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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Seidlitz, W. von: Die Spitznersche Sammlung Altmeißener Porzellane, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0186

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361

Kunsthistorisches. — Todesfälle.

362

mögliche Entstehungsorte in Erwägung zu ziehen
sein. Dass die Wiener Fabrik, die durch den schon
genannten Hunger und einen anderen Angestellten
der Meißener Manufaktur, Stölzel, im Jahre 1718 ein-
gerichtet worden war, auf reiche Bemalung ein be-
sonderes Gewicht legte, zeigen die für sie gefertigten
Arbeiten des Breslauer Malers Bokengruber, von
denen hier eine schon behandelte Untertasse vor-
handen ist, während bezeichnete Stücke in den Kunst-
gewerbemuseen von Wien und Hamburg aufbewahrt
werden. Auf die Unterschiede der Behandlungsweise
einzugehen verbietet hier der Raum. — Mancher
Aufschluss wird von den auf einigen dieser Stücke
in leicht sich verflüchtigender Metallfarbe, wahr-
scheinlich Gold, aufgesetzten Bezeichnungen zu er-
warten sein, Buchstaben (z. B. B, zwei verschränkten
C, M, MOS) und sonstigen Zeichen, die sich wahr-
scheinlich auf den Maler beziehen und von Dr. Spitzner
mit Eifer gesammelt worden sind. Auch die in die
Masse eingepressten Zeichen, die Vorläufer der
späteren Zahlen, aus Runden, Kreuzen, Strichen,
Punkten u. s. w. bestehend, können für solche Zwecke
von Bedeutung werden. (Schluss folgt.)

KUNSTHISTORISCHES.

D. Über den cuigcbliclien Correggio des Städtischen In-
stituts bringt das letzte Heft des „Archivio storico dell'Arte"
aus der Feder des unseren Lesern wohlbekannten Mailänder
Kunstforschers Gustav Frhxoni einige sehr interessante Be-
merkungen, welche alles dasjenige, was in unserem Blatte
früher gegen dieses Bild vorgebracht worden, vollinhaltlich
bestätigen. — Die Sammlung Bianco, heißt es dort, bei
deren Versteigerung das Städelsche Institut die in Rede
stehende Madonna erwarb, enthielt nur ein einziges Bild
von Wert, eine Pietä von Gaudmxio Ferrari, die ein Mai-
länder Kunstfreund, Herr Benigno Crespi an sich brachte.
Der Rest waren Gemälde untergeordneter Qualität. Man
denke sich nun die Verblüffung, welche Platz griff, als man
bald darauf erfuhr, dass eine auswärtige öffentliche Galerie
bei ebenderselben Auktion um eine Summe von nicht weni-
ger als 12000 Lire ein Werk des Correggio an sich ge-
bracht habe. Angesichts dieses schwerwiegenden Faktums
war nur folgende Alternative möglich: Entweder haben die
Mailänder Kenner dadurch, dass sie das Werk eines solchen
Meisters sich achtlos entgehen ließen, den Beweis einer
geradezu unzudefinirbaren Blindheit gegeben, oder die Ge-
schäftsträger der Frankfurter Gemäldegalerie sind das Opfer
einer bedauernswerten Täuschung geworden, indem sie eine
Schwarte, die bisher nur für eine mittelmäßige Kopie, wo
nicht für eine Fälschung gegolten hatte, für ein Original
genommen haben. Selbstverständlich sucht die Direktion
der Frankfurter Galerie ihre neue Acquisition mit histori-
schen und kritischen Gründen zu stützen. Dieselben gipfeln
allesamt in dem Schlüsse, dass das Bild bezüglich seiner
Herkunft als Madonna di Casalmaggiore bezeichnet werden
könne und dass seine äußeren und inneren Merkmale es als
ein Jugendwerk des Meisters charakterisiren, dieweil es mit

