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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Theophil von Hansen gest.
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0166

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBEK:

CARL VON LUTZOW

WIEN
Heugasse 58.

und ARTHUR PABST

KÖLN

Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IL Jahrgang.

1890,91.

Nr. 19. 19. März.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

THEOPHIL VON HANSEN f.

* Die Sichel des Todes mäht mit so grausamer
Schnelligkeit einen nach dem andern aus der Schar
der alten Freunde und Genossen hinweg, dass der
Chronist kaum Sammlung und Ruhe zu finden ver-
mag für die traurige Pflicht des letzten Abschieds-
wortes. Wir sind am Ende der großen schöpferischen
Zeit angelangt, welche das neue Wien geboren hat!
Das war die Empfindung, die alle beseelte, als wir
wenige Wochen nach dem Dahinscheiden Schmidts
nun auch dessen Rivalen, Theophil Hansen, zur
ewigen Ruhestätte begleiteten.

Keiner von seinen gleichaltrigen Kunstgenossen,
van der Null und Sicardsburg, Semper und Schmidt,
auch der um eine Generation jüngere, allzufrüh
dahingeraffte Ferstel nicht, hat Durchgreifenderes
für die glanzvolle Physiognomie der Kaiserstadt ge-
schaffen als Hansen. Er arbeitete mit zwei gleich
gewaltigen Mitteln an ihrer Verschönerung: mit der
Form der Hellenen und mit der Farbe der Venetianer.
Er hatte bei den griechischen Jugendstudien nicht
nur den Werken von Althellas, sondern auch jenen
zierlichen, mosaikpräclitigen Bauten der Byzantiner
sein Augenmerk zugewendet, die ja so viel Wahl-
verwandtes zeigen mit den Schöpfungen der Vene-
tianer. Dieses Doppelideal hatte ihn schon in den
fünfziger Jahren mit Rahl zusammengeführt. Beide
rangen gemeinsam, leider nur ein Decennium lang,
da Rahl in vollster Kraft abberufen wurde, nach
seiner Verwirklichung. Die griechische Kirche in
Wien und das Waffenmuseum des Arsenals sind die
hervorragendsten Werke in Hansens byzantinisch-
vendhuiisrii.T Richtung. Mitdem Musikrerein, dem

Heinrichshof, dem Hause Todesco lenkte der Meister
dann in die Bahn der griechischen Renaissance ein,
zunächst noch von Rahls Farbensymphonien be-
gleitet, später immer mehr auf die Vollendung der
Form gerichtet, als deren höchste Manifestationen
die Akademie in Athen und das Wiener Parlaments-
gebäude dastehen. Auch in diesen seinen letzten
und edelsten Schöpfungen hat Hansen keineswegs
auf die Mitwirkung der Farbe verzichtet. Im Gegen-
teil, er dachte sich sein Parlament äußerlich wie
hinerlich von Gold und Farbe angehaucht, nach der
Weise der Griechen. Aber das farbige Element ist
in diesen Werken nicht die führende, sondern die
begleitende Stimme. Es sind plastische Schöpfungen,
wie die Tempel der Hellenen. Und dass wir Ge-
bilde solcher idealen Stammesart, lauter und rein in
Marmor hingestellt, mitten in dem Treiben der
modernen Weltstadt besitzen, das ist Hansens un-
vergängliches Verdienst, das ist unser Stolz und
unsre Freude!

Seit Hansen, der am 13. Juli 1813 geboren
war, seines hohen Alters wegen den Lehrerberuf
an der Akademie aufgegeben hatte, lebte er vor
allem der Vollendung seines letzten großen Werkes,
des Parlamentsgebäudes. Ein Bibliothekbau in Athen
kam noch dazu. Aber auch sonst war er nicht
müßig. Wir haben wiederholt der Projekte für
Christiansborg in Kopenhagen, für das neue Museum
in Athen, für die Museumsinsel in Berlin u. a. ge-
dacht, mit deren Ausarbeitung er sich beschäftigte.
Auch an einem Plane für das neue Parlamentsge-
bäude in Rom hat er gearbeitet. Zur Reife ist
keiner dieser Entwürfe mehr gediehen. Aber es
sind Zeugnisse seines rastlosen Eifers und, wenn
 
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