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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Vollbehr, Th.: Kunstausstellung in Nürnberg, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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Kunstausstellung in Nürnberg. — Kunstlitteratur.

22

plastischen Formenadels ist dem Meister selbst kaum
je gelungen. In der Darstellung der aufblühenden
Jungfrau, des eigentlichen Psychemotivs, scheint uns
Eberlein unerreicht zu stehen; und es ist von Be-
deutsamkeit, dass derjenige, der von den „Nürnberger"
Plastikern den populärsten Namen in der Kunstwelt
besitzt, eben auf diesem Gebiete Meister ist und
nicht auf dem eines Begas.

"Von der hohen Plastik zur dekorativen Klein-
plastik ist überall sonst ein großer Sprung, in Nürn-
berg nicht. Von einer ganzen Anzahl Figuren und
Figürchen weiß man nicht recht, ob dieselben auf
selbständigen Kunstwert Anspruch machen oder ob
sie lediglich als geschmackvolle Verzierung dienen
wollen. Die humoristischen Kleinigkeiten Zadows
stehen schon mit einem Fuße in dem Kunstgewerbe,
zu dem dann das meisterhafte Thonmodell einer
Rokokouhr von Ph. Kittler den entscheidenden Schritt
thut. Die Verbindung des Ornaments mit den zier-
lichen, zu dem Gedanken der Tageszeiten in Be-
ziehung stehenden Putten ist ungemein anmutig:
echte Rokokostimmung. Überhaupt darf man, nach
den ausgestellten Entwürfen, der kunstgewerblichen
Befähigung Nürnbergs das beste Zeugnis ausstellen.
Ob die ausführenden Kräfte den entwerfenden immer
ebenbürtig sind, erscheint allerdings zweifelhaft, wenn
man die verhältnismäßig kleine Zahl ausgeführter
Pokale, Prachtkassetten etc. betrachtet. Für Werke
von der künstlerischen Schönheit der Entwürfe
Prof. Franz Brochiers reichen aber auch normale
«geschickte Hände" nicht aus, die verlangen Künstler
des Handwerks, wie sie auf dem Gebiete der Glas-
malerei der höchst talentvolle Sebastian Eisgruber
repräsentirt. — Am erfreulichsten sind daher die-
jenigen kunstgewerblichen Arbeiten, die von derselben
Künstlerhand entworfen und ausgeführt worden sind,
also vor allem diejenigen Schöpfungen, die auf der
Grenzscheide zwischen der Kunst und dem Kunst-
gewerbe stehen: Kartons für Glasfenster, Friese etc.,
Adressen, Porzellanmalerei und dergl. Hier finden
wir Werke allerersten Ranges. Der Direktor der
Kunstschule C. Hammer und der Prof. Wanderer sind
hier in erster Linie zu nennen. Hammers Adressen
atmen einen lebensfrohen, oft humorvollen Charakter,
sein „Entwurf zu einer Saaldekoration" zeigt ihn
ebenso wie seine anderen Zimmerdekorationen als
kecken, farbenfreudigen und phantasiereichen Künstler,
während Wanderers Arbeiten durch die sinnige Poesie
und die liebenswürdige Formenschönheit gefangen
nehmen. Neben ihnen steht als selbständig em-
pfindender, von zierlicher Schalkheit erfüllter Künstler

Th. v. Kramer, dessen „Entwürfe und Details zu einem
Fries" sein Talent von der glücklichsten Seite zeigen.

Es ist wohl kaum ein Zufall, dass diejenigen
Maler, die mit Vorliebe ihr Talent in den Dienst
dekorativer Bemühungen stellen, die illustrative
Thätigkeit vor der Staffeleimalerei bevorzugen.
Wenigstens steht die Kunst des Adressenmalens im
engsten Zusammenhang mit der Buchausstattung
und insbesondere der Buchillustration. Zu dieser
dürfen wir jedenfalls auch die „32 Silhouetten"
Tli. v. Kramers rechnen, deren frische Kinderpoesie
ohne erläuternde Verse nur halb genossen werden
würde. Und hierhin möchten wir auch Rud. Geißlers
feinsinnige Aquarelle und Tuschzeichnungen rechnen,
zumal das duftige „Märchen von Jorinde und Jorindel",
eine überaus anmutige Komposition nach Art der
Schwiudschen Märchen.

Gerade eine derartige Kunstweise führt uns
wieder den Charakter der gesamten neueren Nürn-
berger Kunst deutlich und freundlich vor Augen.
Sucht man nach einem generalisirenden Beiwort
dieser ganzen Thätigkeit, so wird man schließlich
bei der Bezeichnung „liebenswürdig" stehen bleiben.
Sie erschöpft allerdings nicht, aber sie giebt wenigstens
den dominirenden Eindruck wieder, den man erhält,
wenn man durch die mit wenig Mitteln geschmack-
voll ausgeschmückten Ausstellungsräume wandert.
Und dieser Eindruck macht es denn auch, dass man
hier mit einem lebhafteren Gefühle der Zufrieden-
heit die Säle verlässt, als man es in Ausstellungen
größerer Kunststädte in der Regel thut. Liebens-
würdigkeit ist eben überall unwiderstehlich.

Nürnberg. TH. VOLLBEHB.

KUNSTLITTERATUR.

H. A. Ii. Dresden. Zu dem von uns früher angezeig-
ten „Führer durch die königl. Sammlungen zu Dresden" hat
die Generaldirektion der königl. Sammlungen vor kurzem
einen 69 Seiten umfassenden Nachtrag erscheinen lassen.
(Dresden, Wilhelm Baensch Buchdruckerei 1891. 8°.) Dieser
Nachtrag berücksichtigt sämtliche Änderungen, die infolge
der Erweiterung der Gemäldegalerie, des zoologischen Mu-
seums und der Bibliothek, sowie der Überführung des Mu-
seums der Gipsabgüsse und der Antikensammlung in das
Albertinum nötig geworden sind. Eine neue Auflage des
Führers wird erst nach Beendigung der Neuaufstellung der
Antikensaintulung und des mineralogischen Museums in An-
griff genommen werden. Am durchgreifendsten erscheinen
die Änderungen in den in dem Albertinum untergebrachten
plastischen Sammlungen. Man findet dort gegenwärtig die
bisher im Japanischen Palais ausgestellten antiken Originale,
die aus dem Zwinger übergesiedelte Abgusssammlung, das
Rietschelmuseums, das früher im l'alais des Großen Gartens
untergebracht war, und eine vollständige Sammlung von
Modellen und Skizzen des unlängst verstorbenen Bildhauers
Ernst Hähnel, die durch ein Vermächtnis des Künstlers in
 
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