel:
Rosenberg, Adolf: Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0041

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
71

Kunstlitteratur. — Todesfälle. — Ausgrabungen und Funde.

72

an die Quelle nach Paris zu Gleyre, von da nach
Spanien, wo er fleissig Velazquez kopirte, und nach
Marokko. Nach einer zweiten, bis nach Nubien
ausgedehnten Orientreise hatte er bereits einige für
jene Zeit überraschend gute Genrebilder aus dem
orientalischen Volksleben gemalt, als er 1853 aber-
mals nach Paris ging, um sich im Atelier Couture's
weiterzubilden. Nach dem, was uns unsere Ausstel-
lung bietet, darf man wohl behaupten, dass sich kein
zweiter deutscher Maler die „peinture Couturienne"
so zu eigen gemacht hat wie Gentz. Das zeigt sich
am deutlichsten in einem Genrebilde „Ägyptische
Studenten unter Palmen ruhend" (1854) und in den
beiden grossen biblischen Kompositionen, „Das Gast-
mahl Christi beim Pharisäer Simon" (1854, in der
Klosterkirche zu Neu-Ruppin) und „Christus unter
den Pharisäern und Zöllnern" (1857, in der Kunst-
hütte zu Chemnitz). Die letzteren, die in ihrem
eigenartigen, aus Paul Veronese und Couture ge-
mischten Stil an die unter Couture's Einfluss gemalten
Jugendbilder Feuerbachs erinnern, stiessen bei ihrem
ersten Erscheinen auf die Abneigung der Kritik und
des Publikums, weil sie niemand verstand und ver-
stehen konnte. "Wie anders wirken diese Zeichen
jetzt auf uns ein, die wir in einem Zeitalter leben,
dessen Beförderungsmittel es gestatten, dass wir
allen Bewegungen der modernen Kultur und Kunst
fast auf dem Fusse folgen und uns ein Urteil durch
Vergleichung aller Erscheinungen bilden können.
Etwa um das Jahr 1860 hatte Gentz alle Eindrücke
und Studieneinflüsse so verarbeitet, dass er eine indi-
viduelle Darstellungsweise fand, die zuerst in dem
„Sklaventransport durch die Wüste" (1860, in der
Stettiner Galerie) zum Durchbruch kam. Es war
sein erster durchgreifender Erfolg. Von da ab war
seine Stellung gesichert, und er hat sie bis zu seinem
Tod behauptet. Seine wirkliche Bedeutung wird
uns aber erst durch diesen Überblick über sein ge-
samtes Schaffen klar: die deutsche Malerei der zwei-
ten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat in ihm einen
ihrer Grössten verloren, einen Mann von ungewöhn-
licher Energie des Strebens und von grosser Frucht-
barkeit des Schaffens, dessen Grundlage eiserner
Fleiss und eine gewissennassen religiöse Gewissen-
haftigkeit waren. —

Auch die Vorstellung, die man bisher in weiteren
Kreisen mit dem Namen Karl Steffeck verbunden
hatte, erfährt durch diese Ausstellung, die etwa 250
Arbeiten seiner Hand umfasst, eine beträchtliche Er-
weiterung. Der Maler des Sports, der Meister des
Reiterbildnisses, war in vielen Sätteln gerecht. Er

hat Geschichtsbilder grossen Stils, Genrebilder, Por-
träts jeglicher Art und Gestalt, Tierstücke und Land-
schaften gemalt — alle mit der grossen kolori-
stischen Fertigkeit, die er sich schon zu Anfang der
vierziger Jahre in Paris unter dem Einflüsse von
Delaroche und Horace Vernet erworben hatte, und
man darf sagen, dass er selten hinter seiner Aufgabe
zurückgeblieben ist. Ein völliges Fiasko hat er
eigentlich nur einmal in seinem Leben erlitten, als
man ihm wider seinen Willen und seine Neigung
eines der Wandgemälde in der Feldherrnhalle des
Berliner Zeughauses übertrug, die Überreichung des
Briefes Napoleon III. an König Wilhelm durch Ge-
neral Reille. Der Sesshaftigkeit, die die Komposi-
tion und Ausführung eines Wandgemäldes erfordert,
war seiner beweglichen Natur, zumal bei seinem da-
mals schon hohen Alter, völlig abhold, und die Ge-
rechtigkeit erfordert es, dass man ihm dieses Bild
nicht zur Last legt. Dass er trotzdem auch als Ge-
schichtsmaler Grosses und Gutes zu leisten wusste,
dafür haben wir zwei glänzende Zeugnisse in dem
von höchstem dramatischen Leben erfüllten Kampfe
des Markgrafen Albrecht Achilles mit den Nürn-
bergern um eine Standarte (1848, in der Berliner
Nationalgalerie) und in dem Ritt König Wilhelms über

j das Schlachtfeld von Königgrätz (1867, im Königl.
Schlosse zu Berlin). ADOLF ROSENBERG.

KUNSTLITTERATUR.

* Rene Reinieke's „Spiegelbilder aus dem Leben". Unter
diesem Titel erscheint soeben bei Fr. Ad. Ackermann in
München ein Prachtwerk in Kupferlichtdruck, welches von
dem Talente des durch seine Zeichnungen für die „Fliegen-
den Blätter" schnell populär gewordenen jungen Meister«
einen vollen und glänzenden Begriff giebt, Es sind vierzig
in Ölmalerei und Tusche ausgeführte Darstellungen, „Augen-
blicksbilder ohne Worte", zu einem höchst elegant ausge-
statteten Album vereinigt. Reinicke besitzt das Genie, den
Mann aus dem Volke wie die Modefigur aus der sogenannten
Gesellschaft mit gleicher Wahrheit und ebenso geselimack-
voll wie charakteristisch wiederzugeben. Er ist durch und
durch Realist, aber voll Geist und Schönheitsgefühl. Er
weiss Ernst und Humor auf das Liebenswürdigste zu ver-
binden. Die Erscheinung verlangt eine ausführliche Kritik;
hier soll zunächst nur auf ihr Hervortreten kurz hingewiesen
werden.

TODESFÄLLE.

,% Dr. Johann Jdhob Mario, der sich um die Erfor.
schung der rheinischen, insbesondere kölnischen Kunst-
geschichte hoch verdient gemacht hat, ist am 27. Oktober in
Köln gestorben.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

,% Über die Autgrabimg ton Delphi wird dar
1 sehen Zeitung aus Athen geschrieben: Die Meldung de*
 
Annotationen