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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Theophil von Hansen gest.
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Springer, Anton: Die Aufgaben der graphischen Künste, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0167

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Die Aufgaben der graphischen Künste.

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auch bisweilen mit Spuren des Alters behaftet, voll
fruchtbarer Baugedanken, ein kostbares Vermächt-
nis für die nachwachsenden Generationen. Wie man
hört, soll ein Teil der von Hansen hinterlassenen
Zeichnungen, Aquarelle und Modelle vereinigt und
der öffentlichen Besichtigung in Wien zugänglich
bleiben, ein anderer Teil nach seiner Heimat Kopen-
hagen kommen, wohin die greise Schwester des
Dabingeschiedenen, seine treue Pflegerin während
der letzten schweren Leidenszeit, bereits überge-
siedelt ist.

Hansens Begräbnis fand mit denselben hohen
Ehrenbezeugungen durch alle ihm verbundenen Kor-
porationen statt, wie sie wenige Wochen früher
seinem Freunde und Kollegen Schmidt zu teil ge-
worden. An seinem Grabe sprach an erster Stelle
der Prorektor der Akademie, Eisenmenger, Hansens
alter Kunstgenosse, Worte voll Empfindung und
Weihe.

DIE AUFGABEN DER GRAPHISCHEN
KÜNSTE.

Von Anton Spbingeb.
(Sekluss.)

Ziehen wir die Summe unserer Betrachtungen,
so ergiebt sich wohl eine starke Verminderung des
Massenverbrauchs der Kupferstiche und Holzschnitte.
In allen Fällen, in welchen es nur auf die äußere
Wahrheit der Wiedergabe ankommt, bei didaktischen
Zwecken, oder wenn es gilt, die Erinnerung an ein
Werk der Kunst, der Natur festzuhalten, dürfte das
photomechanische Kunstverfahren den Sieg davon
tragen. Dagegen erscheint ihre Wirksamkeit noch
immer gesichert, wenn der Kupferstecher und Holz-
schneider von seinen Mitteln einen künstlerischen
Gebrauch macht, wenn er Temperament zeigt, seine
persönliche Auffassung durclischimmern lässt. Solche
auserwählte Naturen werden nicht einfach verdrängt
und vernichtet. Sie behaupten ihren Platz. Auf
der anderen Seite ist aber freilich an ein Zurück-
drängen des photomechanischen Druckverfahrens
nicht zu denken. Im Gegenteil müssen wir einen
erweiterten Thätigkeitskreis, ein noch stärkeres
Wachstum von der ZukuDft erwarten. Die Künstler-
welt muss mit den neuen Weisen der Reproduktion
rechnen. Kann sie es?

Vielfach herrscht die Meinung, dass es dem
Künstler schließlich gleichgültig sein kann, in wel-
cher Weise, ob durch die Hand oder durch die
Maschine seine Werke vervielfältigt werden. Noch

verbreiteter ist die Ansicht, dass sich auf mecha-
nischem Wege überhaupt keine künstlerische Wir-
kung erzielen lässt. Die Fortschritte der Technik
sind ebenso viele Rückschritte der wahren Kunst.
Der Sieg der technischen Waffen hat die Niederlage
des künstlerischen Schaffens, den Untergang des
Idealismus, den Triumph des Materialismus zur Folge.
Diese Behauptung, welche man förmlich zu einem
feststehenden Grundsatze erhoben hat, wird aber
durch die Erfahrung arg Lügen gestraft. Ist nicht
durch die Erfindung der Drehscheibe, der Legirung
und des Gusses der Metalle ein großer technischer
Fortschritt geschaffen worden, und hat derselbe etwa
die Fortschritte des künstlerischen Sinnes gehemmt?
Knüpft sich nicht vielmehr, soweit wir in der Ge-
schichte zurückblicken können, regelmäßig an tech-
nische Fortschritte die künstlerische Entwickelung?
Wir geben zu, dass die technische Wissenschaft zu-
nächst nicht künstlerische Zwecke verfolgt, sondern
ihren eigenen Zielen nachgeht. Sie ist aber nicht
feindselig, nicht einmal spröde gegen die künst-
lerischen Formen. Die tubular-bridge, welche Eng-
land mit Wales verbindet, war ein Triumph des
technischen Könnens, aber von einer ganz entsetz-
lichen Hässlichkeit oder sagen wir lieber von roher
Formlosigkeit. Vergleicht man mit ihr die späteren,
nach den gleichen, nur verbesserten Grundsätzen
errichteten Brücken, so entdeckt man freudig ihre
Annäherung an gefälligere Formen, einen Anklang
an das Kunstreiche. So hegen wir auch zu dem
photomechanischen Druckverfahren «das Vertrauen,
dass es sich nicht gegen das künstlerische Element
eigensinnig sperren werde, wenn Künstler es ver-
suchen sollten, ihm ein solches aufzuprägen. Darauf
kommt es an. Wenn gegenwärtig noch vielfach
zwischen dem künstlerischen Schaffen und dem photo-
mechanischen Verfahren das Verhältnis vollkom-
mener Gleichgültigkeit waltet, so ist eine friedliche
Annäherung in künftigen Zeiten keineswegs ausge-
schlossen. Die Künstler werden prüfen, wie sie ihre
Thätigkeit dem eigentümlichen Wesen der neuen
Reproduktionsweise anzupassen haben, auf dasselbe
Rücksicht nehmen, oder wie der volkstümliche Aus-
druck lautet, für das photomechanische Verfahren
unmittelbar komponiren.

Auch hier tritt uns eine Erinnerung hoffnungs-
reich zur Seite. Als die ersten Holzschnitte ihre
Wanderung nach Kirchweihen und Märkten an-
traten, so plump in den Linien, so roh in der Zeich-
nung, da gab es wohl wenige, welche ihnen eine
künstlerische Wirkung zutrauten. Abseits von d«r
 
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