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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Erinnerungen an und von Karl Oesterley, [1]
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311

Krinnerungon an und von Karl Oesterley.

durchmachen müssen, als heute von einem Osteo-
logen verlangt wird. In diesem Sinne wurde end-
lich eine Kreatur vollendet und der Kunstwelt vor-
geführt. Ich wohnte im Hause des Professors Matthäi
als sogenannter Dukatenschüler (monatlich an Lehr-
und Pensionshonorar einen Dukaten zahlend) zusam-
men mit dem späteren Professor Bahr aus Riga,
dem ich mich freundschaftlich innig anschloss. Bei
Matthiii malte ich den sterbenden Götz von Berli-
chingen. Im Jahre 1826 machten wir (Bähr und
ich) eine vierzehntägige Reise nach Berlin, wo Gott-
fried Schadow, der berühmte Bildhauer, zugleich
Akademiedirektor war. Durch Matthäi empfohlen,
wurden wir von Schadow freundlich aufgenommen;
„Wat wollt Ihr sehen, meine Jungens?" sagte Scha-
dow und gab uns Einlasskarten zu allen Samm-
lungen. Wir sahen uns denn weidlich um und auch
die Arbeiten Hübners, C. F. L. Lessings u. a. m.
Der Abstand besonders in technisch-koloristischer
Beziehung dieser Schule zur Matthäischen machte
uns tief traurig. Recht gemütlich ging es damals
aber auch in Berlin auf der Akademie noch her.
So war ich z. B. Zeuge einer Aufnahmeprüfung für
die Akademie. Einer der geprüften Knaben hatte
nicht bestanden und fing infolge davon laut zu wei-
nen an. Da wurde das Mitleid Schadows rege. „Wie
heißt Du denn, mein Junge?" — „Karlchen H." —
„Na, nu weene man nich!" Dann zum Lehrerkolle-
gium gewendet: „Wat, dat Ohr soll schlecht sind?
Wenn Sie et man in Ihrer Jugend so jut jezeichnet
hätten! Na Karlchen, jeh man nach Haus, Du bist
aufgenommen. Jrüß Muttern un sag, die Käsekäul-
chen, die sie mir jestern jeschickt, hätten recht gut
jeschmeckt."

Nach Beendigung des Studiums in Dresden
kehrte ich auf einige Monate nach Göttingen zurück,
reiste inzwischen nach Hannover und erhielt durch
Vermittelung des Grafen Münster ein Stipendium
zur Reise nach Italien und gleichzeitig Empfehlun-
gen an den Maler Reinhardt und den hannoverschen
Gesandten Kestner in Rom. Mit dem Dr. Himly
reiste ich zunächst nach München, wo sich als
dritter Reisegefährte Waagen, ein Bruder des Ga-
leriedirektors in Berlin, zu uns gesellte. Wenn letz-
terer auch als Künstler — er malte Porträts —
nicht sehr hervorragend war, so verdankt ihm doch
Josef Führich sein Fortkommen. Ohne Waagens
sehr gewandte Fürsprache beim Herrn v. Pilat, der
die rechte Hand des Fürsten Metternich war, und
bei anderen einflussreichen und begüterten Persön-
lichkeiten, welche Führich ein bedeutendes Stipen-

dium sicherten, hätte dieser seine Künstlerlaufbahn
aufgeben müssen.

In München nahmen wir drei dann einen Hau-
derer aus Roveredo, welcher sich verpflichtete, uns
für einen bestimmten Preis nach Rom zu befördern,
unterwegs auch für alle unsere Bedürfnisse zu sorgen.
So kamen wir denn fröhlichen Herzens in Rom,
dem Ziele unserer Sehnsucht, an. Im Cafe Greco
war damals der Sammelplatz der deutschen Künstler.
Als wir etwa acht Tage in Rom gewesen waren,
und eines Tages im Cafe Greco saßen, kam eine
kleine magere Gestalt, etwas hinkend, mit großer
Brille ins Zimmer, nach Waagen fragend. Es fand
eine herzerfreuende Begrüßung statt zwischen Waa-
gen und Führich, auch ich schloss mich innig an
Führich an und diese Freundschaft ist später für
mich von großer Bedeutung gewesen. Auf der Reise
nach Rom hatten wir in Mantua den Kapellmeister
Georgi getroffen, welcher mit Schwanthaler zu Fuße
reiste, ersterer aber in so schäbigem Aufzuge, dass
wir ihn thatsächlich für einen Banditen hielten, zu-
mal die Verabredung, uns in Bologna wieder zu
treffen, nicht inne gehalten wurde. Groß war daher
mein Erstaunen bei einer Abendgesellschaft im Bun-
senschen Palais, als Georgi in feinster Toilette und
tadelloser Tournüre erschien. Lachend sagte er, er
hätte unser Misstrauen auf der Reise wohl bemerkt,
doch hätte er absichtlieh den schäbigen Anzug ge-
wählt, um vor wirklichen Gaunern sicher zu sein.
Georgi wurde in Rom mit dem päpstlichen Kapell-
meister bekannt und übte mit etwa einem Dutzend
Bekannten, zu denen auch ich gehörte, altitalienische
Chöre ein. Auf der Rückreise nach zwei Jahren
sangen etwa acht von uns dieselben in Florenz dem
Baron von Rumohr vor, der ganz entzückt davon
war. Die höhere katholische Geistlichkeit zeigte aber
wenig Interesse für Palestrina etc. — Der junge
Schwanthaler, mit dem ich mich ebenfalls eng be-
freundet hatte, bekam dort ein solches Heimweh
nach München, dass der Leibarzt des Königs Lud-
wig L von Bayern bestimmte, Schwanthaler müsse
schleunigst heimreisen, wenn sein Leben nicht ge-
fährdet werden solle. —■ Wir Künstler brachten
dem Könige einen Fackelzug und ich, meiner Jugend
wegen von den Kollegen Dr. Karlchen genannt, hatte
die Ansprache zu halten und das Hoch auszubrin-
gen. Der König forderte mehrere von uns, darunter
auch mich auf, sich ihm in München demnächst
vorzustellen. Später dann, auf der Rückreise in Mün-
chen angekommen, bekam ich auf mein Gesuch um
Audienz anfänglich keine Antwort. Da lud mich
 
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