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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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141

Bücherschau.

I 12

BÜCHERSCHAU.
Goethes Mutter. Ein Lebensbild nach den Quellen

von Dr. Karl Heinemann. 1. u. 2. unveränderte

Aufl. Leipzig, Artur Seemann.

Nur mit Wehmut haben wir Heinemanns schönes
Buch über Goethes Mutter zur Hand nehmen können.
Es ist das letzte Liebeszeichen, das unserm unvergess-
lichen Friedrich Zarncke von einem seiner treuen Schüler
dargebracht wurde, ein Buch, an dem der Verewigte,
von dem Augenblick an, wo der Plan zu demselben ge-
fasst wurde, mit dem regsten Interesse teilnahm; das er
unermüdlich aus dem reichen Schatze seines Wissens,
aus der herrlichen Sammlung, die er von Bildern
Goethes und seines Krei-
ses angelegt hatte, för-
derte; ein Buch, das ihm
noch auf sein Kranken-
bett gelegt werden
konnte, das er aber nicht
mehr zu lesen vermochte.
Wäre Friedrich Zarncke
am Leben geblieben, er
hätte gewiss selbst das
Wort ergriffen, wie er
es so oft bei den Ar-
beiten der Freunde und
Schüler gethan, und in
seiner feinsinnigen Art
hätte er ein gewichtiges
Zeugnis über den Inhalt
und über den Bilder-
schmuck desselben ge-
geben, wie wir anderen,
zurückgebliebenen, es
doch nicht vermögen.

Es wird der Eigenart
dieser Zeitschrift, die uns
für eine Besprechung Raum vergönnt hat, entsprechen,
wenn wir die künstlerischen Beigaben des Buches
zuerst betrachten. Nicht weniger als 28 haben wir
von solchen gezählt, denen dann noch ein Grund-
riss des Goethehauses in Frankfurt, sowie das Fak-
simile eines Briefes der Frau Rat an Charlotte von
Stein hinzuzufügen sind. Ganz neu sind die Helio-
gravüre des Pastellbildes von Goethes Mutter, eine
ebensolche von dem Seekatzischen Familienbild,
die Federzeichnung von Goethes Stube im Eltern-
hause und die aus August von Goethes Stammbuch
entnommene Silhouette der Frau Rat, sowie das Bild
von Anna Amalia, dessen Original der Verleger des
Buches kürzlich erwerben konnte. Die anderen

Herzogin Anna Amalia von Sachsen
Bildnis.) Aus dem Werke: He

Illustrationen sind nach früheren Veröffentlichungen
angefertigt. Gänzlich missraten scheint uns von diesen
letzteren nur die nach Ungers Radirung erfolgte
Wiedergabe des bekannten Mayschen Porträts von
Goethe. Nebenbei mag die Bemerkung gestattet
sein, dass Senator Culemann in Hannover eine sehr
alte (ob gleichzeitige?) Kopie dieses Bildes besaß,
die mit seinen sonstigen Sammlungen wohl auch
in den Besitz der Stadt Hannover übergegangen sein
wird, dass in derselben Hand auch ein ganz vorzüg-
liches Ölbild von Lavater war, der uns die Erschei-
nung des „Apostels" doch anders vermittelt, als die
im vorliegenden Buch enthaltene Wiedergabe eines

alten Stiches.

Betrachten wir zu-
nächst die Bilder der
Frau Rat Goethe selbst.
Heinemann bespricht
dieselben im Anhange
seines Buches. Nur zu
loben ist, dass er die von
Schmoll (wohl am 27.
Juni 1774, s. Goethe-
jahrbuch IV. 142) ange-
fertigte Zeichnung nicht
hat nachbilden lassen.
Sie war, wie schon der
junge Goethe es scharf
erkannte, gänzlich miss-
raten und wurde auch
nicht in Lavaters Phy-
siognomik aufgenom-
men. Das Bild zeigt
rohe und plumpe Züge,
es ähnelt eher einer der-
ben Bauernfrau als Goe-
thes Mutter. Wie ganz
anders stellt sich die Frau Rat in der schönen
Heliogravüre dar, die nach dem in dem Besitz
ihrer Ururenkelin Frau Heuser-Nicolovius in Köln
befindlichen Pastellgemälde angefertigt ist. Man
möchte als Losung die Worte des jungen Goethe,
die er seine Stella über das Porträt Fernandos
sagen lässt, schreiben: „Ihr sollt sein Porträt
sehen! — Sein Porträt — o mich dünkt immer, die
Gestalt des Menschen ist der beste Text zu allem,
was sich über ihn empfinden und sagen lässt." Dreist
darf man behaupten, dass die Frau Rat erst durch
dieses Bild uns ihre äußere Erscheinung getreu ver-
mittelt, denn die im Jahre 1885 gefertigte Junker-
sche Kopie des Pastellbildes (Photogravüre davon

-Weimar. (Bisher unveröffentlichtes
inemann, Goethes Mutter.
 
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