seiner bekannten „Madonna des heil. Sebastian", gegenwärtig
in der Dresdener Galerie, sehr wohl übereinstimme. Aus
dieser Übereinstimmung aber folgt ein zweites Dilemma, das
man ungefähr mit folgenden Worten zum Ausdruck bringen
kann: Entweder hat sich der Historiker geirrt und sich auf
die Madonna des heil. Franciscus, das einzige Jugendwerk
Correggio's in der Dresdener Galerie, berufen wollen, oder
die Frankfurter Madonna ist mit der Madonna des heil. Se-
bastian in der That stilverwandt, dann aber auch kein
Jugendwerk des Meisters. Nun nähert sich aber das Bild in
seinen Merkmalen der vollständig entwickelten Manier des
Correggio, wie sie namentlich in der Madonna della Scodella
zu Tage tritt. Demzufolge erscheint auf Seite des Frank-
furter Kritikers eine Verwechselung ausgeschlossen. Die
Madonna des heil. Sebastian ist aber nachweislich nicht vor
dem 32. Jahre des Künstlers entstanden. Demzufolge ist
auch das „Jugendwerk" völlig ausgeschlossen. Fatal ist es
zweifelsohne ferner, dass eine eingehende Untersuchung des
Bildes ein geringes Verständnis der Form und einen totalen
Mangel jener lebendigen individuellen Empfindung zeigt,
welche in Correggio's Art zu modelliren an jedem Teil des
menschlichen Körpers zu Tage tritt. Wenn wir recht unter-
richtet sind, hat der berühmteste Restaurator Deutschlands
die ihm zugedachte Ehre, das Bild in seinem ehemaligen
Glänze wiedererstehen zu lassen, dankend abgelehnt.')
Klingt das eine nicht sehr ermutigend, so ist das andere
vollends ganz und gar darnach angethan, die Freude ob der
Botschaft von der Wiederauffindung des kostbaren Schatzes
beträchtlich herabzustimmen.

TODESFÄLLE.

0 Der Maler Max Michael, königl. Professor und Lehrer
an der Berliner Kunstakademie, an der er seit 1875, zuletzt
als Leiter des Maleraktsaales, thätig war, ist am 24. März,
einen Tag nach seinem 68. Geburtstage, am Herzschlage ge-
storben. Aus Hamburg gebürtig, hatte er 1841 seine Studien
auf der Dresdener Kunstakademie begonnen und seit 1846
in Paris bei H. Lehmann und Couture fortgesetzt. Anfangs
der fünfziger Jahre ging er nach Italien, wo ihn das Leben
des Volkes in seiner geistigen und leiblichen Armseligkeit
so fesselte, dass er bis 1870, nur mit einigen Unterbrechungen,
seinen Wohnsitz in Rom behielt. Er hat damals und später
eine Reihe von Genrebildern aus dem Volksleben in Rom,
in den Sabinerbergen und in Neapel gemalt, von denen die
„Mädchenschule im Sabinergebirge" in die Kunsthalle zu
Hamburg gekommen ist. Daneben hat ihn besonders das
Klosterleben der Vergangenheit und Gegenwart interessirt.
Gemälde, wie die Mönche auf dem Chor, Pietro da Cortona
malt ein Altarbild in einem Kamaldulenserkloster und der
Besuch des Kardinals im Kloster zeigten, dass er eingehende
geschichtliche und archäologische Studien gemacht hatte
Für ein großes Gemälde: Hiob und seine Freunde erhielt er
1880 die kleine goldene Medaille der Berliner Kunstaus-
stellung. Höher als seine freie schöpferische Wirksamkeit steht
seine Lehrthätigkeit, die für die malerische Ausbildung einer
großen Anzahl von Akademieschülern der letzten fünfzehn
Jahre grundlegend gewesen ist.

*„ Der Landschaftsmaler Wilhelm Lichienhcld, ein
Spezialist der Mondscheinlandschaft, ist am 25. März in
München, 73 Jahre alt, gestorben.

1) Die Aufgabe wurde bekanntlich inzwischen durch einen
anderen Restanrator vollzogen : mit welchem Erfolge, darüber später
das Nähere
 
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