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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Meyer, Alfred Gotthold: Die dritte Münchener Jahresausstellung, [5]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0062

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\\\ Die dritte Münchener .Tahresausstellung, — Korrespondenz.

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artigen Heiligenfiguren, und der wenigstens durch
Sinnlichkeit und Formenfülle an Rubens erinnernde !
de Budder. Unter den wenigen Parisern fielen Agathon
durch zwei gefällige Mädchengestalten und Chapu
durch seine „Jeanne d' Are" auf, unter den Englän-
dern Ford-Anslow und Thornycroft. Der geniale Däne
Peter Severin Kroyer handhabt auch den Meißel mit
großem Geschick. Am seltsamsten unter den frem-
den Arbeiten war zweifellos des Mariana Benlliure
y QU Entwurf zum Grabmonument eines Komponi-
sten mit dem geöffneten Sarkophag, aus dessen In-
nern geheimnisvolle, von den Genien in wilden
Bewegungen aufgenommene Töne zu dringen schie-
nen. Von dem bizarren Inhalt abgesehen, offenbarte
dieser schwungvolle Entwurf übrigens ein sehr tüch-
tiges Können.—

Schon im vorigen Jahr war ein Aufschwung
der Münchener Plastik hervorgetreten, und auch dies-
mal bezeugten ihn die meisten ausgestellten Werke
jüngerer Münchener Bildhauer, insbesondere in ihren
Bildnissen, die fast durchgängig zu rühmen waren.
Von guten Akten und Studien nenne ich Pezoläs
„ Fischerknaben", G. Dutts „Dornauszieher", Christa
^sterbenden Fechter", H. Hahns „Schlangenbändiger",
von Idealfiguren Otto Längs formenschönen Bild-
schmuck des Kruppschen Grabdenkmales, J. Hirts
„Niobide", Lampeis „Sybille" und die liebenswürdigen
Mädchengestalten von Georg Busch. In diesen Zu-
sammenhang gehören auch die Arbeiten der in Rom
thätigen Bildhauer: Akermann, Jordan und Volhnawn
endlich von den Berlinern, B/Uschs „Kranzwinderin"
und „Victoria", so wie vor allem Hundriesers edle
Gestalt des „Briedens". — Fast alle hier Genannten
fußen auf klassichem Boden, aber es fehlte, selbst
abgesehen von den Porträts, keineswegs an echt
modern- naturalistischen Werken. Geigers „Arbeiter"
mit Schurzfell und Hammer, mehr noch Jensens
„Schnitter bei der Ernte" stehen im Zeichen Meumjt rs,
sie gleichen plastischen Verkörperungen von Lieb-
lingsgestalten eines Millet. Adolf Brülls Bronze-
gruppe des alten Fischers mit seiner schönen, den
Wellen entrissenen Beute ist bereits allbekannt.
Das Genre bot, wie üblich, am häufigsten der Klein-
plastik Stoff, welche durch eine Schar gefälliger
Bronze- Marmor- und Thonfigürchen gut vertreten
war, aber auch unter den größeren Arbeiten wich
der klassische Ernst zuweilen einem kernigen Humor,
so vor allem in E. W. Schimmers famosem „Kegel-
jungen", der dem Beschauer sein „Alle Neun! ent-
gegenruft, und in des Marinas- Garcia „Modellpause",
in der sich das Modell der wenig willkommenen j

Liebkosungen eines Hundes vergeblich zu erwehren
I sucht. —

Im ganzen bot auch die plastische Abteilung
soviel Treffliches, dass der bereits vielfach geäußerte
Wunsch nach einer selbständigen Ausstellung moderner
Bildwerke von neuem rege wurde. Seine Realisirung
dürfte freilich auf große Schwierigkeiten stoßen, aber
angesichts des diesjährigen Münchener Salons scheint
in der Isarstadt keine Ungunst der äußeren Verhältnisse
I zu groß, um ein der Kunst gewidmetes Unternehmen
ernsthaft zu gefährden! —

KORRESPONDENZ.

München, den 20. Oktober 1891.
P. — Erst spät bin ich dazu gekommen, der
Münchener Ausstellung den pflichtschuldigen Besuch
abzustatten und wenn Sie mit Ihrem Berichte auf
mich hätten warten sollen, wären Ihnen sicherlich alle
Abonnenten abgesprungen. Aber ich will Ihnen auch
gar nicht berichten über Kunst und Kunstwerke auf
der Ausstellung; durchaus nicht. Erstens gehöre ich
nicht zur Zunft der Kritiker, und dann ist darüber mehr
als zu viel geschrieben und die treffliche Kritik des
Herrn v. Miris in den „Fliegenden Blättern" macht
ja auch jede andere überflüssig. Vielmehr möchte
ich meine Stimme erheben und einige Zustände in
der Ausstellung zur Sprache bringen, die vielleicht
im nächsten Jahre Abhilfe finden.

Den Kunstgenuss der ersten Tage hat man mit
3 Mark zu erkaufen: Eintritt 1 M., Katalog 2 M.
Der kleine Katalog zu 1 M. ist wertlos. Als er-
fahrener Ausstellungsbesucher teile ich den Katalog,
der 1/2 Kilo wiegt, in drei Teile: die Annoncen am
Ende werfe ich gleich weg; die Abbildungen stecke
ich in die Tasche und kann nun wenigstens mit
dem Rest, dem Verzeichnis der Bilder, herumhan-
tiren. Zur Orientirung in dem Labyrinth der Säle
hat die Redaktionskommission dem Katalog einen
Plan des Ausstellungspalastes beigegeben; jedes der
Compartimente ist darin fein säuberlich durch eine
Nummer bezeichnet und ich beginne zu suchen, in
welchen Sälen sich meine Freunde, die Engländer
befinden, denen ich zuerst die Ehre meines Besuches
zu schenken die Absicht habe. Aber ich suche ver-
geblich; denn es stehen wohl Zahlen auf dem Plan,
aber nirgends ist ein Register zu finden, welches
den dunklen Sinn dieser Zahlen erklärte! Ich frage
den Saaldiener, der mir eröffnet, dass ein solches
Register allerdings nicht vorhanden sei, dass die
Zahlen aber in jedem Saal über den Thüren ständen.
 
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