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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Haendcke, Berthold: Barthel Beham ist in St. Gallen
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199

Bücherschau.

200

in Dr. Simrocks Sammlung bestätigt gefunden habe".
Ich nehme also fürderhin keinen Anstand, diese
12 (14) einzelnen Gemälde als Arbeiten Barthel Be-
hams zu bezeichnen.

Wie die Bilder nach St. Gallen gekommen sind,
konnte ich trotz einer Anfrage nicht erfahren. Sie
gehören jedoch dem Bistum, nicht dem Bischöfe
persönlich. Nach den dargestellten Heiligen zu
schließen, müssen sie auch einmal direkt für St. Gallen
gemalt sein. Es fragt sich nur wann.

Darauf giebt ein mir nachträglich bekannt ge-
wordenes Schreiben des Sammlers Joseph von Lass-
berg an den Bischof Dr. Greith von St. Gallen Aus-
kunft, welcher ein eifriger Kunstliebhaber war. Der
Brief (1850) lautet: „Die beiden Holzgemälde St.
Achatius cum socio sind unzweifelhaft vom alten
Holbein, der sich mehrere Jahre bei dem Grafen
Gottfried Werner von Zymbern zu "Messkirch auf-
hielt, den Dreikönigsaltar in der St. Martin-Pfarr-
kirche und zwei kleinere in der Kirche des ehemali-
gen Gottesackers jenseits der Ablachbrücke zu Mess-
kirch malte.

Ich kaufte letztere nebst den Flügeln des ersteren
von den Kirchenpflegern daselbst im Jahre 1817
oder 1818."

Die erstgenannten Bilder befinden sich, wie be-
kannt, in der Sammlung zu Donaueschingen, wohin
sie aus der Lassbergschen verkauft wurden; die letz-
teren sind die jetzt dem Bistum St. Gallen gehören-
den, oben beschriebenen Gemälde. Sie sind demnach
dem Cyklus, welchen Barthel Beham um 1536 für
den Grafen Werner von Zimmern malte, beizuzählen.

Bern, Oktober 1891.

BERTHOLD HAENDGKE.

BÜCHERSCHAU.
Plastisch-anatomische Studien für Akademien,
Kunstgewerbeschulen und zum Selbstunterricht
von Franz Schider. I. Teil: Hand und Arm.
16 Tafeln in Lichtdruck. Leipzig, E. A. Seemann.
Preis 20 Mark.

Der Atlas von 16 Tafeln ist als erster Teil einer
im großen Maßstabe angelegten Publikation anzu-
sehen. Die Tafeln sollen Kunstschülern das anato-
mische Verständnis der äußeren Körperform ermög-
lichen, und diesem Lehrzweck ist die gesamte Anlage
derselben angepasst. Den eigentlichen Kernpunkt
des Werkes bilden die acht ersten, die besondere
Anatomie von Hand und Arm wiedergebenden Ta-
feln. Jede derselben enthält in drei Bildern eine
Außenansicht, eine Ansicht der bloßgelegten Mus-
keln und Sehnen und eine des Skeletts; die Tafel

XI ist der Darstellung der oberflächlichen Venen des
Armes und derjenigen der Gelenke gewidmet.

Die sämtlichen anatomischen Tafeln sind mit
großer Gewissenhaftigkeit und mit vorzüglicher Tech-
nik dargestellt. Sie bilden in ihrer methodischen Zu-
sammenstellung ein äußerst wertvolles Unterrichts-
mittel und werden als solche von Kunstschulen aller
Art gewiss mit Freuden begrüßt werden. Mit be-
sonderer Vorliebe hat Herr Schider die Hand bear-
beitet und die von ihm gezeichneten, von vier Sei-
ten her aufgenommenen Ansichten erscheinen mir
durchaus mustergültig.

Als Text findet sich bei den Tafeln nur ein Blatt
mit kurzer Aufzählung von Namen und Ursprung der
Muskeln nebst sehr kurzer Angabe des Tafelinhaltes.
Dies ist entschieden zu wenig. Man darf den An-
spruch erheben, nicht nur über die Absichten des
Künstlers, sondern auch über sein Material und über
die Entstehung einzelner Zeichnungen Auskunft zu
erhalten. Schon bei den Außenansichten fragt man
sich nach der Vorbehandlung der Originalien. Das
scharf ausgesprochene Flächenrelief einzelner der-
selben lässt mich vermuten, dass die Zeichnungen
nach Weingeistpräparaten entworfen sind, an welchen
die Haut geschrumpft war, ja bei einer Figur (Tafel
VII) frage ich mich sogar, ob die Ansicht mit oder
ohne Haut, als Fascienbild zu verstehen ist. Auch
bei den Venentafeln VIII und XI sind Erläuterungen
für den Nichtfachmann erforderlich. Hier muss dar-
auf hingewiesen werden, dass die Darstellung einen
individuellen Charakter hat und nur eine von ver-
schiedenen möglichen Varianten darstellt. Gerade
die Vorderansicht Tafel VII ist im Gebiete der V.
mediana auffallend komplizirt. Da die Künstler nicht
selber Anatomie treiben, müssen ihnen die Tafeln die
direkte Naturbeobachtung ersetzen, und daher kann
man nicht sorgfältig genug sein in Auswahl des
Typischen und in der Hervorhebung dessen, was
wesentlich und was unwesentlich ist.

Von Interesse sind die Darstellungen bewegter
Arme, von denen einige im Anschluss an das be-
kannte Salvage'sche Werk über den Fechter entwor-
fen zu sein scheinen. Solche Zeichnungen dürfen
jetzt auch nicht mehr ohne Erläuterung über ihre
Entstehnungsweise gegeben werden. Es genügt der
Hinweis auf „rühmlichst bekannte Vorbilder" nicht.
Man kann solche Darstellungen entwerfen, indem
man sich einfach ausdenkt, welche Muskeln bei einer
gegebenen Anregung sich verkürzen und verdicken.
Einen anderen sehr viel rationelleren Weg giebt uns
aber die Monientphotographie an die Hand, wie sie
 
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